Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

08 Geweihte des Todes - Adrian Lara

Titel: 08 Geweihte des Todes - Adrian Lara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Lara
Vom Netzwerk:
verunsichern zu lassen. Er war besorgt – zutiefst besorgt über sie, und ein Teil von ihr reagierte auf seine Besorgnis mit einem Gefühl, das sie lieber ignorieren wollte. „Ich erinnere mich auch nicht daran, dich gebeten zu haben, mir zu sagen, was ich tun oder lassen soll. Ich treffe meine eigenen Entscheidungen. Du und der Orden denkt vielleicht, ihr könntet mich an der Leine halten oder unter ein verdammtes Mikroskop stecken, solange es euch passt. Bisher habe ich mitgespielt, aber verwechsle das bloß nicht mit Kontrolle. Ich bin die Einzige, die über mein Leben bestimmt.“
    Als sie seinen grollenden Blick nicht länger ertragen konnte, wandte sie sich ab, ging zum Sofa zurück und machte sich damit zu schaffen, den kleinen Stapel von Büchern aufzuräumen, in denen sie in ihren ruhelosen letzten Stunden geblättert hatte.
    „Himmel, bist du vielleicht ein Sturkopf!“ Er stieß einen leisen Fluch aus. „Das ist dein größtes Problem.“
    „Was zum Teufel soll das heißen?“ Sie sah sich wütend nach ihm um und merkte überrascht, dass er direkt hinter ihr stand. Nahe genug, um sie zu berühren. So nahe, dass sie seine Körperwärme in jedem erwachten Nervenende ihres Körpers spürte. Sie stählte sich innerlich gegen die maskuline Kraft, die von seinem riesigen Körper ausstrahlte, und hasste es, wie heftig sie ihn begehrte, sogar jetzt noch, wo sie doch kochte vor Wut.
    Sein Blick durchdrang sie, schien sie zu durchbohren. „Du hast ein Problem mit Kontrolle, Jenna. Du kannst einfach nicht ertragen, sie abzugeben, nicht?“
    „Du hast keine Ahnung, wovon du redest.“
    „Ach ja? Ich wette, du warst schon als kleines Mädchen so.“ Sie wandte sich von ihm ab, während er redete, entschlossen, sich nicht von ihm provozieren zu lassen. Sie schnappte sich einen Arm voller Bücher und trug sie zu den Einbauregalen hinüber. „Du bist schon dein ganzes Leben so gewesen, nicht? Alles muss nach deinem Kopf gehen, stimmt’s? Bloß keinem anderen die Zügel in die Hand geben, koste es, was es wolle. Du gibst keinen Zentimeter nach, bis du nicht deinen Dickkopf durchgesetzt hast, und du bestimmst, wo’s langgeht.“
    So gerne sie das auch abstreiten wollte, er lag damit gar nicht so daneben. Sie erinnerte sich an ihre Kinderjahre, an all die Spielplatzraufereien und waghalsigen Streiche, in die sie sich hatte hineinziehen lassen, nur um zu beweisen, dass sie keine Angst hatte. Später bei der Polizei war es keinen Deut anders gewesen, nur in größerem Maßstab, mit Kugeln statt Fäusten, aber immer noch hatte sie beweisen wollen, dass sie so gut war wie jeder Mann – sogar noch besser.
    Ehe und Mutterschaft hatten neue Hürden mit sich gebracht, die sie bewältigen musste, und das war der eine Lebensbereich, in dem sie kläglich versagt hatte. Während Brocks herausfordernde Worte hinter ihr verklangen, blieb sie vor dem Bücherregal stehen, schloss die Augen und erinnerte sich an den Streit, den sie und Mitch in der Unfallnacht gehabt hatten. Auch er hatte ihr ihren Sturkopf vorgehalten. Er hatte recht gehabt, aber ihr selbst war das erst klar geworden, als sie Wochen später ohne ihre Familie im Krankenhaus aufgewacht war.
    Doch das hier war etwas anderes. Brock war nicht ihr Mann. Nur weil sie einmal miteinander im Bett gewesen waren – und trotz der sexuellen Spannung, die immer noch zwischen ihnen knisterte, sobald sie einander nahe kamen –, gab ihm das kein Recht, sich dermaßen in ihre Entscheidungen einzumischen.
    „Willst du wissen, was ich denke?“, fragte sie, als sie jedes Buch zurück an seinen Platz im Regal stellte, ihre Bewegungen abgehackt vor Verärgerung. „Ich denke, du bist hier derjenige, der ein Problem hat. Du hast keine Ahnung, wie du mit einer Frau umgehen sollst, die deinen Schutz nicht braucht. Eine reale Frau, die allein bestens klarkommt und die dir nicht erlaubt, dich dafür verantwortlich zu fühlen, wenn ihr was passiert. Dir geht es nur darum, dir selbst die Schuld daran zu geben, dass du irgendeinem imaginären Maßstab nicht gerecht werden kannst, den du dir gesetzt hast – irgendeinem unerreichbaren Anspruch von Ehre und Pflichtgefühl. Wenn du hier schon über Probleme reden willst, dann versuch’s gefälligst mal mit deinen eigenen.“
    Er war so ruhig geworden, dass Jenna schon dachte, er wäre aus dem Zimmer gegangen. Aber als sie sich umdrehte, um zu sehen, ob er fort war, sah sie ihn beim Sofa stehen, mit dem alten Foto in der Hand, das sie

Weitere Kostenlose Bücher