0795 - Entführt in die Totenstadt
dieser Dimension generell nicht anzusprechen.
Doch es gelang ihnen nicht, den rasch enger werdenden Kreis der teilweise skelettierten Schreckensgestalten zu verlassen. Sie waren umzingelt von den auferstandenen Toten. Es waren überwiegend ausgemergelte Gestalten, nur bei wenigen konnte man die Spuren eines ehemaligen gewalttätigen Todes erkennen. Überwiegend schienen sie ihr menschliches Leben durch Altersschwäche verloren zu haben.
Zamorra blickte Nicole kurz in die Augen und las dort die Bestätigung. Sie dachte genauso. Ohne ein Wort preschten sie gleichzeitig los und griffen an. Zamorra nahm sich den Staubzombie vor, der zuerst entstanden war. Asche zu Asche, Staub zu Staub, dachte er, als er einen Volltreffer am Kinn der Gestalt landete.
Obwohl er natürlich wusste, dass er dem Wesen damit nicht wirklich schaden konnte, blieb sein Angriff nicht folgenlos. Durch die pure Gewalt des Schlags wurde sein Gegner nach hinten getrieben und stürzte zu Boden.
Aus dem Augenwinkel sah er, dass Nicole mit einem raschen Karatetritt denselben Erfolg erzielte.
Sie hatten eine kleine Lücke geschaffen, aus der sie ausbrechen konnten. »Hier raus, Asha«, rief er. Diese folgte dem Rat ausnahmsweise ohne eine bissige Bemerkung fallen zu lassen. Zu dritt rannten sie von der kleinen Armee der Staubzombies weg.
Nicole blickte über die Schulter zurück. »Die sind verdammt nahe!«, rief sie.
»Wir werden uns etwas einfallen lassen müssen«, stimmte Zamorra zu.
Die aus dem Staub wiedererstandenen Toten bildeten eine Mauer, die ihnen entgegen rückte. Die beiden zu Boden Geschlagenen hatten sich mittlerweile wieder eingereiht.
»Schwätzt nicht dumm mm«, reagierte Asha an ihrer Seite und zog im Laufen ihre keulenförmige Gebetsmühle hervor. »Sagt doch gleich, dass ihr ohne mich mal wieder aufgeschmissen seid!«
Zamorra verbiss sich jeden Kommentar. Wenn Asha wie zuvor bei den Höllenhunden Erfolg hatte, sollte es ihm Recht sein. Zumal er selbst momentan keine Idee hatte, wie sie ihre Gegner ausschalten sollten.
Asha drehte erneut die magische Gebetsmühle. Heilige Silben wurden aktiviert…
... und wie zuvor bei den Hunden vor dem Tor der Totenstadt war die Wirkung frappierend.
Der Vormarsch ihrer Widersacher geriet ins Stocken. Ein vielstimmiges Stöhnen drang ihnen an die überraschten Ohren. »Seht euch das an!«, triumphierte Asha.
Das Bild, das sich Zamorra bot, verschlug ihm den Atem. Es schien, als seien die Gestalten an einem sonnigen Strand tatsächlich von einem Kind aus Staub und Sand modelliert worden. Ein Wind kam auf, wahrscheinlich der erste in der äonenlangen Geschichte der Totenstadt. Er fegte durch die Gassen Yamapuras und trug Schicht für Schicht der Staubzombies ab…
Aus ihren Haaren, ihrem Gesicht, ihren Kleidern und Armen, überall aus ihren Körpern wurde grauer Staub herausgeweht. Sie verloren ihre Substanz, wurden schmaler und schmaler. Bald standen sie als unförmige, schmale Säulen vor den Augen der Dämonenjäger. Eine nach der anderen wurde von dem Wind davongetragen, löste sich in Nichts auf…
»Ob sie für immer ausgelöscht sind?«, fragte Nicole.
»Mir soll’s egal sein«, sagte Asha respektlos. »Sie bedecken wieder den Boden, und ich werde über sie drüberspazieren und meinen Sohn suchen!« Sie spuckte aus.
Das bezweifelte Zamorra keine Sekunde. Er grinste Asha an. »Was wären wir bloß ohne dich«, nahm er ihr den Wind aus den Segeln, ehe sie ihn und Nicole wieder wegen ihrer Hilflosigkeit verspotten konnte. Im Grunde genommen war er ihr allerdings tatsächlich dankbar.
»Rettungslos verloren«, ergänzte Nicole und schlug damit in dieselbe Kerbe.
Ein Zischen ertönte, ehe sie sich besinnen konnten. Es klang gefährlich und erstaunlich laut. Sogar ein Echo hallte von den grauen Häuserskeletten zurück. Die Staubzombies und erst recht irgendwelche nichtigen Kompetenzrangeleien waren vergessen angesichts dieser sich anbahnenden neuen Bedrohung.
Asha zuckte zusammen. »Was immer dieses Geräusch verursacht hat, es kann nicht weit von uns weg sein.« Ein rascher Rundumblick folgte.
Sie konnte genauso wenig etwas erkennen wie Zamorra. »Es klang wie das Zischen einer Schlange.« Mit diesen Biestern hatte er genügend einschlägige Erfahrungen gesammelt.
»Bei der Lautstärke muss es ein verdammt großes Biest sein.« Asha stoppte ihren bislang ununterbrochenen raschen Vorwärtslauf, der sie mindestens zwei Kilometer weit ins Innere der Totenstadt geführt hatte,
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