08 Geweihte des Todes - Adrian Lara
gewusst hätte, hätte ich diesem Treffen nicht zugestimmt. Es ist Ihnen doch klar, dass die Nutzung von Ressourcen der Staats- und Bundesbehörden durch Privatpersonen illegal ist und schwere Konsequenzen nach sich ziehen kann.“
Jenna zuckte leicht mit der Schulter. Sie würde sich nicht mit Drohungen über Protokoll und Prozedere einschüchtern lassen, dafür hatte sie diese Karte schon viel zu oft selbst ausgespielt, als sie noch Dienstmarke und Uniform getragen hatte. „Nennen Sie mich einfach neugierig. Eine Minengesellschaft im Binnenland ist in Rauch aufgegangen – im wörtlichen Sinn –, und niemand vom Mutterkonzern hat sich die Mühe gemacht, sich bei der Stadt auch nur zu entschuldigen. Die Aufräumarbeiten werden nicht billig, und die Stadtväter von Harmony wüssten gerne, wohin sie die Rechnung schicken sollen.“
Unter dem grellen Licht der Neonröhren an der Decke brachte Chos unverwandter Blick ihre Adern seltsam zum Summen. „Ihr Interesse an dieser Angelegenheit ist somit in erster Linie das einer besorgten Bürgerin, verstehe ich Sie da richtig, Ms Darrow?“
„Stimmt genau. Und die Polizistin in mir muss sich einfach fragen, wer eigentlich hinter einem so undurchsichtigen Konzern wie TerraGlobal Partners steckt. Soweit ich herausfinden konnte, und viel ist es nicht, sind da nur Geister und Phantome angestellt.“
Cho starrte sie über den Tisch hinweg weiter so beunruhigend an. „Was genau haben Sie herausgefunden, Ms Darrow? Ich wäre sehr interessiert daran, mehr zu erfahren.“
Jenna senkte das Kinn und musterte ihn aus schmalen Augen. „Sie erwarten von mir, dass ich Ihnen meine Informationen preisgebe, einfach so, ganz ohne Gegenleistung? So läuft das nicht mit mir. Sie zuerst, Special Agent Cho. Warum ist Ihre Behörde so an TerraGlobal interessiert?“
Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und legte mit einem dünnen Lächeln die Fingerspitzen aneinander. „Ich fürchte, diese Informationen sind geheim.“
Damit war ihr Treffen offenbar für ihn beendet, aber sie wollte verdammt sein, wenn sie den ganzen weiten Weg hergekommen war, nur um sich jetzt von so einem blasierten Anzugträger abschmettern zu lassen, der es sichtlich genoss, mit ihr zu spielen. Und je länger sie ihn ansah, desto mehr machte seine ausdruckslose Miene ihr Gänsehaut.
Sie zwang sich, ihr Unbehagen zu ignorieren, und versuchte es mit einer versöhnlicheren Taktik. „Hören Sie, das ist mir klar. Sie sind ja dazu verpflichtet, mir die offizielle Antwort zu geben. Ich hatte nur gehofft, dass wir als zwei vom Fach einander hier ein wenig aushelfen könnten.“
„Ms. Darrow, ich sehe an diesem Tisch nur einen vom Fach. Und selbst wenn Sie immer noch im aktiven Polizeidienst wären, könnte ich Ihnen keine Informationen über TerraGlobal geben.“
„Ach, kommen Sie schon“, antwortete sie frustriert. „Geben Sie mir einen Namen. Nur einen Namen, eine Adresse, irgendwas.“
„Wann genau haben Sie Alaska verlassen, Ms Darrow?“, fragte er beiläufig, ignorierte ihre Frage und musterte sie mit seltsam zur Seite gelegtem Kopf. „Haben Sie Freunde hier bei uns? Vielleicht Angehörige?“
Sie schnaubte verächtlich und schüttelte den Kopf. „Sie rücken nichts raus, was? Sie haben diesem Treffen nur zugestimmt, weil Sie dachten, dass Sie etwas Nützliches aus mir herausbekommen würden, das Ihren eigenen Interessen dient.“
Sein Schweigen war ihr Antwort genug. Er öffnete sein ledergebundenes Notizbuch und begann, sich auf dem kanariengelben Papier Notizen zu machen. Einen Augenblick saß Jenna da und starrte ihn an, sie war sich so absolut sicher, dass dieser zugeknöpfte, sonderbare FBI -Agent all die Antworten hatte, die sie und der Orden so verzweifelt brauchten, um Dragos auf die Spur zu kommen.
„Na gut“, sagte sie und dachte sich, dass es an der Zeit war, die einzige Karte auszuspielen, die sie noch in der Hand hatte. „Sie geben mir keine Namen, dann gebe ich Ihnen eben einen. Gordon Fasso.“
Chos Hand hielt mitten im Satz inne. Das war der einzige Hinweis darauf, dass dieser Name ihm überhaupt etwas sagte. Als er aufsah, war sein Gesichtsausdruck völlig leer, und seine seltsam stumpfen Augen verrieten nichts. „Wie bitte?“
„Gordon Fasso“, sagte sie und wiederholte den Decknamen, den Dragos benutzte, wenn er sich unter den oberen Zehntausend der Menschen bewegte. Sie beobachtete Chos Gesicht, versuchte, in dem unverwandten, haifischartigen Blick seine Reaktion zu
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