0791 - Diondra - einfach mörderisch
Strahl traf die Scheibe, glitt auch hindurch, aber er erfüllte genau den Zweck, den Rebecca hatte erreichen wollen. In der hellen Kreismitte malte sich deutlich der dunkle Fleck ab.
»Der war heute Nachmittag noch nicht dort«, sagte sie.
»Was meinst du denn?«
»Moment.« Ohne die Lampe aus der Hand zu legen, stand Rebecca auf. Auch wenn sie fror, sie zog keinen Bademantel über. Der Lichtarm tanzte im Rhythmus ihrer Bewegungen, als sie auf das Fenster zuschritt, um es zu untersuchen.
Sie öffnete es nicht, fuhr mit der Hand über die Scheibe – und schrie leise auf.
»Was hast du?«
Rebecca drehte sich um. Robert sah sie als eine bleiche, leicht zitternde Gestalt. »Wo hast du sie gesehen, Robby?«
»Draußen!«
»Wirklich?«
»ja, ich sah sie draußen.«
Rebecca schüttelte den Kopf. Mit kleinen Schritten trat sie wieder an das Bett heran. »Dann schau dir mal dieses an«, sagte sie und strahlte ihre linke Hand an.
Palmer bekam Herzklopfen. Er ahnte, was sie ihm zeigen wollte, doch er beugte sich weiter vor, um den Beweis zu sehen. Was er im hellen Licht der Lampe sah, war dunkles Blut.
»Nun?«
Palmer ließ sich zurücksinken. »O Gott«, flüsterte er nur, »in was sind wir da hineingeraten?«
Eine Antwort erhielt er nicht, denn Rebecca wusste selbst nicht Bescheid.
***
Ich erreichte mein Ziel an einem Nachmittag, der zwar trübe, aber nicht verregnet war. Von der normalen Straße hatte ich runter gemusst und war ins Gelände gefahren. Ich näherte mich dem gewaltigen Grundstück und stoppte vor einem Tor, das eine Hecke teilte.
Ich sah in der Dichte der Bepflanzung das Auge einer Kamera und entdeckte auch die Sprechanlage. Ich klingelte sofort nach dem Aussteigen. Zunächst hörte ich keine Reaktion. Wahrscheinlich checkten irgendwelche Aufpasser mich auf den Bildschirmen ab.
Die Gegend gefiel mir nicht. Sie bereitete mir Unbehagen, und es lag nicht nur an der sehr hohen Hecke. Allgemein war sie zu düster, denn in dem Park gab es relativ viele dunkle Bäume, die einen kleinen Wald bildeten. Ein Weg teilte ihn. Sicherlich endete er direkt vor dem Haus. »Wer sind Sie?«
»John Sinclair. Ich werde erwartet.«
»Ja, das wissen wir.«
»Dann öffnen Sie bitte.«
»Setzen Sie sich schon in Ihren Wagen!«
Ich kam der Aufforderung nach und hatte die Tür kaum zugeschlagen, als das Tor nach links glitt. Langsam fuhr ich an. Ich musste einige Kurven fahren, bevor sich der Wald lichtete. Bisher hatte ich noch keinen Anwohner gesehen, und das änderte sich auch nicht, als mein Blick über den freien Platz streifte, an dessen rechten Seite das Haus stand.
Das ist ja eine Gruft!, dachte ich, als ich den Bau zum ersten Mal sah, denn er wirkte unwahrscheinlich düster und abweisend auf mich. Es war schwer vorstellbar für mich, dass sich hier jemand wohl fühlen konnte, höchstens jemand, der sich entschlossen hatte, irgendwann freiwillig aus dem Leben zu scheiden.
Es stand ein Wagen vor dem Haus. Ein hochrädriges Geländefahrzeug, auf dessen schwarzem Lack ein feuchter Film lag.
Ich parkte neben dem Wagen und stieg aus. Meinen Koffer nahm ich mit, warf die Autotür wieder zu und ging auf die breite Treppe zu, die der Eingangstür vorgelagert war.
Ich kenne mich in den verschiedenen Stilrichtungen nicht so gut aus, konnte deshalb auch nicht sagen, wann dieses mächtige Gebäude mit den dicken Mauern und hohen Fenstern gebaut worden war.
Das Haus wirkte, irgendwie bombastisch, ohne allerdings mit Türmchen und Erkern überladen zu sein.
Vor der Tür blieb ich stehen und drehte mich noch einmal herum.
Mein Blick fiel auf die freie Grasfläche vor dem Haus. Ich sah einen kleinen Teich, der die Eintönigkeit des Rasens unterbrach. Am anderen Ufer des Teichs breitete sich ein dichter Buschgürtel aus, dahinter stieg das Gelände leicht an und wurde auf seiner Kuppe von einer Anzahl von Bäumen begrenzt.
Die Tür war ein glatter Stilbruch.
Sie war nachträglich eingebaut worden. Eine glatte, aber sehr dicke Holzplatte, ein modernes Schloss, keine Verzierungen, Schnitzereien oder Intarsienarbeiten.
Man ließ sich mit dem Öffnen Zeit. Hier suchte ich vergeblich nach einer Klingel, und ich überlegte schon, ob ich gegen die Tür klopfen sollte, als sie geöffnet wurde.
Sehr langsam schwang sie zurück. Mir kam der Vergleich mit einem Sargdeckel in den Sinn, aber es stand schließlich kein Zombie vor mir, sondern ein normaler Mensch, auch wenn er etwas außergewöhnlich wirkte und ich Mühe
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