0792 - Gruß aus der Gruft
nicht aufgefallen.
Es blieb still.
Zu still…
Im Haus brannte zwar Licht, aber nicht jedes Fenster war beleuchtet. In den oberen Etagen waberte die Dunkelheit, nur unten schimmerten die hellen Rechtecke.
An sie traute sich Suko nicht heran, denn ihre unmittelbare Umgebung wurde bewacht. Deshalb blieb ihm nichts anderes übrig, als das Haus aus einer gewissen Distanz zu kontrollieren.
Das war ihm auf die Dauer zu langweilig. Suko machte es wie ein Indianer. Tief geduckt setzte er seinen Weg fort, bewegte sich durch die Dunkelheit und nutzte zudem noch die natürlichen Deckungen aus. Er dachte des Öfteren an den Mann, der auf schreckliche Art und Weise gestorben war. Andere Kräfte hatten seinen Körper übernommen und ihn schließlich umgebracht. Dieser Mann hatte das Gelände von außen her bewacht, aber einen zweiten oder dritten hatte der Inspektor noch nicht gesehen.
Stille umspannte alles.
Suko hörte sich selbst atmen. Seine Füße schleiften über den Boden. Er hatte das wuchtige Gebäude erreicht und ließ sich in seinem Schutz in die Hocke nieder.
Worauf wartete er?
Im Prinzip darauf, dass etwas passierte, nur entsprach es einfach nicht Sukos Art, darauf zu lauern. Er war ein Mensch, der alles voranbringen wollte. Warten gefiel ihm nicht. Deshalb hatte er sich vorgenommen, nach einem weiteren Eingang zu suchen, den es sicherlich auf der Rückseite des Hauses gab.
Auch lauschte Suko seiner inneren Stimme. Es hatte sich äußerlich nichts verändert, trotzdem lag eine gewisse Spannung in der Luft.
Suko hätte sie nicht in Worte fassen und erklären können, sie war einfach da. Der Inspektor kannte diese Strömungen. Sie traten zumeist dann ein, wenn irgendein Ereignis dicht bevorstand.
Er schlich an der Hauswand entlang. Mit der Schulter schleifte er hin und wieder über das Gestein, von dem ein böses Omen ausging.
Dieses Gebäude gefiel ihm überhaupt nicht, und der Begriff Gruft passte auch.
Er schaute sich um, weil er in seinem Rücken ein leises Rascheln gehört hatte. Nichts gewesen. Vielleicht ein Tier, kein Mensch. Suko atmete auf, er setzte seinen Weg fort.
Sekunden später riss ihn ein Vorgang aus seiner relativen Ruhe.
Plötzlich war alles anders. Er hörte ein lautes Klirren nicht weit von sich entfernt. Ein Fenster war zerbrochen, und als Suko in die Richtung schaute, da sah er die blitzenden Glasstücke, die ins Gelände wirbelten.
Jetzt wusste er, dass er eingreifen musste!
***
Der Lampenstrahl hatte Diondra Mayne erfasst, und ich fragte mich, ob sie es tatsächlich war, die ich vor mir hatte. Ich konnte es im ersten Moment nicht glauben, denn sie hatte sich erschreckend verändert. Diondra war meiner Ansicht nach zu einem Zerrbild ihrer selbst geworden. Sie war ein Mensch, aber auch eine Figur, die lebte.
Sie schaute mich an, und sie hatte auf ihre schräg verzogenen Lippen ein böses Grinsen gelegt.
Vor mir stand eine bleiche Gestalt. Ihre Haare hatten sich aufgestellt, sie wuchsen auf dem Kopf wie ein Kamm. Das Gesicht zeigte eine bläuliche Farbe, die Haut schimmerte wie Metall. Die Augen lagen tief in den Höhlen, sie waren dunkel umrändert und wirkten wie geschminkt. Auch der Oberkörper hatte andere Maße bekommen. Die Schultern waren in die Breite gezogen worden und gleichzeitig schräg versetzt. Der Körper wirkte wie ein viereckiges Tuch, die Beine sahen staksig aus, aber das erschreckte mich eigentlich nicht so.
Viel schlimmer war das Blut!
Überall auf dem Körper hatten sich die Flecken verteilt. Teilweise waren sie zu langen Schmierfäden geworden, die wie Pinselstriche aussahen. Ich fragte mich, ob der Körper verblutete oder ob die Flecken älter waren. Ihre Finger sahen so lang aus, erinnerten an Spinnenbeine, und auch sie hatte die gesunde Hautfarbe verloren. Das Grinsen auf dem Gesicht gefiel mir gar nicht, denn es sah mir verdammt sicher aus. Diondra störte sich auch nicht an dem Licht, sie störte sich nicht mal an mir, sie betrat den Raum und ging direkt auf die Amphore zu, ohne sich um mich zu kümmern.
Ich ließ sie gehen. Nur der Strahl meiner Lampe verfolgte sie, und er blieb auch auf ihrem Körper haften, als sie neben der Amphore stehen geblieben war, den Kopf senkte und durch die Öffnung auf das zuckende Herz schaute.
Es schlug noch immer mit diesen pochenden und leicht dumpf klingenden Geräuschen, die klatschende Echos hinterließen und meinen Ohren wehtaten.
Was wollte sie?
Warum hatte sie sich so verändert?
Ich erinnerte mich
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