0791 - Diondra - einfach mörderisch
hatte, mein Erstaunen nicht zu deutlich zu zeigen.
Der Mann war größer als ich, auch breiter in den Schultern und trug eine Lederjacke zum grauen Jeanshemd. Seine Hose bestand aus einem derben Stoff, und ich sah den Griff eine Waffe aus seinem breiten Gürtel ragen. In der rechten Außentasche der Lederjacke steckte ein drahtloses Sprechfunkgerät, doch über diese Dinge glitt mein Blick schnell hinweg.
Ich konzentrierte mich auf das Gesicht und wusste augenblicklich, dass wir beide keine Freunde werden konnten. Vom streichholzkurzen Haar bis hin zum Kinn kam mir alles eckig vor, als hätte man diese Gestalt geschnitzt. Die Haut war blass, dafür wirkten die Bartschatten umso dunkler. Schmale Lippen, eine kleine Nase und knallharte Augen mit dunklen Pupillen. Die Brauen darüber waren zwei gerade Striche, dadurch wirkte seine Stirn noch höher. Ich fragte mich, ob dieser Mann überhaupt freundlich sprechen konnte.
»Ich bin Cusor«, sagte er und streckte mir seine rechte Hand entgegen.
Ich griff sie.
Der Druck sollte mir wohl zeigen, wer hier das Sagen hatte, aber ich reagierte nicht, sondern schaffte es sogar, ihn anzulächeln und dabei meinen Namen zu sagen.
»Ja, ich weiß.« Er ließ meine Hand endlich los. »Sie sind ein Bulle.«
Ich runzelte die Stirn. »Den Ausdruck hatten wir mal, denke ich.«
»Kann sein, er gefällt mir.«
»Dann mögen Sie keine Polizisten?«
»Nein.«
»Schlechte Erfahrungen?«
»Kaum.« Er drehte sich um und gab mir den Weg frei.
Ich nahm den Koffer hoch und hoffte, dass nicht alle Leibwächter so waren wie dieser Cusor, aber leider konnte ich mir diese Typen nicht malen. Ich würde mit ihnen zusammenarbeiten müssen, ob ich nun wollte oder nicht.
Cusor war in der Halle stehen geblieben. Auch wenn mehr Lampen eingeschaltet worden wären, hätte die große Halle kaum freundlicher gewirkt, denn es fehlte einfach das Mobiliar oder ein Teppich. Ich stand auf dem nackten Steinboden, der zudem noch bräunlich war und den Raum wiederum düster machte.
»Sie wollen Ihr Zimmer sehen?«
»Auch!«
»Ich bringe Sie hin, Sinclair.«
Er schaute gar nicht erst nach, ob ich ihm auch folgte, sondern ging vor und betrat einen Flur, der sich an die Halle anschloss. Er war nur kurz und endete vor einer breiten Steintreppe. Die mussten wir hoch. Ich ging hinter Cusor und konnte seine durchtrainierte Gestalt bewundern. Der beherrschte sicherlich einige Kampftechniken, es war auch möglich, dass er als Söldner sein Geld verdient hatte, jedenfalls strahlte jede seiner Bewegungen eine ungeheure Selbstsicherheit ab, aber ich fragte mich, wie es wohl damit aussah, wenn er plötzlich mit übersinnlichen Phänomenen konfrontiert wurde.
Da halfen dann keine irdischen Kampftechniken mehr, da musste man sich etwas einfallen lassen.
An seinen Füßen trug er hohe Turnschuhe, mit denen er sich allerdings lautlos bewegen konnte. Nachdem die zweite Treppenstiege auch hinter uns lag, blieb ich vor einem Fenster stehen. Draußen standen die beiden Autos, der Wind spielte mit dem Wasser am Teich und kräuselte dessen Oberfläche.
»Wollen Sie sich die Gegend anschauen?«, fragte er.
Ich drehte mich langsam um. »Nein, das hatte ich nicht vor. Mich beschäftigt eine andere Frage. Ich hörte, dass vier Leibwächter engagiert worden sind.«
»Stimmt.«
»Wo halten Sie sich auf?«
Er verzog seine schmalen Lippen zu einem Grinsen, um mir klarzumachen, dass er mich für eine Antwort nicht kompetent hielt.
»Sie können beruhigt sein, meine Leute sind schon auf Draht.«
»Dann sind Sie der Chef?«
»Sieht man das nicht?« Er drehte sich um und ging.
Über eine derartige Antwort hatte ich mich nur wundern können.
Es gab wirklich noch Menschen, die so von sich eingenommen waren, dass mir die Spucke wegblieb.
Wir hatten den Wohntrakt erreicht. Nichts wies darauf hin. Es gab keine Bilder an den kahlen Wänden, keine Wandnische war mit einem Blumenstrauß ausgefüllt worden, selbst Kerzenleuchter sah ich nicht, dafür kalte Kugellampen. Sie hingen an Metallstangen von der Decke herab, und Cusor hatte die Güte gefunden, sie einzuschalten. Vor einer dunkelbraunen Tür blieb er stehen. »Hier können Sie wohnen, Sinclair.«
»Wie nett. Und wo finde ich Miss Mayne?«
»Unten.«
»Damit ist mir nicht viel geholfen.«
»Ich werde Sie schon – hinbringen, wenn Sie es wollen.«
»Sagen wir in fünfzehn Minuten?«
»Wie Sie wollen.« Er deutete auf die Tür. »Sie können hineingehen. Es ist
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