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077 - Zu Gast bei Mr. Vampir

077 - Zu Gast bei Mr. Vampir

Titel: 077 - Zu Gast bei Mr. Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Randa
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wurde ihm so genau beschrieben, daß es ihm keine Schwierigkeit bereitet ihn zu erkennen.
    „Ist das sein Stammplatz?“ fragt er Jeannine leise.
    „Ja.“
    „Er aß dort auch am Montag zu Mittag?“
    „Wie immer.“
    „Und Sie waren mit Juliette in der Küche, als Sie mit ihr über den Abend sprachen, an dem Sie Juliette vertreten sollten?“
    „Ja.“
    „Vermutlich in der Nähe der Tür, damit Sie hören, wenn ein Gast ruft?“
    „Ich glaube, ja.“
    „Also hat Leggatt Sie hören können?“
    Er hofft inständig, daß Leggatt der geheimnisvolle Mann war, denn so wäre es am einfachsten, Jeannine von den quälenden Gedanken zu befreien.
    Wenn man ihn so über seinen Tisch gebeugt sieht, hat der Engländer nichts Satanisches an sich. Er verdient vielmehr die Bezeichnung „alter Trottel“, wie ihn die beiden Mädchen immer genannt haben.
    Morestier verläßt die beiden Mädchen, die sich unterhalten, und tritt an Leggatts Tisch.
    „Ich bin der Bruder von Jeannine“, sagt er und verbeugt sich vor Leggatt.
    Der Engländer springt auf wie elektrisiert. Er sieht den Arzt ängstlich an.
    „Ich habe nichts getan!“ sagt der schnell.
    „Das steht ja gar nicht zur Debatte“, meinte Morestier. Er zieht einen Sessel heran und setzt sich Leggatt gegenüber.
    „Meine Schwester wurde entführt“, sagt er leise. „Sie glaubt, Sie wären der Entführer gewesen. Vermutlich hat sie sich geirrt, und der Mann sah Ihnen nur ähnlich.“
    „Ich wurde bereits von der Polizei verhört.“
    „Ich weiß.“
    „Man hat mich wieder gehen lassen müssen!“
    Seine Reaktionen sind nicht normal, denkt Morestier. Er müßte entweder entrüstet sein, oder die ganze Sache verharmlosen. Statt dessen hat er Angst. Angst wovor? Eine fast physische Angst, und das ist unerklärlich.
    Das geübte Auge des Mediziners versucht, die stetig gesenkten dunklen Lider zu durchdringen und in die Seele dieses Mannes zu blicken. Ist er nervös? Offensichtlich. Seine langen, mageren Finger zittern, und von Zeit zu Zeit krampft er sie zusammen, so daß seine hellen Knöchel hervortreten. Dieser Mann versucht sich mühsam zu beherrschen.
    „Danke für die Blumen, Monsieur Leggatt“, sagt Jeannine, als sie an den Tisch tritt.
    Morestier unterdrückt ein Lächeln. Er und Jeannine waren übereingekommen, Leggatt diese überraschende Frage bei der ersten Gelegenheit zu stellen, die sich bietet.
    „Blumen?“ fragt Leggatt entgeistert.
    Sein Gesicht drückt Verständnislosigkeit aus, aber um seinen Mund liegt ein seltsames Lächeln.
    „Die roten Rosen, die ich in meiner Wohnung gefunden habe, als ich heute dorthin zurückkam. Sie sind wunderbar.“
    „Aber nicht ich bin derjenige, dem Sie dafür danken müssen, Mademoiselle Jeannine“, sagt Leggatt.
    Er hat jetzt viel weniger Angst; es ist, als ob ihn Jeannines Frage beruhigt hätte. Nun liegt es an Morestier, besorgt zu sein, denn auch Jeannine ist plötzlich verändert. Sie benimmt sich wieder ungezwungen, und Morestier fühlt, daß eine unsichtbare, kaum wahrnehmbare geistige Verbindung zwischen Leggatt und der jungen Frau besteht. Und er weiß genau, daß er dagegen machtlos ist.
    „Ich hätte Sie nicht beschuldigen dürfen, Monsieur Leggatt“, sagt Jeannine leise.
    „Nein, das hätten Sie nicht tun dürfen…“
    Wenn er nicht andauernd die Augen gesenkt hielte, wäre das vielleicht eine normale Reaktion. Aber Morestier hat den Eindruck, als wolle der Engländer etwas hinter seinen gesenkten Lidern verbergen, und er argwöhnt, es könnte Triumph sein.
    „Hatten Sie viele Unannehmlichkeiten dadurch?“ fragt Jeannine.
    „Ja, ich hatte welche … viele …? Ich weiß nicht. Unannehmlichkeiten sind schließlich auch nur vergänglich…“
    Jeannine scheint nicht zu bemerken, wie wunderlich die Antwort Leggatts war.
    „Ich … ich sollte mich entschuldigen, nicht wahr?“ fährt sie fort.
    Leggatts Gesicht hellt sich auf. Er wirft einen mißtrauischen Blick auf Morestier, dann blickt er sich im Restaurant um, und seine Augen ruhen einen Moment auf zwei mageren Männern, die an einem Tisch sitzen und essen. Morestier weiß, daß es zwei von Fauchards Männern sind. Leggatt weiß es offenbar auch.
    „Wenn Sie nur wieder wohlbehalten bei uns sind, Mademoiselle Jeannine“, sagt er.
    „Sie tragen mir nichts nach?“
    „Ich wäre doch nicht hergekommen, wenn ich Ihnen etwas nachtrüge!“
    Er antwortet nie direkt, seine Worte sind ausweichend, unbestimmt, man kann sie verstehen, wie man

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