0799 - Zum Nachtisch kam der Teufel
eigentliche Aufgabe. Es konnte auch am Charme dieser Linda Green gelegen haben, denn Suko hätte nicht damit gerechnet, eine so interessante Gesprächspartnerin zu finden. Sie war ihm sehr sympathisch, und ein derartiges Essen hätte er gern wiederholt. In der Zwischenzeit waren immer mehr Gäste eingetroffen. Das Lokal hatte sich fast bis auf den letzten Platz gefüllt. Nur ein Tisch war noch unbesetzt. Die vier um ihn herumstehenden Stühle wirkten leer und verlassen. An einigen Fenstern waren die Vorhänge zugezogen, denn das Sonnenlicht schien einfach zu grell in den Raum.
Mit dem Fleisch konnte Suko zufrieden sein. Butterweich, innen leicht rosa, so hatte er es am liebsten. Die Atmosphäre war nicht geschäftig, denn die Ober wussten genau, wann sie zu bedienen hatten und wann nicht. Sie schenkten oder legten nur dann nach, wenn es den Gästen genehm war.
Mrs. Green und Suko waren beinahe gleichzeitig fertig, und Suko sah den zufriedenen Ausdruck in den Augen der Testesserin.
»Sie haben es gut benotet, nehme ich an.«
»Ja, das habe ich.«
»Besser als bei Ihrem letzten Besuch?«
Linda Green lachte leise auf und schüttelte den Kopf. »Sie fragen, als wären Sie von der Geschäftsleitung hier an den Tisch gesetzt worden, Suko.«
»Um Himmels willen, das bin ich nicht. Ich habe nur noch keine Dame kennen gelernt, die diesem Beruf nachgeht, obwohl man in der letzten Zeit so einiges über Menschen in Ihrem Job gehört und auch gelesen hat. Sie wissen, was ich meine?«
Linda nickte. Ein Schatten hatte sich auf ihr Gesicht gelegt. »Ja, das ist mir bekannt.« Ihre Stimme senkte sie zu einem Flüstern. »Ich kann es auch nicht begreifen, Suko.«
»Man weiß nur das, was in den Zeitungen steht. Mich wundert es wirklich, dass Sie noch so ruhig Ihrer Arbeit nachgehen. Dazu kann man Sie nur beglückwünschen.«
»Vielleicht ist es Fatalismus, der Glaube an das Schicksal, an die Vorherbestimmung.«
»Das glaube ich nicht. Wer bringt sich schon selbst gern in Gefahr, Mrs. Green?«
»Einer muss es tun.«
»Richtig. Dagegen steht allerdings, dass es auch einen gibt, der Ihre Berufsgruppe wohl nicht sehr mag. Mir kommt es so vor, dass sich jemand rächen will.«
»Daran habe ich auch schon gedacht.«
»Sind Sie auch zu einer Lösung gekommen?«
Linda Green wartete mit der Antwort, bis abgetragen worden war.
»Wenn ich zu einer Lösung gekommen wäre, dann würde ich sie nicht in der Öffentlichkeit breittreten, da ich keine Beweise habe.«
»Das kann ich verstehen.«
Der Ausdruck ihrer Augen veränderte sich. »Wir führen ein interessantes Gespräch, Suko. Eigentlich hatte ich keine Lust, über diese furchtbaren Taten zu sprechen. Sie haben es geschickt verstanden, mich darauf hinzuweisen. Darf ich ehrlich zu Ihnen sein?«
»Ich bitte darum.«
Ein feines Lächeln kräuselte ihre Lippen. »Es kommt mir beinahe so vor, als wären Sie bestellt worden.«
»Ach ja?«
»Sicher.« Sie schob ihr Weinglas etwas zur Seite und setzte sich so hin, damit sie Suko direkt anschauen konnte. »Als würde sich jemand Sorgen um mich machen, Suko.«
»Wer könnte das sein?«
»Ich habe einen Verleger, der den Stress kaum noch aushält. Ich weiß auch, dass er einen Detektiv engagiert hat. Ich kenne ihn leider nicht persönlich. Sind Sie vielleicht dieser Detektiv, der ein Auge auf mich halten soll?«
Jetzt lächelte Suko. »Das trauen Sie mir zu, Mrs. Green?«
Die Frau starrte für einen Moment in ihr Weinglas. »Ob Sie es glauben oder nicht, ich denke daran.«
»Dann irren Sie sich.«
Linda Green legte den Kopf schief. Die Hand fuhr durch ihr Haar.
»Meinen Sie wirklich?«
»Ja.«
»Also kein Detektiv?«
»Keiner.«
»Aber so etwas in dieser Richtung – oder?«
Suko musste schmunzeln. »Das ist natürlich weit gefasst, Mrs. Green. Was meinen Sie damit?«
»Nun ja…«, sie drehte wieder ihr Glas, schaute es dabei an, hatte sich zur nächsten Frage entschlossen und hob den Kopf. »Käme ich mit dem Begriff Polizei in die richtige Nähe?«
Suko räusperte sich. Er wollte sich eine kleine Denkpause gönnen.
Diese Person am Nebentisch hatte einen wirklich guten Blick für Menschen, und sie bestätigte sich selbst durch ihr Nicken.
»Ja, ich denke schon, dass ich nicht so falsch liege.«
»Wie man es nimmt.«
»Moment, Moment.« Sie hatte jetzt Feuer gefangen. »Ich will Ihnen auch sagen, weshalb und warum ich so denke. Sie sind hier nicht Stammgast. Sie benehmen sich zwar normal, aber man merkt Ihnen doch
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