08 - Old Surehand II
Master!“
Er schlug das Fenster zu und bemerkte im Umdrehen, daß sämtliche Gäste auf die erhaltene Auskunft hin sofort ihre Plätze verlassen hatten und sogar das Freibier vergaßen, um der Landung des berühmten Schoners beizuwohnen.
„Immer lauft“, lachte er; „werdet nicht gar viel zu sehen bekommen. Der Käpt’n ist schon an Land, und die von Bord gehen, das sind keine echten Seegasten, obgleich sie mitgemacht haben, daß es gewettert hat. Ich bleib bei meiner Mutter Thick, wo ich den Mr. Parker erwarten muß.“
Es verging doch eine geraume Zeit, ehe der Genannte kam, und noch hatte er die Tür nicht verschlossen, so nahte sich ein lärmendes Rufen und Jauchzen dem Haus. Eine Menge Volkes kam vom Hafen her, voran diejenigen Männer, welche von der ‚Swallow‘ an das Land gegangen waren. Sie traten gleich hinter Parker in die Stube, und das Volk drängte hinter den Helden des verwegenen Seegefechtes her, daß der Raum die Gäste gar nicht fassen vermochte. Die resolute Wirtin, welche unterdessen mit ihren Vorbereitungen zu Ende gekommen war, wußte sich schnell zu helfen. Sie öffnete das Ehrenzimmer, schob sich mit den Erwarteten hinein und verschloß dann die Tür, die Bedienung der anderen ihrem Personal überlassend.
„Welcome, Sir!“ lautete ihre freudige Anrede zu Parker, der ihr als alter Bekannter freundlich die Hand reichte.
Auch die andern wurden mit einem herzlichen Handschlag begrüßt. Sie mußten Platz nehmen und brauchten bloß zuzugreifen, so umsichtig war in der kurzen Zeit für alles Wünschenswerte gesorgt worden.
„Mutter Thick, du bist doch die trefflichste Brigantine, der ich jemals in die Arme gesegelt bin!“ rief der Steuermann. „In dieser armseligen Prärie gab's nichts als Fleisch, Pulver und Rothäute; auf der See ging es auch knapp her, da wir zu viel hungrige Mägen geladen hatten, bei dir aber ißt und trinkt sich's wie beim großen Mogul oder wie der Kerl heißen mag, und wenn ich nur eine Woche hier vor Anker liege, so lasse ich mich hängen, wenn ich nicht einen Schmerbauch habe, wie da dieser fette Master Hammerdull.“
„Ob Fett oder nicht, das bleibt sich gleich“, meinte dieser, wacker zulangend, „wenn man nur einen guten Bissen zwischen die Zähne bekommt. Ich hab's nötiger als ihr andern alle, denn seit ich meine alte, gute Stute in Francisco lassen mußte, bin ich vor Sehnsucht nach dem lieben Viehzeug ganz vom Fleisch gefallen. Ist's nicht wahr, Pitt Holbers, altes Coon?“
„Wenn du denkst, Dick, daß dich die Stute dauert, so habe ich nichts dagegen. Es geht mir ja mit meinem Tier ganz ebenso. Wie ist's bei dir, Bill Potter?“
„Bei mir? Wo mein Pferd steckt, ist mir sehr gleichgültig, hihihihi; die Hauptsache ist, daß mir's bei Mutter Thick gefällt.“
„So ist's recht“, stimmte die Wirtin bei; „greift zu, soviel und lang es euch beliebt. Aber vergiß dabei auch dein Versprechen nicht, Peter!“
„Welches?“
„Daß du erzählen wolltest.“
„Ach so! Na, wenn du tüchtig einschenkst, so soll es mir auf einige Wort mehr nicht ankommen, die ich zu reden habe.“
Während er kauend von den erlebten Abenteuern berichtete, saß Winnetou an seinem Platz und sprach den ihm ungewohnten Speisen der Bleichgesichter mit höchster Mäßigkeit zu. Den Wein rührte er gar nicht an. Er wußte, daß das ‚Feuerwasser‘ der schlimmste Feind seines Volkes gewesen war; darum haßte und verschmähte er es. Seine Aufmerksamkeit war auf die lebhafte Unterhaltung gerichtet, welche die andern in jenem halblauten Ton führten, der stets ein Zeichen von der Wichtigkeit des Gegenstandes ist.
„Wie war es auf der Admiralität?“ fragte Sam Fire-gun den Lieutenant.
„Ganz nach Erwartung“, antwortete dieser, der den einen Arm in der Binde trug, wie auch die anderen verschiedene Zeichen der Verwundung aufzuweisen hatten. „Ernennung zum Kapitän und Beurlaubung bis nach vollendeter Genesung.“
„Was wird mit der ‚Swallow‘?“
„Sie hat gelitten und geht zur Reparatur in die Trockendocks.“
„Und unsre Gefangenen?“
„Auch wie ich dachte.“
„Das heißt?“
„Sie werden gehängt, wie es Korsaren nicht anders zu erwarten haben.“
„Korsaren? Sanders behauptet doch, den ‚l'Horrible‘ nur deshalb genommen zu haben, um für die Südstaaten Kaperei zu treiben. Kommt er damit nicht durch?“
„Nein, denn er hat keinen Kaperbrief. Und wenn er einen hätte, so ist er eben der ‚Schwarze Kapitän‘, welcher wegen seines
Weitere Kostenlose Bücher