08 Geweihte des Todes - Adrian Lara
Zellreproduktionen in solcher Geschwindigkeit kommen einfach nicht vor. Menschliche Körper sind nicht dafür gemacht, solche Veränderungen ihrer Organe und Arterien auszuhalten, ganz zu schweigen von den Auswirkungen, die so was auf das zentrale Nervensystem haben muss.“
Mit über der Brust verschränkten Armen lehnte sich Brock neben Kade, Dante und Rio an die Wand. Er sagte nichts, versuchte, sich einen Reim darauf zu machen, was er da sah und hörte. Lucan hatte vor vorschnellen Schlussfolgerungen gewarnt, aber das alles deutete stark darauf hin, dass Jenna mit schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu rechnen hatte.
„Ich kapier das nicht“, sagte Nikolai von der anderen Seite des Techniklabors, wo er mit Tegan und Hunter am riesigen Konferenztisch saß. „Warum jetzt? Ich meine, wenn bisher doch alles normal war, warum jetzt plötzlich diese Mutationen in ihrem Blut und ihrer DNA ?“
Gideon zuckte vage mit den Schultern. „Vielleicht, weil sie bis gestern noch im Tiefschlaf lag, fast im Koma. Sobald sie wach war, hat sich ihre Muskelkraft sofort gesteigert. Brock hat das zuerst gemerkt, und dann haben wir’s auch gesehen, als Jenna vom Grundstück geflohen ist. Die Zellveränderungen könnten einfach eine verspätete Reaktion auf das Aufwachen sein. Dass ihr Bewusstsein zurückgekehrt ist, kann sich in ihrem Körper wie ein Schalter ausgewirkt haben.“
„Letzte Nacht ist sie angeschossen worden“, fügte Brock hinzu und biss das wütende Knurren zurück, das in seiner Kehle aufstieg. „Könnte das auch was damit zu tun haben?“
„Schon möglich“, sagte Gideon. „Ich schätze, alles ist möglich. Wir haben es hier mit etwas zu tun, das weder ich noch jeder andere hier im Raum je zuvor gesehen hat.“
„Ja“, stimmte Brock zu. „Schöner Mist!“
Im hinteren Teil des Techniklabors räusperte sich Sterling Chase, er hatte seinen Stuhl zurückgekippt und die Stiefel auf den Konferenztisch gelegt. „In Anbetracht der Lage ist es vielleicht keine so gute Idee, dieser Frau so viel Bewegungsfreiheit im Hauptquartier zu erlauben. Sie ist derzeit ein zu großes Fragezeichen. Wer weiß, sie könnte sogar eine wandelnde Zeitbombe sein.“
Einen langen Augenblick sagte niemand etwas. Brock hasste dieses Schweigen. Hasste Chase dafür, laut auszusprechen, worüber keiner der Krieger gerne nachdenken wollte.
„Was schlägst du vor?“, fragte Lucan und sah den ehemaligen Agenten der Dunklen Häfen ernst an.
Chase hob eine blonde Augenbraue. „Wenn ihr mich fragt, ich würde sie schleunigst aus dem Hauptquartier entfernen. Sie irgendwo sicher wegsperren, so weit weg von unserer Operation wie nur möglich, zumindest bis wir eine Chance haben, Dragos ein für alle Mal auszuschalten.“
Brock entfuhr ein tiefes, feindseliges Knurren. „Jenna bleibt hier.“
Gideon setzte seine Sonnenbrille wieder auf und nickte in Brocks Richtung. „Sehe ich auch so. Ich könnte es nicht verantworten, sie jetzt wegzubringen. Ich würde sie gerne im Auge behalten, um mir ein besseres Bild davon zu machen, was zellbiologisch und neurologisch mit ihr passiert.“
„Wie ihr wollt“, meinte Chase gedehnt. „Aber wenn ihr euch täuscht, sind wir alle dran.“
„Sie bleibt hier“, sagte Brock und durchbohrte den Ex-Agenten, der ihn jetzt vom anderen Ende des Tisches angrinste, mit wütenden Blicken.
„Du bist scharf auf diese Normalsterbliche, seit du sie zum ersten Mal gesehen hast“, bemerkte Chase, sein Tonfall war lässig, aber seine Miene herausfordernd. „Musst du dir da vielleicht irgendwas beweisen, mein Alter? Was könnte das wohl sein – bist du vielleicht einer dieser geborenen Retter von Jungfrauen in Not, ein Schutzheiliger verlorener Fälle? Bist du so einer?“
Mit einem einzigen Satz sprang Brock über den Tisch. Er wäre Chase an die Kehle gegangen, aber der Vampir war darauf vorbereitet und bewegte sich genauso schnell. Der Stuhl stürzte um, und im nächsten Sekundenbruchteil standen die beiden riesigen Männer sich Auge in Auge, Kinn an Kinn in einer Pattsituation gegenüber, die keiner von ihnen gewinnen konnte.
Brock spürte, wie starke Hände ihn von Chase wegzogen – Kade und Tegan waren da, bevor er Chase den Schlag verpassen konnte, den er verdiente. Und hinter Chase standen Lucan und Hunter, sie und der Rest der Krieger bereit, sofort dazwischenzugehen, sobald einer von ihnen wieder angreifen wollte.
Brock ließ sich widerstrebend von seinem Kameraden wegführen. Das
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