0781 - Die Hexe von Hilversum
aber dass sie existierten, war für ihn sicher. Oft waren es sehr emanzipierte Frauen, die sich als Hexen bezeichneten oder als moderne Hexen, aber seiner Ansicht nach musste es auch noch andere Gruppen geben, und darüber machte er sich Gedanken.
Nur gelangte er zu keinem Ergebnis, einfach deshalb nicht, weil er sich nicht gut genug mit Hexen auskannte. Das Gebiet war ihm einfach zu fremd. Er wollte allerdings nicht nur reagieren, sondern auch agieren, deshalb sein raffinierter Plan.
Hoffentlich klappte alles!
Mit der rechten Hand umfasste er den Griff der Warmhaltekanne.
Als er sie kippte, merkte er, dass sie leer war, und dies wiederum ärgerte ihn. Kaffee putschte ihn auf.
Aber auch Cognac. Deshalb trank er ein Glas und brütete vor sich hin. Er überdachte den Plan immer wieder, fand keinen besseren und entschloss sich schließlich, seinen Leuten Bescheid zu geben, um mit ihnen alles zu besprechen.
Wenn er an seine Leute dachte, dann meinte er seine beiden Leibwächter.
Auf sie konnte er sich verlassen, obwohl sie so unterschiedlich waren. Der eine, Rudi, war flachsblond, ein kantiger Typ mit knochigem Gesicht und einer etwas schief sitzenden Nase. Rudi war Kampfsportlehrer gewesen, doch seine Schule hatte pleite gemacht.
De Rijber hatte ihn aus dem finanziellen Sumpf gezogen und ihm eine neue Existenz aufgebaut. Das vergaß Rudi ihm nie, deshalb war er treu.
Ebenso wie Tigre. Seinen richtigen Namen hatte selbst er vergessen. Wer ihn näher kannte, wusste nur, dass er Raubtiere liebte und schon einmal mit ihnen in einem Zirkus gearbeitet hatte. Tigre stammte aus dem Süden, mehr sagte er nicht dazu. Er war dunkelhaarig, seine Haut hatte einen dunklen Teint, und sein Markenzeichen war der Pferdeschwanz, der in seinem Nacken wippte.
Tigre gehörte zu den eiskalten Typen, die keine Gnade kannten. Er tötete ohne Emotionen und wurde immer dann eingesetzt, wenn besondere Aufgaben zu erledigen waren. Er hatte es geschafft, einige unliebsame Konkurrenten Jan de Rijbers aus dem Weg zu räumen.
Tigre glich einem Phantom. Wie ein Schatten konnte er aus dem Nichts auftauchen. Und wenn er dann entdeckt wurde, war es für das Opfer längst zu spät.
Auf beide konnte sich de Rijber hundertprozentig verlassen, und er ging davon aus, dass sie auch mit einer Hexe wie Linda Vermool fertig werden konnten.
Die beiden lebten in seinem Haus. Er hatte sie in ihren Zimmern warten lassen und brauchte nur auf einen Knopf an seinem Schreibtisch zu drücken, um ihnen ein akustisches Signal zu geben. Das tat er, und wenig später waren sie da.
Gemeinsam betraten sie das Büro und näherten sich dem Schreibtisch des Gangsterbosses.
»Setzt euch.«
Sie holten sich Stühle und nahmen Platz.
De Rijber schaute sie nacheinander intensiv an, während er in Gedanken seine Sätze formulierte. »Ihr wisst genau, dass wir ein Problem haben. Und zwar ein Problem, das völlig anders ist als unsere sonstigen Schwierigkeiten. Wir haben es hier nicht mit einem unliebsamen Konkurrenten zu tun, sondern mit einer Person, die, so meine ich jedenfalls, übermenschliche oder übersinnliche Fähigkeiten und Kräfte besitzt.«
Rudi und Tigre nickten.
De Rijber sprach weiter. »So weit, so gut oder so schlecht, wie man es nimmt. Jedenfalls ist diese Linda Vermool unsere Feindin. Sie hat den Sprung überstanden, wie auch immer, und wir müssen damit rechnen, dass sie uns ans Leder will. Deshalb werden wir zuerst zuschlagen.«
»Was nicht einfach sein wird«, bemerkte Rudi.
De Rijber grinste. »Ich denke, dass es vielleicht gar nicht so schlimm ist, wie ihr denkt. Wir werden sie dort treffen, wo sie am wenigsten mit uns rechnet. Heute Abend…«
»Da hat sie die Sendung«, sagte Tigre.
»Eben.«
Die beiden Bodyguards schauten sich an. Sie begriffen nicht so recht, was das sollte. Verlegen waren sie zwar nicht, sie wirkten eher ratlos. Für sie war es manchmal schwierig, den Gedankengängen ihres Chefs zu folgen. Bisher hatten sie sich immer auf ihn verlassen können.
De Rijber redete langsam, er erklärte ihnen, dass alles von einer perfekten Zusammenarbeit abhing, und er stellte dabei Tigre in den Mittelpunkt.
»Mich?«
»Ja, genau dich.«
»Was soll ich tun?«
Jan de Rijber schaute in das schmale Gesicht mit den eisigen, dunklen Augen und der straffen Haut über den Wangenknochen.
Tigre war ein Mensch, der sich vor nichts und niemandem fürchtete, er ging jedes Problem unerbittlich und ohne zu zögern an und wich nicht zurück. Das
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