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08 Geweihte des Todes - Adrian Lara

Titel: 08 Geweihte des Todes - Adrian Lara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Lara
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„Ich war zu spät da – sie ist entkommen. Sie ist weg.“
    Gideon beugte sich vor und warf Brock einen Seitenblick zu. „Sie ist über den verdammten Zaun geklettert, ja?“
    „ Geklettert ?“ Renata stieß ein atemloses Lachen aus. „Nein, sie ist nicht geklettert. Sie … ach Scheiße, ob ihr’s glaubt oder nicht, ich hab sie eben drüberspringen sehen.“

 
    4
    Der Wagen vibrierte unter Jennas Po und den Sohlen ihrer schneedurchweichten Schuhe. Sie saß in einer Duftwolke aus geräuchertem Fleisch und Männerschweiß im unbeleuchteten Frachtraum eines Lieferwagens zwischen gestapelten Kisten und Pappkartons auf dem Boden und wurde bei jeder Unebenheit hin und her geworfen. Ihr Magen war in Aufruhr, ob vom Adrenalin, das durch ihre Adern schoss, oder von dem widerlichen, penetranten Duftgemisch von Fleischwaren und Körpergerüchen, das ihre Nase malträtierte, wusste sie nicht genau.
    Sie wusste kaum, wie es ihr gelungen war, vom Grundstück des Hauptquartiers zu fliehen. Von den verstörenden Enthüllungen der letzten Stunden drehte sich ihr immer noch der Kopf, und ihre Sinne waren schon seit dem Augenblick, als sie beschlossen hatte, einen Fluchtversuch zu wagen, völlig übersteuert gewesen. Selbst jetzt schien alles, was sie sah und hörte, schien jede Bewegung, die sie spürte, jeder sensorische Reiz in einem chaotischen Wirbel auf sie einzuströmen.
    Vorne im Lieferwagen unterhielten sich der Fahrer und sein Beifahrer lebhaft in einer gutturalen Balkansprache. Sie hatten genug Englisch verstanden, um sie in die Stadt mitzunehmen, als sie auf der Straße vor dem Grundstück des Anwesens den Daumen hochgehalten hatte, und für den Augenblick hatte ihr das auch genügt. Aber jetzt, nach einigen Kilometern Fahrt, konnte sie nicht umhin, zu bemerken, dass die Männer aufgehört hatten, sie anzulächeln und in gebrochenem Englisch mit ihr zu reden.
    Jetzt warf ihr der Fahrer im Rückspiegel lauernde Blicke zu, und ihr gefiel ganz und gar nicht, wie die beiden darüber kicherten, wie sie im hinteren Teil des dunklen Lieferwagens durchgeschüttelt wurde.
    „Wie weit ist es noch bis zur Innenstadt?“, fragte sie und hielt sich an einer vollen Salamikiste fest, als der Lieferwagen eine rote Ampel ignorierte und links abbog. Von der Bewegung hob sich ihr der Magen, ihre Ohren klangen, ihr dröhnte der Kopf. Sie kniff die Augen zusammen und versuchte durch die Windschutzscheibe zu spähen, als der Wagen auf die Stadt zuhielt, die in der Ferne im Spätnachmittagslicht vor ihnen lag. „Der Busbahnhof, ja? Dort setzen Sie mich ab, haben Sie gesagt. Wie weit ist es noch?“
    Einen Augenblick lang fragte sie sich, ob die Männer sie überhaupt hören konnten. Denn der Fahrer beschleunigte, und das rumpelnde Motorengeräusch erschien ihr ohrenbetäubend laut. Aber dann drehte sich der Beifahrer um und sagte etwas in seiner Sprache zu ihr.
    Etwas, das seinen Freund mit dem Bleifuß zu amüsieren schien.
    In Jennas Bauch bildete sich ein Angstknoten. „Wissen Sie was? Ich hab’s mir anders überlegt. Nicht zum Busbahnhof. Fahren Sie mich zur Polizei. Po-li-zei“, sagte sie und zog das Wort in die Länge, damit es kein Missverständnis gab. Als der Fahrer ihr im Rückspiegel einen finsteren Blick zuwarf, zeigte sie auf sich selbst. „Ich bin Polizistin.“
    Sie redete mit ihrer speziellen Copstimme, die ihr zur zweiten Natur geworden war, selbst nach all den Jahren außer Dienst. Aber wenn die beiden Witzbolde da vorne im Wagen ihren Tonfall registriert oder verstanden hatten, was sie zu ihnen sagte, schienen sie nicht geneigt, ihr zu glauben.
    „Polizei?“ Der Fahrer kicherte und sah zu seinem Kumpel hinüber. „Nassi, nuk duken si ajo e policisë për ju?“
    „Nein“, antwortete der, der offenbar Nassi hieß, mit einem Kopfschütteln, bleckte die schmalen Lippen über den schiefen Zähnen und ließ seine Augen unter den buschigen Brauen langsam über Jennas Körper wandern. „Për mua, ajo duket si një copë e shijshme e gomarit.“
    Aber wie erstklassiges Fickmaterial sieht sie aus.
    Das unheilverkündende Grinsen, das Nassi ihr dabei zuwarf, sagte eigentlich schon alles, aber Jenna wurde klar, dass sie tatsächlich auch die Worte verstanden hatte. Klar und deutlich, auch wenn das gar nicht möglich war. Sie starrte die beiden Männer an, die jetzt begannen, sich in ihrer Sprache zu unterhalten. Sie sah ihnen auf die Lippen, studierte die Laute, die ihr doch eigentlich völlig fremd sein müssten

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