079 - Der Körperdieb
Überraschung. Der Zinksarg stand neben dem Sergeant, und soeben hatte man den Deckel abgehoben.
Da fiel einem der beiden Sargträger etwas Unbegreifliches auf. Er machte seinen Kollegen darauf aufmerksam, und dieser rief sofort den Inspektor herbei.
Natürlich traten auch die anderen Polizisten gespannt näher.
Porter blickte über den Rand des Metallsarges. Ein dicker Kloß saß in seiner Kehle. Er hatte genug, so genug für heute.
Er sehnte sich nach seiner kleinen Wohnung in Clerkenwell.
Am liebsten wäre er auf der Stelle nach Hause gefahren, und er hätte sich gern für mindestens eine Woche eingeschlossen und mit niemandem ein Wort gesprochen.
Porter versuchte den Kloß hinunterzuschlucken, doch es gelang ihm nicht. Widerstrebend betrachtete er den toten Sergeant. Sein Blick wanderte die Beine hinauf, über den Körper – zum Kopf. Die Glaskugel war verschwunden, hatte sich aufgelöst. Und Sergeant Coburns Kopf war jetzt… aus Glas!
Einer der beiden Sargträger schüttelte fassungslos den Kopf.
»Hier geht es nicht mit rechten Dingen zu, Sir.«
»Allerdings«, antwortete Porter nur.
»Und was machen wir nun?«
»Was schon? Ihr legt ihn in den Sarg, ist doch klar.«
»Sollen wir ihn auch ins Leichenschauhaus bringen?«
»Wollt ihr ihn hier liegen lassen, weil er einen gläsernen Kopf hat? Der Mann ist tot, also schafft ihn fort.«
»Ich bin ja einiges gewöhnt«, sagte der Sargträger. Charles Sirk war sein Name, und er war ein kräftiger Kerl mit breiten Schultern und buschigen grauen Augenbrauen. »Tote nach schweren Verkehrsunfällen… Schrecklich zugerichtete Mordopfer… Leichen nach einem Brand… Aber ein Mann mit einem Glaskopf…? Also nee, da hakt es wirklich bei mir aus, Sir.«
»Ich kann Sie sehr gut verstehen«, erwiderte Inspektor Porter. »Uns allen ergeht es im Moment so. Aber je schneller der Sergeant im Sarg liegt, um so besser ist das für uns alle.«
»Vielleicht ist es nicht ratsam, ihn anzufassen«, sagte Sirk.
»Das weiß ich nicht, und ich kann Sie nicht zwingen, es zu tun. Ich sage lediglich, daß mit Rock Coburn irgend etwas geschehen muß.«
»Na komm schon, Charles«, sagte Sirks Kollege. »Bringen wir’s hinter uns. Der Sergeant kann ja wirklich nicht hier liegenbleiben.« Er griff nach den Beinen des Polizisten, und Sirk überwand sich dazu, seine Hände unter die Achseln der Leiche zu schieben.
Doch Charles Sirk hob den Toten nicht hoch. Er stieß plötzlich einen grellen Schrei aus und sprang mit einem weiten Satz zurück.
»Weg, Frank!« schrie er seinem Kollegen eine Warnung zu.
»Laß ihn los und bring dich in Sicherheit!«
»Was hast du denn?« fragte Frank Howard.
»Frag mich nicht, wieso. Ich versteh’s selbst nicht, aber der Sergeant lebt!«
Als Howard das hörte, ließ er augenblicklich Coburns Beine los. Ungläubig betrachtete er den Sergeant, der sich nicht regte.
»Bist du übergeschnappt, Charles? In diesem Mann ist doch kein Leben mehr.«
»Ich hab’s gespürt«
»Du bist zu aufgeregt, Junge.«
»Ich sage dir, der lebt!« schrie Charles Sirk heiser, und Augenblicke später bekamen alle bestätigt, daß er die Wahrheit sagte.
Der Mann mit dem Glaskopf erhob sich!
***
Coburn griff nach Frank Howard. Der Sargträger sprang verstört zur Seite, stolperte und fiel mit einem heiseren Aufschrei in die offene Zinkwanne.
Die Polizisten wichen gebannt zurück. Wieder griffen sie zu ihren Waffen, das war die einzige Antwort, die ihnen einfiel.
Coburn stand auf. Charles Sirk stand wie vor den Kopf geschlagen da.
Er befand sich Coburn am nächsten.
Frank Howard hatte es verdammt eilig, aus dem Zinksarg zu kommen. Panik verzerrte sein Gesicht.
Er taumelte in Richtung Leichenwagen und versteckte sich hinter der offenen Tür. Und Coburn wandte sich Sirk zu. Dem Mann brach der kalte Schweiß aus allen Poren.
Mit schreckgeweiteten Augen machte er einige marionettenhafte Bewegungen. Sein Atem ging stoßweise. Er wich bis zur Betonwand zurück. Als er mit dem Rücken dagegenstieß, entfuhr ihm ein dumpfer Laut.
Und dann schrie er wie von Sinnen: »Herrgott noch mal, tut doch etwas! Helft mir! Seht ihr nicht, was er vorhat? Er will mich umbringen! Ihr müßt mir helfen!«
Inspektor Porter glaubte nicht, daß Coburn gehorchen würde, aber er versuchte den Sergeant mit einem Befehl zu stoppen. Coburn ging weiter.
Da richtete Porter seine Waffe auf den Mann mit dem Glaskopf. »Coburn!« blaffte er.
Der Sergeant nahm keine Notiz von ihm. Für
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