0783 - Der Tunnel
Begriff konfrontiert.«
Halloran drängte sich auf seinem Stuhl zurück. So konnte er mir nicht entkommen. »Was meinen Sie denn?«
»Das wissen Sie sehr gut, Mr. Halloran, aber ich werde es Ihnen trotzdem sagen. Avalon.«
Er schwieg. Er senkte den Blick und faltete die Hände. »Vielleicht habe ich gesponnen, Sinclair.«
»Das glaube ich nicht.«
»Warum nicht?«, blaffte er.
»Ganz einfach. Wenn einer in einer Lage ist wie Sie, wenn er Angst hat und unter einem wahnsinnigen Stress steht, dann sehen die Dinge anders aus. Dann schreit er, dann will er weg, dann hört er Worte oder Sätze, aber nichts über die geheimnisvolle Nebelinsel Avalon. Verstehen Sie mich, Halloran?«
»Ganz schön schlau, Herr Polizist«, spottete Halloran.
»Bleiben Sie sachlich. Mir geht es um Avalon.«
Er wurde nicht sachlich, sondern blieb spöttisch. »Tatsächlich? Sind Sie Märchenerzähler?«
»Das auf keinen Fall. Was wir hier veranstalten, ist kein Spiel. Das hat reale Hintergründe. Für mich ist Avalon, und da bin ich ehrlich, kein Märchen. Ich will es finden, ich kenne es bereits, aber ich möchte noch einmal hin, und ich versuche, die Möglichkeiten, die sich mir bieten, voll und ganz auszuschöpfen.«
Er grinste mich an. »Sie sind ein seltsamer Polizist, Sinclair. So einen wie Sie habe ich noch nie erlebt.«
»Nehmen Sie mich einfach als Tatsache hin.«
»Und Sie wollen nach Avalon.«
»Ja!«
»Ich weiß den Weg nicht. Es gab keinen. Es gab nur die verfluchte Schwärze.«
»Das weiß ich. Aber Sie haben sich die Stimmen nicht eingebildet, nehme ich an.«
»Das stimmt. Ich weiß überhaupt nicht, wer zu mir gesprochen hat. In der Dunkelheit war absolut nichts zu sehen. Natürlich habe ich darüber nachgedacht und bin mittlerweile zu dem Entschluss gekommen, dass es Geister gewesen sind, die durch die Finsternis huschten. Düstere, dunkle Geister, die sich vor dem Hintergrund nicht abhoben. Ich habe eine wahnsinnige Angst bekommen. Ich fühlte mich wie ein Eindringling, der mit allen Mitteln wieder aus dem Tunnel herausgeschafft werden sollte, der nur durch Zufall dort hineingeraten ist und dabei einem Geheimnis auf die Spur kam. Und jetzt habe ich Angst«, sagte er, »verfluchte Angst.«
»Weshalb? Die Sache ist gelaufen?«
»Für Sie vielleicht, Sinclair, nicht für mich. Denn ich komme mir vor wie ein Verräter.«
»Warum?«
»Weil ich geredet habe. Ich hätte alles für mich behalten sollen, und jetzt habe ich Angst, dass die anderen Kräfte hinter mir her sind. Können Sie wahrscheinlich nicht begreifen, aber es ist so. Ich sitze hier am Fenster, starre hinaus, rechne damit, dass sie kommen und mich für mein Reden bestrafen.«
Ich sah den Schweiß auf seiner Stirn und war überzeugt, dass er mich nicht belogen hatte. So konnte niemand schauspielern, der es nicht gelernt hatte. Er schielte auch wieder nach draußen, aber da tat sich nichts. Über London lag die Dunkelheit und unten auf dem Parkplatz strahlten die Lichter eines Weihnachtsbaums.
»Wer sollte denn kommen?«, fragte ich.
Er hob die Schultern. »Keine Ahnung. Ich bin nur sicher, dass etwas passiert.«
»Dieser… Schnitter?«
Halloran schluckte. »Vor ihm fürchte ich mich am allermeisten, Sinclair. Nicht vor der Finsternis. Bei ihm habe ich den Eindruck, als ob er das nachholen will, was er bisher versäumt hat. Er hat mich entkommen lassen, okay. Vielleicht ist es ein Versehen seinerseits gewesen, und jetzt habe ich über das gesprochen, was eigentlich im verborgenen bleiben sollte. Ich fühle mich verdammt beschissen, auch deshalb, weil ich wohl niemand finden werde, der mir glaubt.«
»Vergessen Sie mich nicht.«
»Hören Sie auf! Wie sollten Sie mir als Polizist glauben können? Ich denke, dass Ihr Auftreten ein Trick ist, den Sie aus der Kiste gezogen haben. Sie spielen mir vor, wie toll Sie Avalon finden, nur um mich bei Laune zu halten, damit ich rede.«
»Da irren Sie sich gewaltig.«
»Bis Sie mir das Gegenteil beweisen, bleibe ich bei meiner Meinung, Mr. Sinclair.«
»Das bleibt Ihnen unbenommen. Aber fühlen Sie sich hier im Krankenhaus auch nicht sicher?«
»So ist es.«
»Brauchen Sie Schutz, Bewachung?«
Ich wusste nicht, ob er mich misstrauisch oder wütend anschaute.
»Kann man einen Menschen gegen Geister bewachen, frage ich Sie? Geht das wirklich? Die kommen doch überall hin, sage ich Ihnen. Für sie gibt es keine Grenzen wie für uns Menschen. Die sind uns über, Sinclair. Das muss ich Ihnen einfach sagen,
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