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08 - Old Surehand II

08 - Old Surehand II

Titel: 08 - Old Surehand II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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kommen.“
    „Richtig. Jetzt blicke einmal da hinüber auf die Reede. Kennst du das Schiff, welches in der Nähe des Panzerschiffes liegt?“
    „Hm – ja – das – das ist – Donner und Wetter, das ist kein andres als unser ‚l'Horrible‘, den kenne ich sofort, und wenn sie noch so sehr an seinen Segeln und Stangen herumgemodelt haben!“
    „So komm!“
    Sie nahmen ihren Weg durch das dichteste Gewühl und suchten sich ein entfernt liegendes Schankhaus, wo sie sich ein separates Zimmer geben ließen. Hier konnten sie ungestört verhandeln.
    „Also du hast unsern ‚l'Horrible‘ erkannt?“ fragte Sanders.
    „Sofort, Kapitän.“
    „Weißt du, wer ihn jetzt befehligt?“
    „Nein.“
    „Und weißt du, wer ihn morgen um diese Zeit befehligen wird?“
    „Jedenfalls derselbe wie heut.“
    „Nein.“
    „So tritt ein Dienstwechsel ein?“
    „Allerdings. Der heutige muß ‚aus der großen Tasse trinken‘ (wird ersäuft) und an seine Stelle wird ein gewisser Sanders treten oder, wenn du lieber willst, der ‚Schwarze Kapitän‘.“
    „Hm, das ist kein übles Luftschloß, Kapitän.“
    „Luftschloß? Ich sage dir, daß es in Wirklichkeit sein wird.“
    Jean Letrier lächelte.
    „Dann wird die ‚Miß Admiral‘ natürlich wieder Segelmeister?“ meinte er, auf den mutmaßlichen Scherz eingehend.
    „Gewiß.“
    „Und fegt mit der neunschwänzigen Katze das Verdeck wie vor alten Zeiten?“
    „Oder auch nicht. Dieser Panther wird gezähmt; darauf kannst du dich verlassen!“
    „Und der treue Jean Letrier, welche Stelle wird der haben?“
    „Wird sich schon was Passendes finden lassen.“
    „Schade um das hübsche Kartenhaus!“
    „Und wenn es nun kein Kartenhaus, sondern ein festes, sicheres und unumstößliches Gebäude wäre?“
    Letrier war wirklich betroffen von dem ernsten, zuversichtlichen Ton seines Herrn. Er blickte demselben forschend in das Gesicht und brummte:
    „Hm, in der Welt ist manches Unmögliche möglich, wenigstens für unsereinen.“
    „Allerdings. – Höre, Jean, was ich dir sagen werde.“
    Er erzählte ihm, was er an den Brettern der Branntweinbude erlauscht hatte, und fügte die Vermutungen und Schlüsse bei, zu welchen ihn das gehörte Gespräch berechtigte. Jean staunte.
    „Teufel! Diesem Frauenzimmer ist wahrhaftig so etwas zuzutrauen.“
    „Sie wird es ausführen, darauf kannst du dich verlassen.“
    „Und wie?“
    „Sagte ich dir nicht, daß ich heute abend den ‚l'Horrible‘ befehligen werde?“
    „Gut! Sie wird sich aber wehren.“
    „Pah! Ich bin früher ihr Vorgesetzter gewesen und werde es auch jetzt sein. Sie ist noch immer die Alte. Ein Schiff zu stehlen! Mitten aus dem Hafen von San Francisco heraus! Es ist kolossal! Aber uns kommt es vortrefflich zu statten. Welch ein Glück, daß wir sie gesehen und trotz ihrer Verkleidung erkannt haben!“
    Während sie in eifrigem Gespräch beieinander saßen, wurden in der Wohnung der Frau de Voulettre Anstalten zu einer glänzenden Soiree getroffen. Die Delikatessen aller Länder, die Weine aller Zonen waren vertreten, und die Dame des Hauses, welche von ihrer Spazierfahrt schon längst zurückgekehrt war, machte sich mit den letzteren persönlich sehr viel zu schaffen. Sie öffnete eine Anzahl der Flaschen, schüttete in jede derselben ein feines, weißes Pulver und versiegelte sie dann sorgfältig wieder.
    Der Abend nahte heran; es wurde dunkel, und aus den Fenstern ihrer Wohnung glänzte eine Lichtflut, welche den Schein der Straßenlaterne überstrahlte.
    Die Gäste, auch der Kommandeur des Panzerschiffes nebst den geladenen Offizieren der andern Fahrzeuge hatten sich bei ihr eingefunden und schwelgten in den gebotenen Genüssen. Eine ganze Menge nobler Flaneurs und gewöhnlicher Leute belagerte das Portal, um einen kleinen Blick in das geschmückte Innere zu werfen oder den Geruchssinn an den ausströmenden Wohlgerüchen zu weiden.
    Unter ihnen befanden sich zwei Männer in Matrosentracht. Sie standen schweigend nebeneinander und warfen höchst gleichgültige Blicke auf die andern. Ihr Augenmerk schien vorzugsweise auf eines der erleuchteten Fenster gerichtet zu sein. Lange, lange harrten sie. Da endlich wurde der Vorhang herabgelassen, der Schatten einer erhobenen Hand strich einigemal hinter demselben auf und nieder; dann verlöschte das Licht.
    „Das ist das Zeichen“, flüsterte der eine.
    „Komm!“ antwortete der andre.
    Sie schritten fort und bogen in das Gäßchen, welches am Tage Sanders

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