079 - Der Körperdieb
zu haben, und sie führten von Dick Brownings Leiche fort, direkt auf die Betonwand zu. Dicht davor endeten sie.
Porter kratzte sich am Hinterkopf. »Ich bin zwar noch nicht mal fünfzig, aber ich habe das Gefühl, daß ich reif für den Ruhestand bin. Dieser Fall schafft mich, verdammt.«
Seit fünfundzwanzig Jahren stand Porter im Polizeidienst, aber so einen Fall hatte er noch nicht erlebt. Zum erstenmal hatte er nichts unter Kontrolle, und das ärgerte ihn maßlos.
Coburn ging in die Hocke. »Gläserne Spuren«, sagte er nachdenklich. »Merkwürdig.«
»Merkwürdig?« sagte der Inspektor heftig. »Verrückt ist das, einfach nicht zu fassen.«
Der Sergeant streckte die Hand aus. »Nicht, Coburn!« sagte Porter schnell. »Nicht berühren, lieber nicht!« Er wußte nicht, warum er das sagte.
Rock Coburn gehorchte jedenfalls nicht, und dann passierte etwas, das Porter noch viel weniger fassen konnte als das, was bisher geschehen war.
Kaum war es zum Kontakt gekommen, da vernahmen Coburn und der Inspektor ein aggressives Zischen. Rock Coburn riß erschrocken die Hand zurück.
»Was war das?« stieß er verdattert hervor.
»Fragen Sie mich etwas Leichteres«, stöhnte Porter und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
»Diese Glasspur… Ich weiß, es klingt irre, Sir, aber diese Spur scheint irgendwie zu leben.«
»Wie fühlt sie sich an?« fragte Porter. Er selbst wollte die Spur nicht berühren.
»Sie hat Körperwärme – und ist nicht hart.«
»Dann ist es kein Glas, sondern Kunststoff.«
»Aber ein Kunststoff, der lebt?«
»Da ist irgendein Trick dabei«, behauptete der Inspektor.
Jene Fußspur, die Rock Coburn berührt hatte, begann sich zu verändern. Sie schrumpfte wie Fleisch auf einer heißen Herdplatte, wurde an den Rändern wellig, dehnte sich aus und nahm mehr und mehr die Form eines Pfannkuchens an.
Jetzt hoben sich die Ränder, und einen Herzschlag später schlossen sie sich. Aus dem flachen Ding war eine Kugel geworden. Eine Kugel, die schillerte und glänzte, die zuerst einen Meter von Coburn fortrollte, dann aber anhielt und langsam hochstieg. Porter und der Sergeant richteten sich auf.
»Das wird immer mysteriöser, Sir«, preßte Coburn beunruhigt hervor.
Michael Porter starrte auf die hochschwebende Kugel. »Besser, wir gehen ein paar Schritte zurück, Coburn. Ich habe ein ganz mieses Gefühl bei der Sache.«
Rock Coburn griff nach seiner Dienstwaffe. Als die Kugel das »sah«, reagierte sie. Mit unglaublicher Schnelligkeit fegte sie heran.
Coburn bekam die Waffe nicht schnell genug heraus. Die Kugel schoß auf ihn zu, behielt die Richtung aber nicht bei, sondern sauste einen halben Meter vor dem Sergeant in steilem Bogen nach oben.
Dann hing sie für einen Sekundenbruchteil über dem Mann, bevor sie auf ihn herabfiel. Inspektor Porter bekam aus nächster Nähe mit, was passierte.
Die Kugel berührte Coburns Haar. Sie mußte sich öffnen.
Porter sah es nicht, aber er nahm es an, denn wie wäre es sonst möglich gewesen, daß sich die Kugel über den Kopf des Sergeants stülpte?
Porter sah durch das Glas – oder was immer es für ein Material sein mochte – das verstörte Gesicht des Sergeants.
Weit waren Rock Coburns Augen aufgerissen, auch sein Mund, und er schrie bestimmt, so laut er konnte, aber es war nichts zu hören. Der Schrei blieb in der Kugel und dröhnte nur in Coburns Ohren.
Der Sergeant ließ entsetzt die Waffe fallen. Mit beiden Händen griff er nach der Glaskugel und wollte sie nach oben stemmen, doch das gelang ihm nicht.
Porter begriff, daß der Mann keine Luft bekam. Coburn würde in der Kugel ersticken, wenn ihm nicht geholfen wurde.
Zwei von Rock Coburns Kollegen hatten mitbekommen, was geschah. Sie eilten herbei und wollten dem verzweifelten Mann beistehen. Coburn unternahm alle Anstrengungen, diesen gläsernen Helm abzunehmen. Sie fruchteten nicht.
Er wankte schon, verdrehte die Augen.
Seine Kollegen erreichten ihn. »Halt ihn fest!« sagte der eine und schlang die Arme um die Kugel. Sein Kollege umklammerte Coburn, und dann versuchten sie den Sergeant mit vereinten Kräften zu retten.
Porter sah Coburns Gesicht nicht mehr, aber er wußte, daß es mit dem Mann zu Ende ging. Die Arme des Sergeants erschlafften, seine Beine knickten ein. Wenn er von seinen Kollegen nicht festgehalten worden wäre, wäre er umgefallen.
Für Inspektor Porter war dies der schwärzeste Tag in seinem Leben. Allmählich gab er es auf, diesen Irrsinn begreifen zu
Weitere Kostenlose Bücher