0770 - Die andere Seite der Hölle
auch du in den Sog hineingeraten bist.«
Jane schaute ihn nur an. Nichts veränderte sich in ihrem Blick. Er blieb starr auf Suko gerichtet. In den Augen las er nicht das Fünkchen einer Zustimmung. Da wußte er, daß er verloren hatte. Es würde ihm nicht gelingen, an Jane Collins heranzukommen. Sie hatte ihn weit von sich gewiesen.
Sie stand jetzt auf der anderen Seite und war tatsächlich bereit, für die Wunderheilerin in die Bresche zu springen. Elenor mußte einen wahnsinnigen Einfluß auf sie ausgeübt haben, denn Jane hatte sich völlig gedreht.
Suko gab nicht auf. Er streckte ihr die Hand entgegen. »Bitte, Jane, laß uns vernünftig sein!«
»Das bin ich.«
»Tatsächlich?«
»Ja, ich bin vernünftig, und ich werde nicht mit dir gehen.« Sie straffte sich. »Es sei denn, daß du ihr ebenfalls folgst. Daß du dich für ihre Ziele einsetzt.«
»Nicht schlecht«, stimmte Suko zu. »Ich könnte dann an deiner Seite bleiben, zusammen mit John.«
»Vergiß ihn!« zischte Jane. Sie schüttelte den Kopf und trat mit dem Fuß auf. »Vergiß ihn.«
»Ich will es nicht.«
Suko lächelte. »Kann es nicht sein, daß sich Elenor vor ihm fürchtet?«
»Sie kennt keine Furcht. Sie ist eine Heilige, das solltest du inzwischen wissen.«
Suko wiegte den Kopf. »Ich weiß es nicht, Jane. Ist sie das tatsächlich - eine Heilige?«
»Ja!«
»Aber Hal Contni starb. Hast du ihn und sein geschwärztes Gesicht vergessen? Du hast uns Bescheid gesagt, damit wir für den Abtransport seiner Leiche sorgen. Ich an deiner Stelle wäre vorsichtig mit dem Begriff heilig. Auch wenn sie eine ist, oder gerade weil sie eine ist, sollte sie sich vor John Sinclair und seinem Kreuz nicht fürchten, denn beide stehen dann auf ihrer Seite.«
Jane hätte begreifen müssen. Sie tat es nicht. Sie ging nicht darauf ein und blieb bei ihrer Meinung.
»Weder Elenor noch ich brauchen einen John Sinclair«, erklärte sie. »Wir brauchen auch kein Kreuz, wenn du verstehst. Wir sind uns selbst genug.«
»Das habe ich begriffen.«
»Und deshalb möchte ich auch allein sein. Ich will, daß du wieder gehst, Suko.«
Damit hatte der Inspektor gerechnet. Er schüttelte den Kopf und seufzte: »Warum machst du es mir so schwer, Jane? John und ich wollen dich beschützen, das ist alles. Wir wollen, daß du den richtigen Weg gehst und nicht den falschen. Ist das denn zuviel verlangt?«
»Ich habe mich entschlossen!«
»Wir auch, Jane, wir auch!«
Sie hob die Schultern. Ein harter, abweisender, schon haßerfüllter Blick erwischte Suko. Er nahm ihn nicht gelassen hin, der drang schon tief, und er wußte jetzt endgültig, daß er Jane verloren hatte.
Sie stand nicht mehr auf seiner Seite, sie hatte gewechselt, und sie hatte dabei den falschen Weg eingeschlagen, deshalb mußte sie beschützt werden. Vor den anderen Kräften und vor sich selbst.
»Es tut mir leid, Jane, aber ich werde nicht gehen. Ich bleibe in deiner Nähe, so wie John Sinclair in der Nähe dieser jungen Wunderheilerin bleiben wird.«
Sie hatte zugehört, und Suko sah förmlich, wie es hinter ihrer Stirn arbeitete und sie nach einer Erwiderung suchte. Ihre Reaktion überraschte ihn, denn sie nickte. »Gut, ich kenne dich ja. Du hast dich einmal entschlossen, ich werde mich fügen. Vielleicht gibt es ja noch eine Hoffnung für euch.«
»Welche Hoffnung denn?«
»Daß ihr einsichtig seid und erkennt, welchen Weg Elenor Hopkins eingeschlagen hat. Daß ihr auch nur Gutes tun werdet, indem ihr beide uns helft…« Bei den letzten Worten war Janes Stimme kratzig geworden.
»Hast du was?« Er war besorgt.
Jane schluckte wieder. Sie führte ihre Hand hoch zum Hals und umklammerte die weiche Haut.
»Ich… ich… fühle mich nicht gut. Ich habe Durst.« Sie räusperte sich.
»Willst du einen Schluck Wasser?«
Sie nickte. »Das Bad ist hier oben. Schräg gegenüber, die kleinere der beiden Türen.«
»Okay, warte.«
Suko eilte hinaus. Er konnte sich vorstellen, daß Jane trotz allem einen innerlichen Kampf ausfocht.
Unter Umständen hatten sie auch seine Worte nachdenklich gemacht. Alles war möglich. Er sah wieder einen schwachen Streifen der Hoffnung.
Das Bad hatte er schnell gefunden. Es war klein und düster. Zahnputzbecher standen auf einer billigen Kunststoffablage. Als er den Wasserhahn aufdrehte, floß nurmehr ein Rinnsal aus der Öffnung.
Er ließ es laufen, bis es kalt war. Dann füllte er das Glas bis über die Hälfte. Dabei hoffte er, daß Jane nicht verschwand. Nein,
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