08 - Old Surehand II
nicht umsonst besucht!“
„Ein Lawyer also! Ja, ich hab's gewußt, daß du einen guten Weg emporsteigen wirst, und glaube, du wirst auf dem jetzigen Punkt nicht lange stehen bleiben. Doch was hat der Lawyer mit deinem Ritt zu tun?“
„Sehr viel! Der Westmann mit seinem scharfen Spürsinn steckt noch im Lawyer, und da ist es mir einige Male gelungen, ganz besonders raffinierten Verbrechern, die selbst dem geschultesten Policeman gewachsen waren, das Handwerk zu legen. Nun hat sich da unten in Illinois und Iowa ein ausgefeimter Loafer den Spaß gemacht, verschiedene Geld- und Verwaltungsgrößen gehörig an der Nase zu führen, und weil ihn kein Detektiv bisher zu fangen vermochte, ist mir der schöne Auftrag geworden, ihn zu suchen und ihn wo möglich lebendig der Gerechtigkeit zu überliefern. Dieses ‚wo möglich‘ gibt mir natürlich die Erlaubnis, nach Befinden Gebrauch von der Waffe zu machen.“
„Wie heißt der Kerl?“
„Er trägt einige Dutzende von Namen, von denen man nicht weiß, welcher der richtige ist. Seinen letzten Geniestreich, die Fälschung bedeutender Wechsel, hat er in Des Moines ausgeführt, und von da schien seine Spur nach dem Coteau zu gehen. Jeder Verbrecher hat eine schwache Stelle, die ihn kenntlich macht und früher oder später vor den Richter bringt; bei diesem ist es die Vorliebe für Ölmänner; er scheint in diesem Fach gut bewandert zu sein, und ich vermute, daß er zu Guy Willmers gegangen ist.“
„Heigh-ho, das sollte ihm nicht gut bekommen! Ich hoffe, wenn er dort zu finden ist, werde ich ein Wörtchen mit ihm sprechen. Der Kanada-Bill wird's doch nicht sein?“
„Nein. Warum?“
„Weil dieser zuletzt in Des Moines gesehen wurde, wo er zwölftausend Dollars gewonnen haben soll.“
„Ich weiß es. Er ist von dort spurlos verschwunden und wird, wie immer, an einem andern Ort wieder auftauchen, wo man ihn am wenigsten vermutet. Er ist ein ganz gefährlicher Mensch, und zwar ganz besonders deshalb, weil man ihm das Spiel nicht verbieten kann und er seine andern Streiche in einer Weise vollführt, daß man keine Handhabe befindet. Es sollte mich wundern, wenn wir ihm nicht begegneten, denn sooft wir beide uns getroffen haben, ist er es gewesen, mit dem wir es zu tun hatten.“
Der Ritt wurde natürlich nun in Gemeinschaft fortgesetzt. Wir hatten noch ein Nachtlager hinter uns zu legen und mußten dann dem Fluß nahe sein. Freilich war es unmöglich, ihn aus der Ferne zu bemerken; wir schauten fleißig nach Spuren aus, bemerkten aber nichts Nennenswertes als endlich einen eigentümlichen Geruch, welcher von Viertelstunde zu Viertelstunde auffallender wurde.
„Lack-a-day! Was ist das wohl für ein Parfüm, welches meine Nase infiziert, als hätte mich ein zweielliger Skunk angespritzt?“ fragte ich. „Kannst du mir's sagen, Abraham? Das ist nicht Truthahn-Bussard, auch nicht Boudinsgeruch, Kammas-Odeur noch weniger. Ich weiß wahrhaftig nicht, was ich aus diesem Veilchenduft machen soll!“
„Sagen könnt ich dir's schon; aber soll ich wirklich so einen erfahrenen Woodsman, wie du bist, belehren? Mach' nur die Nase noch ein wenig weiter auf, dann kannst du gar nicht fehlriechen!“
Ich sog die Luft stärker ein, aber vergebens.
„Ich bring's nicht weg, Abraham. Das riecht wie Leiche, wie Harz und Kien, meinetwegen auch wie Firnis oder Lack.“
„Bist du noch nicht im Venango-County gewesen oder am Oil-Kanawha?“
„Nein, aber Oil-Kanawha? Ja, jetzt hab ich's; das ist Petroleumgeruch, und ich glaube, der Fluß muß sich nun bald zeigen!“
Es war allerdings vor uns nichts zu sehen als die weite, ebene Prärie, doch nach einiger Zeit bemerkten wir einen Dunststreifen, welcher sich von Ost nach West über die Savanne zog; wir kamen ihm schnell näher, und als wir ihn erreichten, hielten wir auch an dem Ufer des Flusses. Seine Ufer waren mit Anlagen, wie sie die Petroleumgesinnung mit sich bringt, bedeckt. Oben, einige hundert Pferdelängen vom Wasser entfernt, stand neben umfangreichen Fabrikräumlichkeiten ein außerordentlich stattliches Wohngebäude; weiter unten sah ich hart am Wasser einen Erdbohrer in voller Tätigkeit, und seitwärts davon zog sich eine Reihe kleiner Häuschen hin, welche jedenfalls als Arbeiterwohnungen dienten. Wo das Auge nur hinblickte, waren Dauben, Böden, Reifen und fertige Fässer, teils leer, meist aber mit dem vielbegehrten Brennstoff gefüllt, zu sehen.
„Good lack, hier ist's!“ sagte ich. „Nur möchte ich wissen,
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