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0794 - Das Zauber-Zimmer

0794 - Das Zauber-Zimmer

Titel: 0794 - Das Zauber-Zimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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bereiten«, sagte der Kommissar.
    »Menschen werden es kaum schaffen.«
    »Abwarten.«
    »Ich sage Ihnen trotzdem auf Wiedersehen, obwohl ich nicht daran glaube. Ich…«
    »Erika!«
    Ein Schrei erreichte uns. »Erika, verdammt, komm her! Lass dich nicht bequatschen!«
    Die Frau war zusammengezuckt. Rasch ging sie zwei Schritte zurück. »Ich muss wieder zurück. Wenn nicht, dann wird Walter unkontrollierbar. In der letzten Zeit ist er schlimm geworden. Er trinkt viel, aber die Geschäfte gingen zurück, und die Schulden sind gestiegen.« Sie hob den rechten Arm und winkte uns zu. »Viel Glück noch, Ihnen beiden.«
    Erst draußen schüttelte Harry Stahl den Kopf. »Dass es derartige Ehen gibt, kann mich traurig machen.«
    »Du warst auch einmal verheiratet.«
    »Stimmt. Doch in unserer Ehe ging es toleranter zu. Meine Frau und ich haben uns eben auseinander gelebt gehabt, das ist alles.«
    Diese Sorgen hatte ich nicht. Ich wollte auch Junggeselle bleiben.
    Nicht dass ich grundsätzlich gegen eine Ehe gewesen wäre, in meinem Fall hätte sie mich nur behindert. Ich wäre oft und lange von meiner Frau getrennt gewesen, und das wäre einer Partnerschaft bestimmt nicht gut bekommen.
    »Möchtest du fahren?«, fragte mich Harry, als wir den Wagen erreicht hatten.
    »Nein, nein, es ist dein Wagen.«
    »Gut.«
    Wir stiegen beide ein – und blieben mit offenen Türen im Vorderraum sitzen.
    Wir hatten etwas gehört!
    Eine Musik, die wir kannten, wehte uns entgegen, durch das leere Dorf. Der Kommissar drehte sich zu mir um. »Meine Güte, John, sie sind schon dabei.«
    »Wie meinst du das?«
    »Der Teufel hat seine Boten hier in den Ort geschickt, und ich glaube, dass sie die Menschen ebenfalls in ihren Bann ziehen wollen, damit sie mitfeiern können.«
    »Feiern?«, dehnte ich.
    »Mir fällt nichts anderes ein.«
    »Wir werden sehen, Harry. Fahr los!«
    Zugleich schlossen wir die Türen. Ich aber kurbelte an meiner Seite das Fenster zu einem Drittel nach unten. Nicht nur die kalte, trockene Luft erwischte mein Gesicht, auch hörte ich die Geigenmusik, und diese Melodie, so bekannt sie auch war, bereitete mir jetzt Angst, denn sie schien für den Teufel geschrieben worden zu sein.
    Die Winterreifen des Opels hinterließen im hart gefrorenen Schnee tiefe Spuren, und das dabei entstehende Knirschen übertönte selbst die weiche Geigenmusik.
    »Sie müssen sich auf der Hauptstraße aufhalten«, murmelte der Kommissar. »Wahrscheinlich sammeln sie dort die Menschen.« Er fuhr etwas schneller. »Kennst du den Rattenfänger von Hameln?«
    »Klar.«
    »So ähnlich könnte es hier auch sein. Nur haben wir hier den Teufel als Menschenfänger.«
    Ich fügte nichts hinzu, denn damit hatte Harry Stahl auch meine Befürchtungen ausgesprochen. Unser Gespräch versickerte. Wir waren sehr konzentriert, als wir den schmalen Weg entlang fuhren, der auf die breitere Straße mündete.
    Dort mussten wir links ab.
    Im Licht der beiden Scheinwerfer glänzte der Boden wie ein langes, kaltes Stück Stein. Das Licht der wenigen Laternen streute die Helligkeit in die trostlose Leere des Ortes hinein und ließ manche Flächen aussehen wie einen Spiegel.
    »Ich versuche es mit dem Fernlicht«, sagte Harry.
    »Geht in Ordnung.«
    Helle Lanzen jagten aus den gläsernen Augen und stachen hinein in die Kurve. Sie berührten die Hauswände, sie leuchteten aber auch auf den Boden, ließen Eis schimmern und den hier liegenden wenigen Schnee funkeln wie winzige Diamanten.
    Kein Mensch war auf der Straße zu sehen. Das aber änderte sich, als wir die Kurve hinter uns gelassen hatten. Wir sahen es zugleich, aber nur dem Kommissar rutschte ein »Verdammt, das hatte ich mir gedacht!« heraus.
    Die Menschen standen dort wie eine Kette oder wie eine Mauer.
    Sie hielten die gesamte Straßenbreite besetzt, und in unserem Licht wirkten sie wie aufgestellte Tote, da sie sich nicht rührten.
    »Das also ist es«, sagte Harry Stahl, gab etwas mehr Gas, trat aber sehr schnell auf die Bremse und hielt an. »Oder hätte ich durchfahren sollen?«, fragte er.
    Ich schüttelte den Kopf.
    ***
    Sie sahen zwar aus wie Tote, aber sie waren nicht tot, denn vor ihren Mündern dampfte der Atem. Das Licht reichte aus, um die meisten von ihnen erkennen zu können, und mir fiel auf, dass es in der Regel junge Menschen waren, die uns da den Weg versperrten. Und nicht nur junge Männer, sondern auch Mädchen befanden sich unter ihnen, die meisten dick vermummt in Anoraks oder Wintermäntel

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