08 - Old Surehand II
ein Schwachkopf von Vereinigte-Staaten-Marineoffizier hier in unsre Kabine wagen möchte?“
„Ist's wahr?“
Der Mann mit dem Feuermal nickte leichthin mit dem Kopf und sagte: „Wird wohl wahr sein, ihr Männer. Der lange Tom kennt mich ein wenig von früher her, wo wir einige Zeit lang auf denselben Planken herumgestiegen sind und manchen guten Coup ausgeführt haben.“
„So; das ist etwas anderes! Wenn es so steht, so seid Ihr sicher bei uns, und wir werden Euch unsre Fäuste nicht weiter zu schmecken geben.“
„Pah“, klang die geringschätzige Antwort: „vor euren Fäusten ist mir ganz verteufelt wenig bange, wie ihr gesehen habt. Doch seid ihr keine üblen Maten, denke ich, und so will ich die Sache nicht nur gut sein lassen, sondern mich sogar auch ein wenig bei euch auf den Stuhl verteien.“
„Gut sein lassen? Ich denke, der Streit ist nicht von uns, sondern von Euch ausgegangen. Als Fremder ging Euch das, was wir sprachen, nichts an!“
„Hm, ihr mögt nicht so ganz unrecht haben, aber ich bin gewohnt, meine Leute auf die Probe zu stellen, ehe ich den Handschlag von ihnen nehme.“
„Eure Leute?“ meinte der eine.
„Auf die Probe stellen?“ der andre.
„Den Handschlag nehmen?“ der dritte.
„So ist's! Habt ihr nicht vorhin gesagt, daß ihr nach dem ‚l'Horrible‘ möchtet?“
„Das war so eine Rede. Ihr werdet Euch wohl die Beifügung gemerkt haben: wenn der ‚Schwarze Kapitän‘ noch lebte und ihn befehligte.“
„Wißt Ihr denn so genau, daß er tot ist?“
„Alle Wetter! Wollt Ihr damit etwa sagen, daß er noch lebt?“
„Er lebt noch.“
„Wißt ihr das gewiß?“
„Gewiß.“
„Wo steckt er, he?“
„Das ist nicht eure, sondern meine Sache!“
„Auf dem ‚l'Horrible‘ jedenfalls nicht!“
„Nein; da habt ihr recht. Aber – – – hm, wenn er ihn nun wiederbekäme?“
„Wiederbekäme? Holla, Sir, das wäre ja ein verdammt guter Streich von ihm!“
„Und von euch!“
„Von uns? Wieso?“
„Weil ihr mit dabei sein könnt, wenn ihr wollt“, erklang es leise und vorsichtig.
„Was wollt Ihr damit sagen, Master?“
„Ich will damit sagen, daß man Männern, die der lange Tom seine Freunde nennt, wohl ein wenig Vertrauen schenken darf. Oder nicht, he?“
„Bei allen Teufeln, da habt Ihr recht und geht nicht fehl! Wir sind überall gern dabei, wo es ein gutes Geld oder einen hübschen Sold zu verdienen gibt. Tom mag uns Euch empfehlen!“
„Ist schon geschehen“, antwortete der Genannte. „Dieser Sir kennt euch so wie ich, und ich hatte ihn herbestellt, damit er euch einmal sehen und mit euch sprechen könne. Wißt ihr etwas Neues?“
„Nun?“
„Ich werde Bootsmann auf dem ‚l'Horrible‘.“
„Bootsmann? Willst du uns kalfatern?“
„Fällt mir gar nicht ein! Auch ihr könntet eine gute Stelle finden, wenn ihr wolltet.“
„Ob wir wollen! Aber das Schiff gehört ja den Buntjacken.“
„Jetzt, aber lange nicht mehr, das ist sicher.“
„Wieso?“
Er neigte sich über den Tisch herüber und flüsterte: „Weil wir es ihnen nehmen werden.“
„Donnerwetter, das wäre ja ein Streich, wie er noch gar niemals dagewesen ist. Man würde in den ganzen Staaten und wohl auch noch weiter darüber hinaus davon sprechen.“
„Fürchtet ihr euch davor?“
„Fürchten? Pah! Was kann uns das Gerede schaden? Mit dem ‚l'Horrible‘ unter den Füßen braucht man sich vor der ganzen Welt nicht zu scheuen!“
„Ja, und könntet ein Leben führen wie der große Mogul oder wie der Kerl heißt, der so viel Dollar besitzt, daß die See voll würde, wenn er einmal so dumm sein wollte, sie hineinzuwerfen. Es liegt nur an euch, es so zu haben!“
„An uns? Sprecht weiter Sir!“
Der Rotmalige langte in die Tasche, zog ein wohlgefülltes Portefeuille hervor, entnahm demselben einige Banknoten und legte jedem eine derselben hin.
„Wollt Ihr diese Wische haben?“ fragte er.
„Werden nicht so albern sein, sie zurückzuweisen! Aber was sollen wir dafür tun?“
„Nichts; ich schenke sie euch umsonst. Aber wenn ihr die Richtigen seid, so könnt ihr morgen oder übermorgen fünfmal soviel haben!“
„Inwiefern?“
„Wollt ihr eine Spazierfahrt hinaus auf die Reede mitmachen?“
„Warum nicht?“
„Um den Buntjacken einen Besuch abzustatten?“
„Warum nicht?“
„Es wird wohl einige Hiebe oder Messerstiche dabei geben.“
„Tut nichts!“
„Doch ist es möglich, daß es auch glatt abgeht.“
„Desto
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