08 - Old Surehand II
mit dem deutschem Polizisten? Und in welcher Gegend habt ihr denn eigentlich –“
„Bist du bald fertig, Alte“, rief lachend der Steuermann, „oder hast du noch genug Atem, um in dieser Weise noch einige Stunden fort zu schwadronieren? Heilige Flatuse, hat dieses Frauenzimmer ein Schnatter- und Plapperwerk! Gib einen vollen Krug her; eher bekommst du keine Antwort! Vorher aber will ich diesen Gentlemen die Geschichte mit der ‚Florida‘ erzählen. Das andere ist nicht für jedermann; das sollst du drin in der anderen Stube hören.“
„Nicht einen Tropfen bekommst du, bis ich wenigstens nur ein klein wenig weiß, woran ich bin!“
„Neugierde, die du bist! So frage noch einmal, aber einzeln und kurz!“
„Der Wallerstein? Wo ist er?“
„Auf der ‚Swallow‘.“
„Der Polizist?“
„Auf der ‚Swallow‘.“
„Der ‚Schwarze Kapitän‘?“
„Auf der ‚Swallow‘ gefangen.“
„Der böse Jean?“
„Auch.“
„Der Onkel Sam Fire-gun?“
„Ist auch da.“
„Lieutenant Parker?“
„Natürlich auch, aber verwundet.“
„Verwundet? Mein Gott, ich hoffe doch nicht, daß –“
„Papperlapapp! Ein paar Schrammen, weiter nichts; er wird für einige Zeit Urlaub nehmen müssen. Es ging ein wenig heiß her auf der ‚Florida‘, aber wir haben da drinnen in der verdammten Prärie noch ganz andre Dinge durchmachen müssen. Zum Beispiel mein Pferd, ein Racker, war ein wahrer Dämon von einem satanischen Drachen, und ich kann heut noch nicht sagen, ob ich mir nicht einige Schock Knochen aus dem Leib herausgeritten habe. Doch, du wolltest ja fragen!“
„Wo ist die ‚Swallow‘?“
„Sie kreuzt bei widrigem Wind draußen vor dem Land; der Forster steht am Steuer. Unterdessen ging der Käpt’n auf einem Dampfboot mit mir herein, um seine Meldung zu machen, während ich hier auf ihn warte.“
„Du wartest auf ihn? Hier bei mir? So wird er hier vorsprechen?“
„Versteht sich! Ein braver Seegast kehrt zuallererst bei Mutter Thick ein, wenn er in New York vor Anker geht. Und in einer Stunde ist die ‚Swallow‘ im Hafen, da kommen noch andre auch herbei, der Pitt Holbers –“
„Pitt Holb – – –“
„Der Dick Hammerdull –“
„Dick Hammerd – – –“
„Der Colonel Fire-gun –“
„Colonel Fire-gun –“
„Der Wallerstein, Treskow, der kleine Bill Potter, Winnetou, der Häuptling der Apachen und –“
„Winnetou, der Häupt – – –“
Die Namen blieben der guten Mutter Thick im Mund stecken, so überrascht war sie, eine so interessante Gesellschaft von Männern bei sich zu sehen. Plötzlich aber besann sie sich glücklicherweise auf ihre Pflicht als Wirtin.
„– ling der Apachen“, fuhr sie daher in ihrem Ausruf fort. „Aber, da stehe ich und faulenze, und in einer Stunde habe ich die Sirs zu bedienen! Ich eile, ich fliege, ich gehe, Peter, um mich auf sie vorzubereiten. Erzähle einstweilen diesen Leuten hier die Geschichte von der ‚Florida‘, die ihr auf den Grund gebohrt habt!“
„Ja, das werde ich, aber sorge dafür, daß ich immer etwas im Krug habe, denn ein Seegefecht muß auch in der Erzählung feuchtgehalten werden!“
„Keine Angst, Steuermann“, wurde er von den andern getröstet; „wir werden Euch schon mit begießen helfen!“
„Schön, gut! Also hört, ihr Mannen, wie es mit der ‚Florida‘ zuging: Wir hatten den Äquator und nachher die Antillen längst hinter uns, doublierten den Finger vor ‚Florida‘ und näherten uns dann Charlestown. Natürlich hielten wir uns so weit wie möglich in die See hinaus, denn Charlestown gehört den Südstaaten, die ihre Kaper und Kreuzer weit hinausschicken, um jeden ehrlichen Nordländer wegzufangen.“
„War der ‚l'Horrible‘ mit?“
„Versteht sich. Er war von Anfang an uns stets in unserm Kielwasser gefolgt, weshalb wir immer nur halbe Segel nehmen durften, da wir besser fuhren. So kamen wir glücklich und ungesehen vorwärts und hatten endlich auch Charlestown hinter uns, weshalb wir wieder mehr auf das Land zuhielten.“
„Da traft ihr nun auf die ‚Florida‘?“
„Wart's ab, Grünschnabel! Da stehe ich eines Morgens am Steuer – ihr müßt nämlich wissen, daß ich vom Käpt’n die Stelle eines Steuermanns par honneur bekam, wie ich euch schon vorhin sagte – und denke eben an Mutter Thick und was für Freude sie haben werde, wenn ich wieder einmal bei ihr sein darf; wir segeln ein weniges voraus, während der ‚l'Horrible‘ uns mit
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