08 - Old Surehand II
Geburtsliste gefragt, auf der Euer Name verzeichnet sein mag!“
„Hoho, wenn Ihr so kommt, so könnt Ihr lange fragen, ehe Ihr die Antwort bekommt, die Ihr haben wollt. Eher ist es möglich, daß Ihr einen guten Faustschlag oder zwei von hier mit fortnehmt!“
„Darüber ließe sich vielleicht auch noch sprechen. Aber ich will Euch wenigstens so viel sagen, daß es Euch der lange Tom verteufelt anrechnen wird, wenn Ihr mich nicht mit ihm sprechen laßt.“
„So? Nun, ich will einmal so tun, als ob ich ihn kenne; versteht Ihr, Sir? Wenn er Euch wirklich bestellt hat, so hat er Euch jedenfalls ein Wort gesagt, ein kleines Wörtchen, ohne welches man nicht zu ihm kommt.“
„Das hat er. Hört einmal!“ Er neigte sich über den Tisch hinüber und raunte dem Wirt einige leise Silben zu. Dieser nickte zustimmend mit dem Kopf. „Richtig! Jetzt darf ich Euch trauen. Tom ist noch nicht hier; es ist eben jetzt die Zeit, wo gewöhnlich die Polizei kommt, um sich ein weniges unter meinen Gästen umzusehen. Ist sie fort, so gebe ich ein Zeichen, und in fünf Minuten ist er da. Setzt Euch bis dahin nieder!“
„Hier nicht, Master. Tom sagte mir, daß es bei Euch einen kleinen Raum gibt, wo man nicht von jedermanns Auge belästigt wird.“
„Den gibt es, ja; aber er ist eben auch nicht für jedermann da.“
„Nicht für jedermann. Aber für wen denn?“
„Wenn ich Euch das erst sagen muß, so scheint es unter Eurem Hut ganz niederträchtig finster zu sein!“
„So sehr doch nicht, wie Ihr denkt!“ Er zog ein Goldstück hervor und schob es dem spekulativen Mann zu.
„Gut! Es steht mit Euch doch nicht so schlimm, als ich dachte. Aber wißt Ihr, wenn man jemandem den Gefallen tut, die Spürnasen von ihm abzuhalten, so ist ganz natürlich eine Liebe der andern wert. Wollt Ihr etwas trinken.“
„Ein Glas Wein.“
„Wein? Seid Ihr verrückt? Was soll ich hier mit diesem albernen Getränk machen? Ihr bekommt eine Flasche Brandy, wie es hier Sitte und Gewohnheit ist. Hier, und auch ein Glas dabei. Jetzt setzt Ihr Euch an den Tisch dort hinter dem breiten Ofen. Gleich daneben ist eine Tür, die niemand sehen kann. Ich werde sie aufstoßen; dann paßt Ihr auf, und beim ersten Augenblick, wo es keiner bemerkt, schlüpft Ihr schnell hinein.“
„Soll geschehen.“
„Es ist jetzt leer in jener Stube. Aber es werden bald Gäste kommen, und ich rate Euch, sie nicht zu inkommodieren. Es sind rasche Burschen, bei denen Wort und Klinge nicht weit voneinander liegen!“
Es geschah, wie er gesagt hatte, und bald saß der Fremde in dem verborgenen Raum. Dieser faßte nur zwei Tische mit vielleicht einem Dutzend Stühlen, welche jetzt leer standen. Aber, wie der Wirt gesagt hatte, kamen bald Gäste, einer nach dem andern, herbeigeschlüpft und nahmen in einer Weise Platz, welche erraten ließ, daß sie gewohnt seien, hier in dieser Abgeschlossenheit zu verkehren.
Die Notiz, welche sie von dem bereits Anwesenden nahmen, bestand nur in einem kurzen, musternden Blick; sonst aber beachteten sie ihn nicht im mindesten und führten Ihr halblautes Gespräch so ungeniert, als ob kein Fremder zugegen sei. Sämtliche Männer schienen Seeleute zu sein, wenigstens zeigten sie sich während ihrer Unterhaltung in dem Schiffswesen sehr bewandert und in allen nautischen Vorkommnissen der jüngeren Vergangenheit außerordentlich gut unterrichtet. Auch die im Hafen und auf der Reede liegenden Fahrzeuge wurden besprochen.
„Wißt Ihr“, fragte einer, „daß der ‚l'Horrible‘ draußen vor Anker gegangen ist?“
„Der ‚l'Horrible‘, das frühere Kaperschiff?“
„Ja, Befehlshaber Lieutenant Jenner. Ein prächtiges Schiff, ganz unvergleichlich in Bau und Ausrüstung; der ‚Schwarze Kapitän‘ hat es bewiesen.“
„Schade um den armen Kerl, daß er den Strick hat schmecken müssen! Oder nicht, he?“
„Jammerschade; er wußte etwas aus sich und seinen Jungens zu machen.“
„Er vielleicht weniger, aber er soll einen ausgezeichneten Segelmeister gehabt haben, der das eigentliche Kommando führte.“
„Hab auch davon gehört. Der Kerl soll gar nicht einmal ein Mann, sondern ein Weib gewesen sein, ein wahrer Satan. Will's auch gern glauben, denn wenn sich der Teufel ein Extrapläsir machen will, so fährt er in ein Frauenzimmer.“
„Richtig“, meinte ein dritter, „ein Frauenzimmer ist es gewesen, und ‚Miß Admiral‘ wurde sie geheißen; ich weiß es genau. Sie soll die Tochter eines alten Seelöwen gewesen sein,
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