08 Geweihte des Todes - Adrian Lara
älteren Archers und ihre Gefährtinnen waren an diesem Abend auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung gewesen und hatten den Teenager Kellan allein zu Hause gelassen.
So, wie es sich anhörte, war die Entführung mit größter Heimlichkeit und Präzision durchgeführt worden, ausgerichtet auf eine ganz spezifische Zielperson. In einer Zeitspanne von nur wenigen Minuten hatten die Eindringlinge den Dunklen Hafen durch ein Fenster auf der Rückseite des Hauses betreten, zwei von Christophes Securityleuten getötet, sich dann den Jungen aus seinem Zimmer im oberen Stock geholt und waren mit ihm davongefahren.
Der einzige Zeuge der Entführung war ein Cousin, einige Jahre jünger als Kellan, der sich während des Überfalls in einem Schrank versteckt hatte. Verständlicherweise verängstigt und verstört, konnte er die Entführer kaum beschreiben, außer dass sie von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet waren und Skimasken übers Gesicht gezogen hatten, die nur ihre Augen freiließen. Dem Jungen war auch aufgefallen, dass alle drei Männer seltsame, dicke schwarze Halsbänder getragen hatten.
Während der Agent die Tragweite dieses wesentlichen Details nicht begriffen hatte, war sie jedem Mitglied des Ordens nur allzu klar. Sie hatten schon vermutet, dass Dragos dahintersteckte, aber als sie jetzt hörten, dass drei seiner Killer vor Ort gewesen waren – Gen Eins, gezüchtet und abgerichtet, um ihm zu dienen, ihre Loyalität garantiert durch die tödlichen UV -Halsbänder, die jeder von ihnen tragen musste –, sahen sie ihren Verdacht bestätigt.
„Das ist doch alles völliger Wahnsinn“, sagte Christophe und stützte die Ellbogen auf den Tisch, er wirkte angeschlagen, seine Augen flehend. „Ich meine, warum das alles? Unsere Rasse ist doch nicht so primitiv wie die Menschen, die sich um Geld bekriegen. Was versprechen die sich also davon, mir mein einziges Kind zu stehlen?“
„Nein“, antwortete Lucan, die Worte waren so grimmig wie seine Miene. „Wir glauben nicht, dass es hier um finanzielle Bereicherung geht.“
„Aber was können sie sonst mit Kellan wollen?“
Lucan sah kurz zu Lazaro Archer hinüber. „Ihn als Druckmittel einsetzen. Der Auftraggeber dieser Entführung wird zweifellos schon bald seine Forderungen stellen.“
„Forderungen wonach?“
„Nach mir“, sagte Lazaro ruhig. Als sein Sohn ihm einen fragenden Blick zuwarf, sah der Gen Eins ihn mit ehrlicher Reue an. „Christophe weiß nichts von dem Gespräch, das wir vor fast einem Jahr miteinander geführt haben, Lucan. Ich habe ihm nie von der Warnung erzählt, die du mir und den wenigen anderen verbliebenen Gen Eins gegeben hast, dass nämlich jemand versucht, uns auszulöschen. Er weiß nichts von der Anschlagserie gegen die Angehörigen unserer Generation.“
Christophe Archer wurde ein wenig blass. „Vater, wovon redest du? Wer will dir etwas tun?“
„Sein Name ist Dragos“, antwortete Lucan. „Der Orden liegt schon seit einiger Zeit mit ihm im Krieg. Aber leider hatte er vorher einige Jahrzehnte Zeit – Jahrhunderte, um genau zu sein –, sein geheimes Reich aufzubauen. Der Mann ist wahnsinnig, allein im letzten Jahr hat er mehrere andere Gen Eins ermordet, und das ist leider nur die Spitze des Eisbergs. Macht ist alles, was ihm etwas bedeutet, und seine Machtgier kennt keine Grenzen. Um zu bekommen, was er will, schreckt er vor nichts zurück, kein Leben ist ihm heilig.“
„Herr im Himmel! Willst du mir etwa sagen, dass dieser kranke Bastard Kellan entführt hat?“
Lucan nickte. „Tut mir leid.“
Christophe sprang auf die Füße und begann, hinter dem Tisch auf und ab zu gehen. „Wir müssen ihn zurückholen. Verdammt, wir müssen meinen Jungen nach Hause bringen, koste es, was es wolle!“
„Darin sind wir uns alle einig“, sagte Lucan und sprach für die ganze Gruppe, die in ernstem Schweigen im Techniklabor versammelt war. „Und wir werden tun, was wir können, doch ihr müsst euch darüber im Klaren sein, dass die Situation ihre Risiken birgt …“
„Komm mir nicht mit Risiken!“, schrie er. „Wir reden hier von meinem Sohn. Meinem einzigen Kind, meinem geliebten Jungen. Erzähl mir nichts von Risiken, Lucan! Für Kellan würde ich mit Freuden mein Leben geben.“
„Ich auch“, sagte Lazaro nüchtern. „Alles für meinen Enkel.“
Brock sah dem emotional geführten Wortwechsel zu, er wusste, wie es sich anfühlte, angesichts eines solchen drohenden Verlustes hilflos zu sein. Aber noch mehr als
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