Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
077 - Die Hexe von Andorra

077 - Die Hexe von Andorra

Titel: 077 - Die Hexe von Andorra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
Vom Netzwerk:
einer halben Stunde kam er zu einer Felserhebung. Er erkletterte sie und hatte von dort oben einen herrlichen Ausblick über das gesamte Tal. Dorian konnte bis zu den Bergspitzen der andorranisch-französischen Grenze sehen. Aber die Schönheiten der Natur interessierten ihn weniger. Er hoffte, von seinem Hochstand das Gelände diesseits des Valira del Nord erkunden zu können.
    Im Hintergrund der Schlucht ragte Castillo Basajaun wie ein drohender Schatten in den hellen Himmel. Rundum war Wald und nackter Fels, nichts als Wald und Fels - bis auf eine Hütte etwas oberhalb seines Standortes. Dorian entdeckte sie nur durch Zufall, denn sie war fast hinter den Bäumen versteckt. Er bildete sich sogar ein, Rauch aus der Hütte steigen zu sehen.
    Er dachte wieder an das Mädchen und ihre schwarze Katze. Warum sollte er die Hütte nicht einmal in Augenschein nehmen? Wer auch immer dort wohnte, vielleicht konnte er ihm Auskunft geben. Dorian stieg von der Felserhebung herunter und schlug die Richtung ein, in der die Hütte lag. Das Gelände war jetzt nicht mehr steil, sondern fast eben. Er mußte nur einige Gräben überqueren, die vermutlich im Frühjahr durch das Schmelzwasser entstanden waren.
    Eine Stunde später hatte er sein Ziel erreicht: Die Hütte.
    Aus der Nähe besehen wirkte sie verfallen. Die Tür hing schief in den Angeln. Sie konnte nicht bewohnt sein; sie besaß nicht einmal einen Rauchfang. Er mußte sich also getäuscht haben, als er Rauch gesehen hatte. Aber schon einmal hier, wollte er auch einen Blick hineinwerfen.
    Ein seltsames Gefühl stieg in ihm hoch, als er sich der Hütte näherte. Jetzt hatte er die Lichtung erreicht. Kein Baum versperrte ihm die Sicht.
    Er war keine zwei Meter von der Hütte entfernt, als er glaubte, ein Geräusch von dort her zu hören. „Ist da jemand?" fragte er.
    Es kam keine Antwort. Entschlossen setzte er seinen Weg fort, erreichte die Tür und zog sie ruckartig auf.
    Ein Fauchen. Aus dem dunklen Innern der Hütte kam etwas Schwarzes geschossen - ein langer, gestreckter Körper. Etwas darin glühte rot und schwefelgelb. Bevor Dorian noch zurückweichen konnte, prallte das Tier gegen sein Gesicht. Er dachte, daß sich nun scharfe Krallen in sein Fleisch graben würden, und für einen Moment sah er die zerkratzten Gesichter der Schäfer vor sich. „Estrella!"
    Der Name wurde nur gezischt, aber die schwarze Katze reagierte sofort und zog ihre Krallen wieder ein, bevor sie Dorian damit verletzen konnte. Sie ließ sich in den Schnee fallen, wo sie sich geschmeidig abrollte, um dann mit einem Satz auf ein Fensterbrett zu springen, von wo aus sie den fremden Eindringling belauerte.
    Dorian betrat die Hütte.
    Und da war sie.
    Sie trug nicht den Pelz wie bei ihrer ersten Begegnung, sondern war in Lumpen gehüllt. Aber das tat ihrer Erscheinung keinen Abbruch. Sie war schön. Eine überirdische Faszination ging von ihr aus. Sie lag auf einem Strohlager. Ihr schwarzes, seidiges Haar war ausgebreitet, wie ein schwarzer Stern mit dem blassen Gesicht als strahlendem Mittelpunkt. Ihre Augen wirkten auf den ersten Blick wie die eines Albinos, waren aber weder so hell noch so wäßrig und ausdruckslos. Diese Augen waren das absolute Zentrum ihres Gesichts.
    Die Katze auf dem Fensterbrett ließ Dorian nicht aus den Augen; er spürte förmlich ihre Blicke im Rücken.
    Das Mädchen richtete sich auf. Vor ihr stand eine Kiste mit zwei halb heruntergebrannten Kerzen, daneben eine bauchige Flasche, die mit Wasser - oder irgend einer farblosen, durchscheinenden Flüssigkeit - gefüllt war. Durch diese Flasche sah man alles wie durch ein Vergrößerungsglas, und die Dinge wirkten merkwürdig verzerrt.
    Dorian wandte sich wieder dem Mädchen zu. Sie lächelte unsicher. Plötzlich schüttelte sie den Kopf, daß ihre Haare flatterten, und sie lachte glucksend. Dorian konnte ihre übernatürliche Ausstrahlung fast körperlich fühlen. Es war die Ausstrahlung eines Dämons. Oder?
    „Ich habe mir unsere Begegnung anders ausgemalt", sagte das Mädchen mit rauchiger Stimme. Sie konnte nicht viel älter als zwanzig sein. „Aber manches kommt eher anders, als man denkt."
    „Es war kein Zufall, daß ich Sie wiedergefunden habe", sagte Dorian.
    Er bemühte sich, seiner Stimme einen unpersönlichen Klang zu geben, auf Distanz zu bleiben. Aber das war bei diesem Mädchen fast unmöglich.
    „Ich hätte Sie nie gefunden, wenn Sie es nicht gewollt hätten."
    „Was für ein faszinierender Mann Sie sind!

Weitere Kostenlose Bücher