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08 - Im Angesicht des Feindes

08 - Im Angesicht des Feindes

Titel: 08 - Im Angesicht des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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die auf dem Kanal dahinpaddelten, war es totenstill. Robin fragte sich, ob das allgemeine Schweigen Ehrfurcht vor dem Tod ausdrückte oder lediglich die Konzentration von Profis, die ihre Arbeit taten. Er wischte sich die schweißfeuchten Hände an der Hose ab, schluckte, befahl seinem Magen, Ruhe zu bewahren, und stieg aus dem Auto, um sich seinem ersten Mord zu stellen. Bis jetzt allerdings hatte noch niemand von Mord gesprochen, wie er sich ins Gedächtnis rief. Sergeant Stanley hatte nur gesagt: »Wir haben die Leiche eines Kindes.« Ob dieser Tod als Mord klassifiziert werden würde oder nicht, hing vom Befund der Ärzte ab.
    Detective Sergeant Stanley stand oben auf der Brücke. Er sprach mit einem Pärchen, zwei jungen Leuten, die sich aneinanderschmiegten, als suchten sie Wärme. Kein Wunder. Beide waren mehr als dürftig bekleidet. Die Frau trug nichts außer einem schwarzen Bikini, der aus drei handgroßen Stoffdreiecken bestand. Der Mann hatte nur weiße Shorts an. Das Pärchen gehörte offenbar zu einem schmalen Boot, das östlich des Schilfs im Kanal vertäut war. Die Worte Just Married, die mit Rasierseife auf die Fenster des Bootes gespritzt waren, verrieten, was sie hierhergeführt hatte. Gemächlich den Kanal hinunterzugondeln war im Frühjahr und Sommer ein beliebtes Freizeitvergnügen, ebenso wie Wanderungen auf dem alten Treidelpfad, Besichtigungen der Schleusen und Campingausflüge von Reading bis Bath.
    Detective Sergeant Stanley blickte auf, als Robin sich näherte. Er klappte sein Notizbuch zu, sagte zu dem jungen Paar: »Warten Sie bitte hier« und schob das Notizbuch in die Hüfttasche seiner Jeans. Einen Moment kramte er in seiner ledernen Motorradjacke, zog eine Packung Embassy heraus und hielt sie Robin hin.
    »Da drüben«, sagte er, nachdem sie sich beide eine Zigarette angezündet hatten. Er wies Robin zu der Böschung, die zum Treidelpfad hinunterführte. Seine Zigarette zwischen Daumen und Zeigefinger haltend, sprach er, wie das seine Gewohnheit war, aus dem Mundwinkel, als berge jedes seiner Worte ein Geheimnis, das zwischen ihm und seinem Gesprächspartner bleiben müsse. »Hochzeitsreisende.« Er lachte kurz und deutete mit der Zigarette auf das schmale Boot. »Das Ding haben sie gemietet. Und da es ja noch ein bißchen früh ist, um für den Abend festzumachen, und die Landschaft rundherum auch nicht gerade sehenswert ist, kann man sich leicht vorstellen, was die beiden im Sinn hatten, als sie hier angehalten haben, hm?« Den Blick auf den Kahn gerichtet, fügte er hinzu: »Man braucht sich die Kleine ja nur anzusehen. Na los, Junge, schauen Sie sie sich an.«
    Robin tat wie geheißen. Das Bikinihöschen der jungen Frau hatte hinten nur einen unanständig schmalen Stoffstreifen, der zwischen ihren straffen, sonnengebräunten Gesäßbacken verschwand. Auf einer dieser Gesäßbacken ruhte besitzergreifend die linke Hand des jungen Mannes. Robin hörte, wie Detective Sergeant Stanley leise durch die Zähne pfiff.
    »Der hatte wahrscheinlich Lust, seine ehelichen Rechte auszuüben. Und ich muß sagen, ich hätt' selbst nichts dagegen, die Puppe zu vernaschen. Mann, hat die einen Arsch. Na, Junge?«
    »Was?«
    »Wenn die Sie ranlassen würde.«
    Robin wußte, daß er bis an die Haarwurzeln rot wurde, und senkte hastig den Kopf, um es zu verbergen. Er stieß seine Schuhspitze in die Erde und schnippte Zigarettenasche weg, anstatt eine Antwort zu geben.
    »Also, folgendes ist passiert«, fuhr Sergeant Stanley fort, immer noch aus dem Mundwinkel sprechend. »Sie fahren rüber an den Rand, um sich ein bißchen miteinander zu vergnügen. Bestimmt zum fünftenmal heute, aber was soll's, sie sind schließlich frisch verheiratet. Er klettert raus, um das Boot festzumachen - seine Hände zittern, und sein Schwanz steht raus wie ein Periskop auf der Suche nach dem Feind. Er sucht eine Stelle, wo er den Pfahl reinrammen kann, um das Boot zu vertäuen - Sie können ihn sehen, da am Ende des Stricks -, und wie er damit fertig ist, findet er die Leiche des Kindes. Er und der Nacktarsch rennen wie die Teufel rüber zur Manor Farm und rufen von dort aus an. Und jetzt haben sie's eilig, hier wegzukommen. Warum, ist ja wohl klar, was?«
    »Sie glauben doch nicht, daß sie was mit -«
    »Daß sie mit der Sache was zu tun haben?« Der Sergeant schüttelte den Kopf. »Nein, die wollen nur schnellstens was miteinander zu tun haben. So 'ne Leiche am Weg kann bei denen die Leidenschaft nicht dämpfen,

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