0782 - Knochenbrut der alten Templer
starren Körper ausbreitete.
Neben dem Toten blieb ich stehen, schaute auf meine Uhr und stellte fest, dass die Tageswende noch nicht erreicht war. Der Flur strahlte eine Düsternis aus, die mir unangenehm war. Sie kam mir wie eine Ahnung vor, und ich kriegte ein wenig Angst vor der Zukunft. Vielleicht auch deshalb, weil ich mich eben so allein fühlte. Es gab keinen Menschen in der Nähe, auf den ich bauen konnte. Mit diesem Gefühl der Verlassenheit kam ich nicht zurecht. Ich war zwar manchmal ein Einzelkämpfer, aber ich gehörte auch zu den Menschen, die hin und wieder Kommunikation mit einem anderen brauchten, besonders in Situationen wie dieser hier, wo alles von mir weglief.
Suko war nicht mehr da, der Abbé ebenfalls nicht.
Das brachte mich gedanklich wieder zurück zum Sessel. Genau wusste ich es nicht, aber ich ging einfach davon aus, dass er für Suko und den Abbé der Fluchtpunkt gewesen war. Wenn das stimmte, dann brauchte ich die beiden in der normalen Welt nicht zu suchen, dann hatten sie sich bereits nach Avalon hin abgesetzt.
Sollte ich ihnen folgen? Natürlich spielte ich mit dem Gedanken, denn auf der Insel der Äpfel würde ich auch Nadine Berger treffen.
Das hatte schon seinen Reiz, nur lag meine Aufgabe nicht dort, sondern hier in Alet-les-Bains. Hier hatte die schwarze Flut ihr Erbe hinterlassen, wenn auch nur bei einem Menschen.
Ich drückte die Tür zum Arbeitszimmer des Abbés auf. Als ich das Licht eingeschaltet hatte, fiel mein Blick sofort auf den Knochen-Sessel. Sein Gebein schimmerte in einer gelblichen Farbe, das Kissen war etwas verrutscht, und vor dem Sessel zeichneten sich auf dem Boden einige dunkle Flecken ab.
Bisher hatte ich mich vor einer Entscheidung gedrückt, aber ich stand nun so dicht davor wie damals seit meinem Eintreffen.
Avalon oder Alet-les-Bains? Ich entschied mich gegen die Insel.
Wenn ich etwas retten wollte, dann hier und nicht in einer anderen Welt. Die Templer gab es noch, ich musste sie suchen, und wahrscheinlich bestand die Chance, auf die schwarze Flut zu treffen.
Sie war nicht nur böse, tödlich und gnadenlos, sie war zugleich eine Maske, die denken konnte.
Sie bestand aus zahlreichen Geistern und zugleich auch aus der entsprechenden Anzahl von Befehlsempfängern. Jeder Geist gab sich selbst und gab auch den anderen die entsprechenden Befehle, die sich zu einer Summe vereinigten. Die wiederum gab das Ziel vor, eben den Willen des Baphomet, der sie letztendlich einigte.
Baphomet, der Feind der Templer.
Baphomet, der Freund der Templer! Zwei Strömungen gab es. Sie hatten sich vor langer Zeit getrennt. Es hatte sie schon vor ihrer Auflösung gegeben, doch zur richtigen Polarisation war es erst nach der Auflösung des Ordens durch Kirche und Staat im Jahre 1314 gekommen. Und mit diesen Problemen hatte ich mich noch in der Gegenwart herumzuschlagen. Es gab die Templer auch heute, es gab auch die beiden Strömungen, und zwar stärker als je zuvor. Sie wollten sich in die Geschicke der Welt einmischen, und es wäre auch gut gegangen, hätten sich einzig und allein die Templer um den Abbé Bloch darum gekümmert. Das taten sie nicht, denn die andere Seite folgte den Regeln der Hölle, den Gesetzen der Schwarzen Magie, die an mir einfach vorbeigingen. Ich konnte sie nicht akzeptieren, ich war ihr Feind, und ich würde es immer bleiben.
Sosehr sich meine Gedanken auch bewegten, an einem Punkt blieben sie immer hängen.
An der schwarzen Flut! Sie war es, die ich fassen musste, sie war der Auslöser, aber sie hatte sich zurückgezogen, obwohl ich das nicht glauben wollte, denn dieser böse Geist war immer auf Angriff gedrillt worden. Ich verließ das Haus der Templer mit dem Bewusstsein, ein neues Ziel gefunden zu haben.
Es war die Kathedrale der Angst
***
Lucien war zurückgekehrt, und er konnte jetzt nachvollziehen, wie es Guido ergangen war.
Furchtbares musste der junge Templer durchgemacht haben. Er hatte sich davon noch nicht wieder erholt. Zwei seiner Freunde hielten ihn umfasst, um ihn zu stützen, aber die anderen schauten in das Gesicht des grauhaarigen Mannes, und sie brauchten keine Fragen zu stellen, denn die Antworten lasen sie in den Zügen ab.
Lucien blieb stehen. Er hielt die eingeschaltete Lampe noch in der Hand. Sehr langsam sank sein Arm nach unten, wo der Kegel einen hellen Kreis bildete, der aber nicht als Kreis der Hoffnung angesehen werden konnte.
Die Templer rückten näher an ihren neuen Anführer heran. Auch Jean befand
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