0780 - Der Geist des Baphomet
wahr?«, fragte Ducasse.
»Sieht man das?«
»Nein, aber ich spüre es.«
»Dann, mein lieber Alain, hat sie Ihr Gespür nicht verlassen. Ich bin es tatsächlich…«
»Hoffentlich nicht zu recht.«
»Wir werden sehen…«
***
Abbé Bloch war an diesem Morgen schon früh aufgestanden und hatte das Fenster weit geöffnet, um die frische Luft in den Raum strömen zu lassen. Er hatte den Atem der Natur spüren wollen, um seine trüben Gedanken zu vertreiben.
Das war ihm nicht möglich gewesen. Die Vorstellung, zum letzten Mal die Luft eines reinen morgens einzuatmen, ließ die Furcht wieder in ihm hochsteigen.
Er hatte getan, was getan werden musste, nur war ihm der Erfolg kaum vergönnt gewesen. Im Gegenteil, die Bedrückung hatte zugenommen, das Gefühl der Bedrohung ebenfalls, da war es für ihn kaum ein Positivum, dass Alain Ducasse schon sehr früh losgefahren war, um Inspektor Suko abzuholen.
Gut, ein Mann mehr war besser als keiner, aber er hätte sich auch John Sinclair noch gern hinzugewünscht. Der allerdings war beschäftigt, und der Abbé kam nicht daran vorbei, wieder über sein Gespräch nachzudenken, das er mit Sir James Powell geführt hatte.
Der Superintendent hatte von einer großen Gefahr gesprochen, die sich da zusammengebraut hatte. Einer Gefahr, die sich wie Gift anschlich. Es war wie die schwarze Flut, gegen die sich John Sinclair gestellt hatte.
Und was kam auf die Templer zu?
War es nicht auch so etwas Ähnliches wie die schwarze Flut? Der Abbé wollte es nicht abstreiten. Er jedenfalls hatte bei seinem »Sehen« den Eindruck gehabt, von der derartigen Kraft belauert zu werden. Die Masse, dieses konzentrierte Böse, das da auf ihn zuwehte und sich nicht stoppen lassen würde, hielt diesem Vergleich durchaus stand.
Die schwarze Flut, dachte er. Auch der Tod?
Der letzte Gedanke erschreckte ihn zutiefst. Er ließ die Hitze in ihm hochsteigen. Bloch bekam einen roten Kopf, und er merkte auch, dass er anfing zu zittern.
Der Tod erschreckte ihn noch nicht mal so sehr, wenn es um ihn persönlich ging, aber er hatte hier eine mit Freunden und Gleichgesinnten besetzte Zentrale aufgebaut, um gegen die bösen Strömungen anzugehen. Die Feinde hatten sich formiert. Sie entstammten demselben Stall, wie man immer sagte. Sie nannten sich ebenfalls Templer, aber sie dienten einem verfluchten Götzen, der auf den Namen Baphomet hörte.
War es etwa sein Geist, der sich bereit machte, diesen Hort des Guten zu übernehmen? Hatte er endlich ein Mittel gefunden, um die Feinde aus dem Weg zu räumen?
Abbé Bloch empfand die Bedrohung wie einen tiefen Stress. Er fürchtete sich vor dem Kommenden, und er wusste sich keinen Rat mehr, was eigentlich noch nie passiert war.
Wie sollte er eine Abwehrmauer aufbauen, um das Unheil abzulenken oder es zu vertreiben?
Nichts war zu machen. Er musste warten, es würde kommen, und sie würden verlieren. Bei diesem Gedanken stöhnte er auf und ließ sich schwer auf seinen Stuhl fallen. Er fuhr mit seinen gespreizten Fingern durch das weiße Haar. Die buschigen Brauen über den blinden Augen stellten sich hoch, ein gequälter Atemzug, und er traute sich nicht einmal mehr, nach dem Würfel zu greifen, um durch ihn zu erfahren, ob die Gefahr mittlerweile noch näher gekommen war.
Es klopfte gegen seine Tür. Bloch wusste, dass ihm das Frühstück gebracht wurde. Ein Mitstreiter betrat mit einem voll gestellten Tablett den Raum. Kaffee, warme Milch, ein Croissant, Honig und etwas Käse, daraus setzte sich das Frühstück zusammen.
Jeden Morgen lief das gleiche Ritual ab. Der Templerfreund grüßte freundlich, und der Abbé bedankte sich für die guten Wünsche.
Manchmal scherzten sie noch, an diesem Tag war alles anders. Da hielt Bloch den Mann fest.
»Bleib noch einen Moment, bitte.«
»Selbstverständlich, Abbé.«
»Es geht mir um den heutigen Tag. Ich möchte von dir wissen, was ihr vorhabt.«
»Nichts, Abbé. Es bleibt alles wie besprochen. Wir werden wachen, die Augen offen halten, denn jeder weiß Bescheid, was sich uns da nähert. Sie haben es deutlich genug gesagt.«
Bloch nickte. »Das ist gut«, flüsterte er, »das ist sogar sehr gut.« Er räusperte sich. »Ich möchte auch, dass in den nächsten Stunden keiner von euch das Haus verlässt. Egal, was auch geschieht.«
»Ich werde es sagen.«
»Es ist möglich«, fuhr Bloch fort, »dass ich euch noch vor dem Mittag zusammenholen werde, um einiges zu bereden. Sag den anderen, dass sie alles für
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