08 - Old Surehand II
Gefangenen.“
„Ich weiß es.“
„Du weißt es?“ fragte der ‚Schwarze Hirsch‘.
„Ja, denn sie wohnen bei mir.“
„Bei dir? Deine Stimme spricht in Rätseln! Ich denke, sie wohnen auf der Hacienda?“
„Dies ist auch wahr; denn die Hacienda gehört mir.“
„Dir? So bist du Señor Petro Arbellez?“
„Nein. Ich bin Graf Alfonzo de Rodriganda y Sevilla. Arbellez ist nur mein Pächter.“
„Uff!“ sagte da der Komantsche kalt, indem er sich erhob. „So wirst du wieder über dem Wasser hängen, damit dich die Alligatoren fressen!“
Alfonzo war seiner Sache so sicher, daß er lächelnd antwortete:
„Warum?“
„Weil du der Beschützer der beiden Squaws bist.“
„Setze dich wieder nieder, ‚Schwarzer Hirsch‘. Ich bin nicht ihr Beschützer; ich bin ihr Feind und dein Freund. Diese Squaws sind schuld, daß ich hier aufgehängt wurde, du aber hast mich errettet. Ich werde dir danken, indem ich die drei größten Feinde der Komantschen in deine Hände liefere.“
„Wer ist dies?“
„Shoshin-liett.“
„‚Bärenherz‘, der Apache?“
„Ja. Ferner Mokaschi-motak.“
„‚Büffelstirn‘, der Mixteka?“
„Ja.“
„Und der dritte?“
„Der dritte ist ein Bleichgesicht; die roten Männer nennen ihn Itinti-ka.“
„‚Donnerpfeil‘, der große Rastreador?“ rief der Komantsche. „Sagst du die Wahrheit?“
„Ja.“
„Wo ist ‚Donnerpfeil‘?“
„Bei den andern.“
„Wo sind diese?“ Der Komantsche fragte mit leidenschaftlicher Hast. Die Hoffnung, diese drei berühmten Männer in seine Gewalt zu bekommen, brachte ihn um die kalte Ruhe und Selbstbeherrschung, in welcher der Indianer sonst seine Ehre sucht.
„Ich werde es dir sagen, wenn du mir vorher etwas versprichst.“
„Was begehrst du?“
„Du bist gekommen, um die Hacienda zu überfallen?“
„Ja“, gestand der Indianer.
„Wird es dir gelingen?“
„Der ‚Schwarze Hirsch‘ wurde noch nie besiegt.“
„Du hast viele Komantschen mit?“
„Zehnmal zehn mal zwei.“
„Zweihundert? Das ist genug. Du sollst die drei berühmten Häuptlinge haben, ferner alle Skalpe der Bewohner der Hacienda, auch alles, was in der Hacienda zu finden ist, wenn du des Hauses schonest, da es mein Eigentum ist.“
Der Komantsche sann nach; dann sagte er:
„Es sei, wie du begehrst. Wo also sind die drei Häuptlinge?“
„Sie sind“, sagte der Graf, zufrieden lächelnd, „nirgends anders als eben in der Hacienda.“
„Uff! Du hast mich überlistet!“ gestand der ‚Schwarze Hirsch‘.
„Aber ich habe dein Wort!“
„Der Häuptling der Komantschen bricht sein Wort niemals. Das Haus ist dein. Die drei Feinde, die Skalpe und alles, was das Haus enthält, gehören aber den Söhnen der Komantschen. Ist die Hacienda von Stein erbaut?“
„Von festen Steinen, und mit Palisaden umgeben. Aber ich kenne alle Schliche; ich werde euch führen. Ihr werdet euch im Innern des Hauses befinden, während die Bewohner alle noch fest schlafen. Sie werden nur erwachen, um unter euren Messern und Tomahawks zu sterben.“
„Hat der Haziendero viele Waffen?“
„Er hat genug Waffen, aber sie werden ihm nichts nützen.“
„Wie viele Männer besitzt er?“
„Vielleicht vierzig.“
„Viermal zehn? Das macht siebenmal zehn, denn jeder der drei Häuptlinge ist zehn wert.“
„‚Donnerpfeil‘ darf nicht gerechnet werden.“
„Warum?“
„Er ist verwundet oder bereits schon tot. Ich traf ihn mit der Keule auf den Kopf.“
„Uff! Du hast mit ‚Donnerpfeil‘ gekämpft?“
„Warum nicht?“
„Wer mit ihm kämpft, muß ein tapfrer Krieger sein.“
„Ich bin kein Feigling, obgleich du mich als Gefangenen getroffen hast.“
„Ich werde es sehen, wenn du uns zur Hacienda führst. Meinst du, daß sie ahnen, daß die Krieger der Komantschen kommen, um Rache zu nehmen?“
„Ich glaube es nicht. Ich habe nicht gehört, daß davon gesprochen worden ist.“
„Ich werde einen Kundschafter senden.“
„Er mag sich nicht sehen lassen!“
„Uff! Er wird gerade in die Hacienda gehen.“
„So ist er verloren!“
„Er ist nicht verloren. Er ist kein Komantsche, sondern ein christlicher Indianer von dem mexikanischen Stamm der Opatos. Man wird ihm nicht mißtrauen, und er wird genau sehen, ob man sich auf einen Kampf mit den Kriegern der Komantschen vorbereitet hat. Jetzt aber weiß ich alles. Mein Sohn mag gehen, um die Krieger nach den Ruinen zu führen, wohin ich jetzt mit diesem Mann gehe, der ein Graf
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