08 - Im Angesicht des Feindes
anhängen wollen? Du hast einen Fehler gemacht. Du bist schwanger geworden. Du hast ein Kind bekommen. Du hast es aufgezogen, für es gesorgt und dein Leben weitergelebt. Da ist doch für die Presse nichts zu holen.«
»Du verstehst nicht.«
»Was gibt's zu verstehen?«
»Das ist Dennis Luxfords Zeitung, Alex. Charlottes Vater ist der Chefredakteur dieses Blattes und war Redakteur eines ähnlich widerlichen Blattes, als wir unsere -« Sie zwinkerte hastig, und einen Moment lang glaubte er, sie würde tatsächlich die Fassung verlieren. »Er war bei einem dieser Revolverblätter - immer auf der Jagd nach dem gemeinsten Klatsch, den er auftreiben konnte, ständig darauf aus, jeden in den Dreck zu ziehen, den er demütigen wollte -, als wir in Blackpool unsere kleine Affäre hatten.«
Er wandte den Blick von ihr ab und richtete ihn wieder auf die Zeitungen. Wenn er sie nicht richtig gehört hatte, sagte er sich, brauchte er es nicht zu glauben. Sie machte eine Bewegung, und er sah, daß sie ihr Weinglas ergriffen hatte und es hochhielt, als wollte sie einen Toast ausbringen. Doch sie tat es nicht, sondern sagte statt dessen: »Eve Bowen, zukünftige Abgeordnete der Konservativen Partei, zukünftige Staatssekretärin und zukünftige Premierministerin, damals erzkonservative, gottesfürchtige, selbstgerechte kleine Reporterin, ist mit der übelsten Dreckschleuder des Landes ins Bett gehüpft. Das wird für die Presse noch ein gefundenes Fressen sein. Und dieses Schmierblatt wird die Meute anführen.«
Alex wollte etwas sagen, doch es fiel ihm schwer, weil er in diesem Moment nichts empfand als eine eisige Kälte, die sein Herz einzufrieren schien. Selbst seine Stimme klang wie tot.
»Damals warst du noch nicht im Parlament.«
»Eine Nuance, die die Öffentlichkeit bestimmt mit Freuden übersehen wird, das versichere ich dir. Man wird sich vielmehr mit größtem Vergnügen vorstellen, wie wir beide im Hotel in Blackpool auf heimlichen Liebespfaden gewandelt sind und uns mit ungezügelter Leidenschaft wilder Lust hingegeben haben, ich mit gespreizten Beinen auf einem Bett im Hotelzimmer, danach lechzend, daß Luxford mich mit seinem mächtigen Organ im Innersten aufwühlt, und am nächsten Morgen wieder die brave Jungfer Rühr-mich-nicht-an für die Kollegen. Und dann habe ich jahrelang mit diesem Geheimnis gelebt. Habe behauptet, ich fände alles, wofür dieser Mann steht, zutiefst unmoralisch und verwerflich.«
Alex starrte sie an. Er betrachtete ihr Gesicht, das er so gut kannte: das wohlfrisierte Haar, die klaren hellbraunen Augen, das etwas zu spitze Kinn, die zu schmale Oberlippe. Er dachte: Das ist meine Frau. Das ist die Frau, die ich liebe. Niemand kennt mich so, wie sie mich kennt. Aber kenne ich sie? Er sagte tonlos: »Und tust du das denn nicht? Tatest du es denn nicht?«
Ihr Blick schien sich zu verdunkeln. Als sie ihm antwortete, klang ihre Stimme merkwürdig distanziert. »Wie kannst du mich das überhaupt fragen, Alex?«
»Weil ich es wissen möchte. Ich habe ein Recht, es zu wissen.«
»Was zu wissen?«
»Wer zum Teufel bist du?«
Sie antwortete nicht. Sie sah ihm nur schweigend in die Augen, ehe sie den Topf vom Herd nahm und zum Spülbecken trug, wo sie die Fettuccine in ein Sieb abgoß. Mit einer Gabel hob sie einen Strang Nudeln hoch. »Du hast sie verkochen lassen, Alex«, sagte sie ruhig. »So etwas hätte ich von dir nicht erwartet.«
»Antworte mir!«
»Ich glaube, das habe ich eben getan.«
»Der Irrtum war die Schwangerschaft«, sagte er, »nicht die Wahl des Partners. Du wußtest, wer er ist, als du mit ihm geschlafen hast. Du mußt es gewußt haben.«
»Ja. Ich wußte es. Möchtest du, daß ich dir sage, es hat keine Rolle gespielt?«
»Ich möchte, daß du mir die Wahrheit sagst.«
»Gut. Es hat keine Rolle gespielt. Ich wollte mit ihm schlafen.«
»Warum?«
»Er hat mich geistig gefordert. Und das ist etwas, was die meisten Männer nicht einmal versuchen, wenn es ihnen darum geht, eine Frau zu verführen.«
Alex stürzte sich auf das Wort, weil er es brauchte. »Er hat dich verführt.«
»Das erstemal. Danach war es nicht mehr nötig. Danach beruhte es auf Gegenseitigkeit.«
»Du hast also mehr als einmal mit ihm gevögelt.«
Sie zuckte nicht vor dem Wort zurück, wie er sich das gewünscht hätte. »Ich habe während der ganzen Konferenz mit ihm geschlafen. Jede Nacht. Und beinahe jeden Morgen.«
»Wunderbar.« Er schob die Zeitungen zusammen. Er steckte sie wieder
Weitere Kostenlose Bücher