08 Geweihte des Todes - Adrian Lara
er seiner Privatarmee befehlen, auch jeden seiner Zeitgenossen der Zweiten Generation zu eliminieren.
Er saß in kontemplativem, fast gelangweiltem Schweigen da, während sein Leutnant eifrig die Einzelheiten des Plans durchging, den Dragos selbst erst vor wenigen Tagen ersonnen hatte. Der andere Stammesvampir legte ihm Schritt für Schritt, Schachzug für Schachzug, alles dar und versicherte ihm, dass nichts dem Zufall überlassen worden war.
„Der Gen Eins und seine Familie werden seit ihrer Rückkehr nach Hause rund um die Uhr überwacht“, sagte der Leutnant. „Wir erwarten nur noch Ihren Befehl, um die Operation zu starten, Sir.“
Dragos nickte vage. „Operation starten.“
„Jawohl, Sir.“
Dass der Leutnant sich tief verbeugte und katzbuckelnd davonschlich, erfüllte Dragos mit fast ebenso großer Befriedigung wie der Gedanke, dass dieser bevorstehende Offensivschlag dem Orden klarmachen würde, dass er vielleicht eine Schlappe erlitten hatte, aber alles andere als besiegt war.
Tatsächlich würde sein Aufenthalt in dem protzigen Bostoner Hotel – und mehrere wichtige Treffen mit einer handverlesenen Gruppe einflussreicher Menschen, die zu arrangieren Wochen gedauert hatte – Dragos’ Position auf seiner Ruhmesleiter weiter festigen. Er konnte den Erfolg praktisch schon auf der Zunge schmecken.
„Ach, und noch etwas“, rief Dragos seinem Verbündeten nach.
„Bitte, Sir?“
„Sollten Sie mich enttäuschen“, sagte er liebenswürdig, „können Sie sich darauf einstellen, dass ich Sie Ihr eigenes Herz fressen lasse.“
Der Mann nahm schlagartig die Farbe des schneeweißen Teppichbodens an. „Das werde ich nicht, Sir.“
Dragos lächelte und bleckte Zähne und Fänge. „Ich hoffe es für Sie.“
9
Nachdem seine Nachtpatrouille in der Stadt zu einem blutigen Gemetzel eskaliert war, betrachtete Brock es als persönlichen Triumph, dass es ihm seit seiner Rückkehr ins Hauptquartier gelungen war, Jenna den größten Teil des Tages aus dem Weg zu gehen. Nachdem er die Leichen der beiden Männer in einen eisigen Nebenarm des Mystic River geworfen hatte, war er bis fast zur Morgendämmerung allein draußen geblieben und hatte versucht, die Wut abzuschütteln, die ihm schon die ganze Nacht so hartnäckig folgte.
Selbst nachdem er an diesem Morgen schon wieder einige Stunden im Hauptquartier des Ordens war, brachte die ungerechtfertigte, völlig ungewollte Wut, die ihn beim Gedanken daran packte, dass auf eine unbewaffnete Frau geschossen worden war, seine Muskeln vor Gier nach Gewalt zum Vibrieren. Ein paar schweißtreibende Stunden mit den Klingen im Waffenraum hatten ihm geholfen, etwas Dampf abzulassen, so wie auch die vierzig Minuten unter der kochend heißen Dusche, die er sich nach dem Training verordnet hatte.
Er hätte sich verdammt gut gefühlt, wieder das Gefühl gehabt, dass der Kopf ihm wieder fest auf den Schultern saß, wenn Gideon nicht wenig später mit schlechten Neuigkeiten gekommen wäre.
Die erste war, dass Jenna ihn nach dem Frühstück mit den anderen Frauen gebeten hatte, ihr noch einmal Blut- und Gewebeproben zu entnehmen und zu testen. Sie hatte sich plötzlich wieder an etwas erinnert, das der Älteste mit ihr getan hatte – und laut Gideon war die sonst so robuste junge Frau ziemlich erschüttert gewesen.
Der zweite Schlag war fast sofort gekommen, nachdem die ersten Proben entnommen und durch die Analysegeräte gelaufen waren.
Seit Gideons letzten Tests hatten sich Jennas Blutbild und DNA erheblich verändert.
Gestern waren ihre Werte noch normal gewesen, heute überstiegen sie alle Grenzwerte.
„Wir können keine voreiligen Schlüsse ziehen, egal, was diese Ergebnisse uns zu sagen scheinen“, sagte Lucan schließlich in die Stille, seine tiefe Stimme war ernst.
„Vielleicht sollten wir noch mal eine Testreihe durchlaufen lassen“, meinte Tess, die einzige Frau, die sich momentan im Techniklabor befand. Sie sah von Gideons beunruhigenden Laborbefunden auf zu Lucan, Brock und dem Rest des Ordens, der einberufen worden war, um sie zu besprechen. „Soll ich Jenna für eine zweite Testreihe holen und zurück in die Krankenstation bringen?“
„Kannst du schon machen“, meinte Gideon, „aber noch ein Durchgang wird gar nichts ändern.“ Er nahm seine randlose blau getönte Sonnenbrille ab und warf sie auf das Computerterminal vor ihm. Dann kniff er sich in den Nasenrücken und schüttelte langsam den Kopf. „Solche DNA -Mutationen und
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