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08 - Im Angesicht des Feindes

08 - Im Angesicht des Feindes

Titel: 08 - Im Angesicht des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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unbedingt alles in ihm zerstören, was besonders ist.«
    »Wenn es etwas Besonderes ist und echt, kann es nicht zerstört werden.«
    Sie drehte den Kopf und sah zu ihm auf. »Glaubst du das?«
    »Alles, was ich immer war, lebt in mir«, sagte er ohne Rücksicht darauf, ob er die Wahrheit sprach oder log, einzig darauf bedacht, die Harmonie zwischen ihnen wiederherzustellen.
    »Alles, was an Leo besonders ist, wird in ihm lebendig bleiben. Wenn es stark und echt ist.«
    »Aber man sollte einen achtjährigen Jungen keiner Feuerprobe unterziehen.«
    »Nein, aber man kann ihm Gelegenheit geben, sich selbst zu prüfen. Was in ihm stark ist, wird bestehen.«
    »Und darum, findest du, soll er diese neuen Erfahrungen machen?« fragte sie. »Um seinen Willen zu prüfen, der zu sein, der er ist?«
    Er sah ihr direkt in die Augen und log ohne die geringsten Gewissensbisse. »Ja, genau darum.«
    Er drückte sie an sich und wandte seine Aufmerksamkeit dem Bildschirm zu. Vor dem Hintergrund eines ruhigen Wasserlaufs, den er zunächst für einen Fluß gehalten hatte, stand eine Reporterin mit Mikrofon und sagte gerade: »... am Kennet & Avon-Kanal, wo heute am späten Nachmittag Mr. und Mrs. Esteban Marquedas - ein junges Paar auf Hochzeitsreise, auf einer Bootsfahrt von Reading nach Bath -, die Leiche eines unbekannten kleinen Mädchens zwischen sechs und zehn Jahren entdeckten. Obwohl die Polizei die Untersuchungen sofort aufgenommen hat, steht noch nicht fest, ob der Todesfall als Mord, Selbstmord oder Unfall einzuordnen ist. Aus Polizeikreisen verlautete, daß die zuständige Kriminalpolizei am Tatort war und gegenwärtig über den Polizeicomputer versucht, die Identität des Kindes festzustellen. Wer im Besitz von Informationen ist, die der Polizei bei ihren Ermittlungen weiterhelfen können, wird gebeten, sich mit der Polizeidienststelle Amesford in Verbindung zu setzen.« Sie gab die Telefonnummer an, die gleichzeitig am unteren Bildrand erschien. Dann nannte sie ihren Namen und ihren Sender und richtete zum Schluß ihren Blick mit einem Ausdruck feierlichen Ernstes, den sie zweifellos für dem Anlaß angemessen hielt, auf das stille Wasser des Kanals.
    Fiona sagte irgend etwas, aber Luxford nahm ihre Worte nicht auf. Statt dessen hörte er die Stimme eines Mannes, der sagte: »Ich leg sie um, Luxford, wenn Sie die Story nicht bringen«, und überblendet die Stimme Eves, die sagte: »Ich würde lieber sterben, als dir noch in die Hände zu spielen.«
    Abrupt stand er auf. »Dennis«, sagte Fiona. Er schüttelte den Kopf und suchte krampfhaft nach einer Erklärung. Ihm fiel nichts Besseres ein als: »Ach, verdammt! Ich hab' vergessen, Rodney wegen der morgigen Besprechung Bescheid zu sagen.«
    Er eilte hinaus, auf der Suche nach einem Telefon, das so weit wie irgend möglich vom Wohnzimmer weg war.

14
    Detective Inspector Thomas Lynley hörte am folgenden Nachmittag um fünf von der Leiche im Kanal. Er war soeben von einem weiteren Gespräch mit der Staatsanwaltschaft nach New Scotland Yard zurückgekommen. Er hatte nie Wert darauf gelegt, in Mordfällen zu ermitteln, die großes öffentliches Aufsehen erregten, und der Fall, den die Staatsanwaltschaft derzeit zum Prozeß vorbereitete - es ging dabei um den Erstickungstod eines Spielers der Cricket-Nationalmannschaft -, hatte ihn stärker ins Rampenlicht gerückt, als ihm lieb war. Doch das Interesse der Medien war jetzt, da der Fall auf dem Schreibtisch der Staatsanwaltschaft gelandet war, im Abflauen begriffen. Es würde vor Prozeßbeginn sicher nicht wieder aufflammen, und er fühlte sich wie von einem schweren Klotz befreit, den er wochenlang am Bein gehabt hatte.
    Er war mit der Absicht, endlich etwas Ordnung zu machen, in sein Büro zurückgekehrt. Im Lauf der letzten Untersuchung hatte das Chaos dort gigantische Dimensionen angenommen. Neben den Berichten, Aufzeichnungen, Protokollen, Tatortdokumentationen und den Bündeln von Zeitungsausschnitten, die sich im Verlauf dieser speziellen Ermittlung angesammelt hatten, galt es auch noch, die Unmengen von Schaubildern, Karten, Zeitplänen, Computerausdrucken, Akten und anderen Unterlagen zu ordnen, die man ihm zur Sichtung, Ablage und Weiterleitung übergeben hatte, nachdem, der Festnahme der Täterin folgend, der Ereignisraum aufgelöst worden war. Er hatte den größten Teil des Vormittags über den Papieren gesessen und war dann gegangen, um seinen Termin bei der Staatsanwaltschaft wahrzunehmen. Er war eisern

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