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08 - Im Angesicht des Feindes

08 - Im Angesicht des Feindes

Titel: 08 - Im Angesicht des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Käfig mit Finken: frisches Wasser, frische Körner, frisches Papier auf dem Boden. Fin Regal voller Bücher von Dahl bis Dickens, nach Autoren geordnet. Und in einer Ecke eine Truhe mit schwarzen schmiedeeisernen Beschlägen, in der, wie Luxford wußte, völlig unbeachtet ein Cricketschläger, ein Tennisracket, ein Fußball, Rollerblades, ein Chemiebaukasten, eine Sammlung Spielzeugsoldaten und ein Judoanzug lagen.
    »Leo«, sagte er leise, »was sollen wir nur mit dir anfangen?«
    Nichts, hätte Fiona ihm entschieden geantwortet. Gar nichts. Er ist völlig in Ordnung. Das Ganze ist dein Problem.
    Luxford wollte nicht über Fionas Urteil nachdenken. Er beugte sich zu seinem Sohn hinunter, gab ihm einen leichten Kuß auf die Wange und knipste die Lampe auf dem Nachttisch aus. Er blieb auf dem Bett sitzen, bis die plötzliche totale Finsternis im Zimmer von dem Licht durchdrungen wurde, das durch die geschlossenen Vorhänge sickerte. Als er die Umrisse der Möbelstücke und die scharfen Linien der Bilderrahmen an den Wänden erkennen konnte, ging er aus dem Zimmer.
    Fiona war in der Küche, als er hinunterkam. Sie stand an der Arbeitsplatte und schüttete Espressobohnen in die Kaffeemühle. In dem Moment, als sein Schritt auf den Küchenfliesen zu hören war, stellte sie die elektrische Mühle an.
    Er wartete. Sie goß Wasser in die Espressomaschine. Sie steckte das Kabel ein. Sie drückte den frisch gemahlenen Kaffee in den Filter und schaltete die Maschine ein. Ein gelbes Licht glühte auf. Die Maschine begann zu summen. Mit dem Rücken zu ihm blieb sie vor ihr stehen, als wartete sie auf ihren Espresso.
    Er kannte die Anzeichen. Er wußte, was eine Frau ausdrücken wollte, wenn sie einem Mann statt ihres Gesichts den Rücken zuwandte. Dennoch ging er zu ihr. Er legte seine Hände auf ihre Schultern. Er schob ihr Haar zur Seite. Er küßte ihren Hals. Vielleicht, dachte er, konnten sie einfach so tun, als wäre nichts gewesen. »Der wird dich wach halten«, murmelte er.
    »Das soll mir nur recht sein. Ich will gar nicht schlafen.«
    Sie brauchte nicht zu sagen: jedenfalls nicht mit dir. Luxford wußte genau, in was für einer Stimmung sie war. Er spürte es am Widerstand ihrer Muskeln unter seinen Fingern. Er senkte die Hände.
    Sie nahm eine Tasse und stellte sie unter einen der beiden Hähne der Espressomaschine. Ein dünner Strahl schwarzen Kaffees begann aus dem Filter zu rinnen.
    »Fiona.« Er wartete darauf, daß sie ihn ansehen würde. Sie tat es nicht. Ihre ganze Konzentration galt dem Kaffee. »Es tut mir leid. Ich wollte ihn nicht so außer Fassung bringen. Soweit wollte ich es nicht kommen lassen.«
    »Was wolltest du dann?«
    »Ich wollte mit ihm reden. Ich habe es am Freitag beim Mittagessen versucht, aber es hat zu nichts geführt. Ich dachte, wenn ich es noch mal versuche, mit uns drei zusammen, könnten wir die Sache klären, ohne daß Leo einen Aufstand macht.«
    »Weil du das nicht aushalten kannst, nicht?« Sie ging zum Kühlschrank und holte einen Karton Milch heraus. Sie goß eine genau bemessene kleine Menge davon in ein Kännchen aus rostfreiem Edelstahl, kehrte zur Espressomaschine zurück und stellte das Kännchen auf die Arbeitsplatte. »Wie kann sich ein achtjähriger Junge unterstehen, einen Aufstand zu machen! Richtig, Dennis?« Sie stellte an der Maschine etwas ein und begann, die Milch zu erhitzen. Zornig schwenkte sie das Kännchen. Dampf zischte. Die Milch begann zu schäumen.
    »Das ist nicht fair von dir. Es ist nicht einfach, mit einem Kind zu reden, das jeden Versuch einer Diskussion als Aufforderung zu einem hysterischen Anfall auffaßt.«
    »Er war nicht hysterisch!« Sie knallte das Milchkännchen auf die Arbeitsplatte.
    »Fiona!«
    »Nein, war er nicht!«
    Luxford fragte sich, wie sonst sie es nennen wollte: Seine wenigen wohlbedachten Bemerkungen über die Freuden und Herrlichkeiten des Knabeninternats Baverstock hatten genügt, daß Leo sich in Tränen auflöste. Auf die Tränen war Schluchzen gefolgt. Auf das Schluchzen lautes Geheul. Und am Ende war Leo nur noch ein strampelndes Bündel, das mit Fäusten auf die Sofakissen einschlug. Wenn diese für Leo so typische Reaktion auf jede kleine Widrigkeit des Lebens nicht Hysterie war, was dann?
    Aber in Baverstock würde man ihm das austreiben; vor allem deshalb war Luxford entschlossen, Leo aus diesem behüteten Dasein unter Fionas Fittichen herauszureißen und in eine härtere Welt hineinzustoßen. Eines Tages würde er mit

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