0795 - Entführt in die Totenstadt
ihre Schläfen. »Da ist es wieder«, stöhnte sie. »Jemand ist hier, direkt bei uns.«
Zamorra spannte sich an, konnte jedoch wiederum niemanden entdecken. Dennoch blieb er kampfbereit, denn Nicoles Gefühle trogen sie selten.
»Da ist nichts«, bellte Asha. »Du machst mich nervös mit deinen ewigen Andeutungen. Oder kannst du hier vielleicht irgendwo…«
Sie brach mitten im Satz ab und deutete auf den Staub vor ihren Füßen.
Auch Zamorra bemerkte es in dieser Sekunde. Der Staub zog sich zusammen, ein kleiner Hügel entstand. Im Radius von etwa zwanzig Zentimetern um die Erhebung liefen huschende Wellen durch den Staub. Die unruhige und aufgewühlte Zone auf dem Boden vergrößerte sich rasch.
Asha sprang rasch zurück.
Zamorra glaubte seinen Augen nicht zu trauen, als sich aus dem Hügel Konturen auszubilden begannen. Er meinte zu erkennen, worum es sich handelte.
»Was ist das?«, hauchte Nicole.
Fünf Finger ragten aus dem zusammengeballten Staub der Totenstadt. Graue, muskulöse Finger, die sich weiter scheinbar aus dem Boden Yamapuras heraus schoben. Als auch die Handfläche und ein breiter Unterarm entstanden waren, krümmten sie sich. In Sekundenschnelle wuchsen ihnen lange, spitz zulaufende Klauen. Vereinzelte Staubkörner rieselten von ihnen herab.
»Was geschieht hier?« Asha starrte gebannt auf das unheimliche Schauspiel, um das herum sich huschende Bewegung vollzog. Der Staub wallte regelrecht auf und bewegte sich auf das Zentrum zu.
Zamorra meinte zuerst, der Boden selbst sei in Unruhe geraten und von Wellen durchlaufen, doch dann wurde ihm klar, was hier vor sich ging. »Es ist der Staub«, sagte er fassungslos. »Er zieht sich hier zusammen und wächst zu diesem… hmm…« Ihm fehlte das richtige Wort.
Mittlerweile ragten zwei komplette Arme aus dem Staub heraus. Alles geschah in gespenstischer Lautlosigkeit. Das Ellbogengelenk des ersten Armes knickte ein, die Hand schien ihnen zuzuwinken.
»Da bildet sich ein Kopf zwischen den Armen«, zischte Asha.
Das unheimliche Wesen entstand jetzt in rasendem Tempo. Eine altertümlich aussehende Kriegergestalt ragte von der Hüfte an aufwärts aus dem Untergrund. Der Hinterkopf war deformiert, offenbar durch einen Schlag zerschmettert.
Das aus dem Staub Yamapuras entstehende Wesen öffnete die Augen und sah Zamorra genau ins Gesicht. »Wegen dir wurde mein Schlaf gestört«, knurrte es mit dumpf krächzender Stimme. Noch während es die Worte sprach, war die Wiedererweckung - denn um eine solche musste es sich zweifellos handeln - abgeschlossen.
Eine von kleinen Details abgesehen menschlich anmutende muskulöse Gestalt stand inmitten einer etwa drei Meter durchmessenden staubfreien Zone auf graubraunem, tot wirkendem Grund. Ihre Körpersubstanz musste von dem fehlenden Staub stammen…
»Wir weckten dich nicht«, widersprach Zamorra. »Wer bist du?«
»Ich gehöre zu den ersten Verstorbenen, die in die Totenstadt gerufen wurden«, eröffnete das Wesen. »Das war vor sehr langer Zeit. Längst bin ich zu Staub zerfallen, doch meine Existenz ist nicht beendet, so sehr ich mir es auch wünschen würde. Wenn mein Meister mich braucht, so weckt er mich aus dem Schlaf.« Er bleckte die Zähne. »Und ich muss ihm gehorchen und mich erheben.«
Ein Staubzombie, dachte Zamorra. Abrufbereit überall, wo er gebraucht wird.
»Mich und meine Brüder«, ergänzte die Gestalt.
Doch da ragten bereits überall um Zamorra, Nicole und Asha herum Hände aus dem Boden heraus und erübrigten jede Rückfrage.
***
Ein Schuss ertönte. Zamorra war von den Worten der untoten Gestalt so sehr abgelenkt worden, dass er es nicht bemerkte, als Asha Devi ihre Waffe herausgerissen hatte.
Die Kugel stanzte ein Loch in die Stirn des Wesens. Es sah makaber aus, als Staub daraus hervor und auf die Schultern der Gestalt rieselte. Der Kopf des Zombies drehte sich zu Asha um. Er lachte. »Wenn das meine Existenz beenden könnte, dann hätte ich längst den Tod gewählt«, sagte er. »Doch mein Meister warnte mich bereits vor und sprach von deinem unbeherrschten Charakter.«
Der Staub auf seiner Schulter kroch in einer fließenden Bewegung an seinem Hals hoch und fügte sich nahtlos in die Wunde an der Stirn. Kurz darauf war von der Verletzung nichts mehr zu erahnen.
Unterdessen waren sie von etwa zehn weiteren Staubgestalten umringt, die langsam näher kamen. »Weg hier«, zischte Zamorra zwischen den Zähnen hindurch. Sein Amulett reagierte auch jetzt nicht. Es schien in
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