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08 - Im Angesicht des Feindes

08 - Im Angesicht des Feindes

Titel: 08 - Im Angesicht des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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als die hier.«
    Betont langsam und ordentlich legte Luxford seine Speisekarte nieder. Er blickte von den Blumen - deren Namen er nicht einmal hätte nennen können, wenn sein Leben davon abgehangen hätte - zu seinem strapaziösen Sohn. Da mußte wirklich das Knabeninternat Baverstock her. Und je eher, desto besser. Sonst würden Leo seine Schrullen bald nicht mehr auszutreiben sein. Woher hatte er überhaupt dieses ganze unkindliche Wissen? Natürlich sprach Fiona über solche Dinge, aber Luxford wußte genau, daß es seiner Frau nicht eingefallen wäre, sich mit Leo hinzusetzen und ihm Vorträge über die Wunder der Natur zu halten oder ihn zur Lektüre von Kunstbüchern und zur Verehrung von Fred Astaire anzuhalten. »Dennis, er braucht nichts von mir«, hatte sie mehr als einmal spätabends, wenn Leo längst im Bett war, zu ihm gesagt. »Er ist ein völlig eigenständiger kleiner Mensch, ein wunderbarer kleiner Mensch. Warum willst du ihn unbedingt zu deinem Ebenbild machen?«
    Aber Luxford wollte seinen Sohn gar nicht zu einer Miniaturausgabe seiner selbst machen. Er wollte ihn lediglich zu einer Miniaturausgabe Leos, des zukünftigen Erwachsenen, machen. Er wollte nicht glauben, daß dieser jetzige Leo eine Art Vorform des künftigen Leo war. Der Junge brauchte nur Führung, eine feste Hand und ein paar Jungs in einem guten Internat.
    Als die Kellnerin kam, um ihre Bestellung aufzunehmen, entschied Luxford sich für das Kalbsfrikassee. Leo sagte schaudernd: »Das ist ein Kuhbaby, Dad« und bestellte Hüttenkäse mit Ananas auf Toast. »Und Pommes frites dazu«, sagte er und erklärte seinem Vater ehrlich, wie er war: »Die gehen aber extra.«
    »Schon in Ordnung«, sagte Luxford. Nachdem sie sich noch etwas zu trinken bestellt hatten und die Kellnerin gegangen war, starrten sie beide schweigend auf die Blumen, die Leo neu geordnet hatte.
    Es war noch früh, kurz vor Mittag, und das Restaurant war fast leer. Nur zwei Tische außer ihrem waren besetzt, und die befanden sich am anderen Ende des Raumes hinter hohen Topfpflanzen. Es gab keine Ablenkung. Gut so, dachte Luxford, es ist Zeit zu reden.
    Er eröffnete das Gespräch. »Leo, ich weiß, du freust dich nicht besonders auf Baverstock. Das hat mir deine Mutter gesagt. Aber du weißt doch sicher, daß ich eine solche Entscheidung niemals treffen würde, wenn ich nicht überzeugt wäre, daß sie zu deinem Besten ist. Es ist die Schule, die ich auch besucht habe, das weißt du ja. Und bei mir hat sie Wunder gewirkt. Sie hat mich geformt, mir das nötige Rückgrat und Selbstvertrauen für das Leben gegeben. Bei dir wird das genauso sein.«
    Leo argumentierte so, wie Fiona es vorausgesagt hatte.
    Mit dem Fuß schlug er rhythmisch ans Stuhlbein, während er sprach. »Großvater war doch auch nicht dort. Und Onkel Jack auch nicht.«
    »Richtig. Das ist wahr. Aber ich möchte, daß du mehr erreichst als die beiden.«
    »Wieso? Was ist denn an einem Laden nicht in Ordnung? Was hast du gegen den Flughafen?«
    Es war eine unschuldige Frage, in ruhigem, unschuldigem Ton vorgebracht. Aber Luxford fiel es nicht ein, sich jetzt auf eine Diskussion über das Elektrogeschäft seines Vaters oder die Stellung seines Bruders beim Sicherheitsdienst in Heathrow einzulassen. Das hätte Leo so gepaßt! Sich hinter einem Themawechsel zu verstecken. Aber Leo hatte im Moment nichts zu bestimmen.
    »Es ist ein Privileg, eine Schule wie Baverstock besuchen zu dürfen.«
    »Aber du sagst doch immer, Privilegien sind Quatsch«, entgegnete Leo.
    »Ich meine nicht Privileg in diesem Sinn. Ich meine, die Möglichkeit, auf eine Schule wie Baverstock zu gehen, sollte man nicht leichtfertig vergeben. Jeder vernünftige Junge würde mit Freuden deinen Platz einnehmen.« Luxford beobachtete einen Moment schweigend seinen Sohn, der mit dem Besteck spielte und versuchte, die Messerklinge zwischen den Zacken der Gabel auszubalancieren. Er schien völlig unbeeindruckt von dem Privileg, das sein Vater ihm bot. »Der Unterricht ist erstklassig«, fuhr Luxford fort. »Und modern. Ihr arbeitet dort mit Computern, ihr betreibt wissenschaftliche Forschung. Sie haben eine große technische Werkstatt, wo man alles bauen kann, was man will - sogar ein Hovercraft, wenn man den technischen Verstand dazu hat.«
    »Ich will aber nicht da hin.« »Paß mal auf, du findest bestimmt eine Menge Freunde, und in spätestens einem Jahr gefällt es dir so gut, daß du nicht mal mehr in den Ferien nach Hause

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