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0792 - Gruß aus der Gruft

0792 - Gruß aus der Gruft

Titel: 0792 - Gruß aus der Gruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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daran, dass sie es gewesen war, die von einer Bedrohung gesprochen hatte, aber konnte eine Gestalt wie sie überhaupt bedroht werden? War sie nicht selbst Bedrohung genug?
    Für mich ergab dies keinen Sinn, und auch nicht die Verwandlung in diese Kreatur.
    Das erste Herzflattern ebbte allmählich ab. Ich hatte mich wieder fangen können und bewegte mich langsam auf sie zu.
    Diondra tat nichts.
    Ich dachte darüber nach, ob sie mich wohl erkannte und sich mit mir einigermaßen normal unterhalten konnte, denn hier war ein Mensch zu einem Monster geworden.
    Als ich sie stöhnen hörte, blieb ich stehen. Diondra stand dicht vor der Amphore, umfangen vom kalten Licht meiner Lampe. Eine sehr klar umrissene Gestalt, wie ein Gemälde, bei dem ein Dämon den Pinsel geführt hatte. Um mich kümmerte sich Diondra nicht. Sie hob ihre Arme an und umfasste mit den spinnenartigen Fingern den Rand der Amphore. Es sah so aus, als wollte sie sich daran abstützen, bevor sie ihren Oberkörper nach vorn beugte und in die Öffnung hineinschaute, um sich mit dem Inhalt zu beschäftigen.
    Noch immer pumpte das alte Herz. Bei jedem Schlag hatte ich den Eindruck, als wollte es uraltes Blut durch die Gallertmasse schicken, die es umhüllte. Diondra stöhnte. Dem Laut war nicht zu entnehmen, ob sie es vor Freude oder aus Angst tat. Ich aber sah, wie sie zuckte. Vor und zurück, stets im selben Rhythmus, und sie hatte sich dabei nach dem Herzschlag gerichtet, dessen Takt sie übernommen hatte.
    Sehr langsam richtete sich die Gestalt wieder auf. Mit den Fingern strich sie über ihren Körper. Dann drehte sie sich herum und starrte mich an. Es machte ihr nichts aus, dass sie dabei in das grelle Licht blickte, für sie war es nicht vorhanden, über so etwas setzte sie sich hinweg. Mir gelang ein erster richtiger Blick in ihre Augen, und konnte mein Erschrecken nicht unterdrücken.
    Dieser Ausdruck war so schlimm, zum Teil kalt, teilweise aber auch mit einem Gefühl versehen, das ich nur schwer begreifen konnte. So betrachteten Raubtiere ihre Opfer, wenn sie sich entschlossen hatten, den Schwächeren zu fressen.
    Ein schlimmer Vergleich, der sicherlich nicht dadurch abgeschwächt wurde, dass die Frau ihren breiten Mund bewegte und kantige Zähne zeigte, die wie kleine, rechteckige Steine wirkten.
    Sie war nicht nur bösartig, sie war böse und gleichzeitig unmenschlich. Sie würde ihre Feinde auf eine bestimmte Art und Weise töten, denn ich glaubte fest daran, dass sie mir nicht einmal einen Bruchteil ihrer Kräfte offenbart hatte.
    Es gab die Verbindung zwischen dem pochenden Herz in der Amphore und Diondra Mayne.
    Allmählich lichtete sich auch bei mir der Schleier. Ich ging inzwischen davon aus, dass dieses Herz so etwas wie ein Kraftspender war. Es versorgte Diondra mit Energie. Damit hätte sie eigentlich zufrieden sein müssen, aber warum hatte sie dann von einer Bedrohung gesprochen? Gab es diese äußere Bedrohung überhaupt, oder stellte sie selbst oder ihr zweites Ich diese Bedrohung dar?
    Fürchtete sie sich wirklich davor?
    Ihr Blick hatte sich nicht verändert. Ich ging davon aus, dass sie mich bestimmt nicht von selbst ansprechen und mir eine Erklärung geben würde, deshalb übernahm ich das Wort.
    »Diondra Mayne – hörst du mich?« Beinahe erschrak ich über den Klang meiner eigenen Worte, denn in dieser Kammer hörten sie sich tatsächlich an, als kämen sie aus einem Grab.
    Sie hatte mich verstanden und nickte.
    Die nächste Frage. »Was ist mit dem Herz? Warum wird es in der Amphore aufbewahrt?«
    Zuckend bewegte sich der Mund. »Es ist das Wissen…«
    Mit jeder Antwort hätte ich gerechnet, mit dieser allerdings nicht.
    Wieso das Wissen?
    Sie las mir die nächste Frage vom Gesicht ab und gab sogar eine Antwort. »Das Wissen der alten Zeit. Es hat mich erreicht. Ich bin der Diener des Wissens geworden.«
    »Die Mathematik?«
    »Sie auch.«
    »Die Magie?«, fragte ich weiter.
    »Sie kommt hinzu.«
    »Wunderbar«, flüsterte ich und merkte, wie meine Spannung stieg. »Es ist also das Wissen aus einer alten Zeit.«
    »Einer sehr alten.«
    »Wie alt?«
    Trat in ihre Augen ein Glanz, oder täuschte ich mich? Egal, ich wollte die Antwort haben, und ich hörte sie. »Die Menschen haben sie vergessen. Vor dem Bau der großen Gräber, vor der Flut und noch kurze Zeit später haben sie gelebt.«
    Ich wusste jetzt Bescheid und war nicht mal sehr überrascht, denn die Amphore hatte darauf hingedeutet. »Die uralten Ägypter, die

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