08 - Old Surehand II
fesseln. Dann wandte sich Lincoln zu William Jones.
„Fünf Minuten sind vorüber; Ihr habt nur noch die andern fünf. Ich spaße nicht. Macht Euch von dannen!“
Fred Hammer hatte noch immer sein Messer in der Hand. Er legte Jones die Faust drohend auf die Schulter und sagte:
„Vorwärts, Mann! Ich werde dafür sorgen, daß Ihr ohne Mühe und Störung weiterkommt!“
Er schob ihn zur Tür hinaus, und wenige Augenblicke später sahen wir den Kanada-Bill fortreiten. Da trat ein Arbeiter ein.
„Master Willmers, soll der Bohrer weiterarbeiten? Der Ingenieur läßt sagen, daß in einer Viertelstunde das Öl kommen werde, wenn wir fortbohren.“
„Endlich! Aber setzt die Hemmung ein. Ich muß erst bekanntmachen, daß kein Licht und Feuer gebrannt werden darf, sonst kann es ein Unglück geben. Der Abend ist nahe, daher soll das Öl erst morgen seine Freiheit haben!“
Der Mann ging, den Befehl auszurichten.
Ihr müßt nämlich wissen, Gentlemen, wenn der Bohrer das Öl trifft, so steigt es in einer hohen Säule aus der Erde empor, und die leichten, gefährlichen Gase, welche natürlich zuerst kommen, dürfen nicht die kleinste Flamme finden, sonst entsteht ein fürchterlicher Brand, der sich so schnell entzündet und verbreitet, daß ihm nichts zu widerstehen vermag.
„Habt Ihr nicht einen festen Raum“, wandte sich jetzt Lincoln zu Willmers, „in welchem wir unsern guten Sir Holmann aufbewahren können?“
„Ein sehr gutes und sicheres Kabinett. Kommt!“
Die drei gingen ab, und ich hatte nun sehr zu tun, Betty und den beiden kleinen Ladies den Vorgang, welcher so unerwartet über sie gekommen war, zu erklären. Als wir alle wieder beisammensaßen, ergossen sich Hammer und Willmers in Dankeserklärungen gegen Lincoln, welche dieser nach Kräften von sich wies. Er wollte schon am nächsten Morgen wieder fort, stieß aber auf allgemeinen Widerspruch.
„Ihr müßtet mit Eurem Gefangenen den weiten beschwerlichen und gefährlichen Ritt über das Coteau hinunter nach Iowa machen“, erklärte ihm Willmers. „Wartet aber noch einige Tage, so gehen hier drei Kähne den Fluß hinunter in den Missouri, und Ihr könnt in aller Bequemlichkeit Passage nehmen. Bis Yankton und Dacota seid Ihr schnell und habt dann nur die kurze Strecke bis hinüber nach Des Moines zurückzulegen. Ihr bleibt also hier. Euer Gefangener ist Euch sicher!“
Lincoln sah das Vorteilhafte des Anerbietens ein und gab nach.
Der Abend kam. Wir hatten unsere Pferde losgepflockt und ließen sie frei grasen gehen. In den Stall durften wir sie nicht bringen; sie waren die Freiheit gewöhnt und hätten sich in dem engen Raum Schaden getan. Die Gent‘s und Ladies außer mir saßen plaudernd im Parlour; ich schritt am Fluß abwärts, weil ich nach den Pferden sehen wollte. Es war sehr dunkel, so daß ich die ölhaltigen Wogen kaum von dem festen Boden unterscheiden konnte.
So kam ich bis an die Stelle, wo wir bei unserer Ankunft den Erdbohrer in Tätigkeit gesehen hatten. Etwas oberhalb derselben war ein Wassergang herübergeleitet, in welchem sich ein Rad bewegte. Ein leise knirschendes Geräusch ließ mich stehenbleiben. Sollte sich der Bohrer noch in Gang befinden? Ich verstand nichts von der Sache, aber eine plötzliche Angst kam über mich. Da tauchte über dem Graben drüben ein Licht auf, nicht im Freien, sondern es blinkte durch die zerrissenen Bretterwände, zwischen denen sich das Bohrwerk befand. Hatte nicht Willmers jedes Licht verboten? Ich lauschte. Da hörte ich Schritte. Eine Gestalt huschte an mir vorüber, noch eine. Die Finsternis verhinderte mich, genau zu sehen, aber es war mir, als hätte ich Jones und Holmann unterschieden.
Sie waren in der Dunkelheit verschwunden, ehe ich ihnen zu folgen vermochte. Ich eilte, so schnell ich konnte, zurück, trat in das Parlour und fragte Lincoln:
„Ist Holmann noch fest, Abraham?“
„Warum? Vor einer halben Stunde war ich bei ihm.“
„Ich glaube, ihn und Jones beim Bohrer gesehen zu haben. Es brennt Licht dort, und das Rad geht.“
„Licht brennt, und das Rad geht?“ rief Willmers.
„Um Gottes willen, sollte er ausgebrochen sein? Er hat gehört, daß das Öl kommen will und – schnell, schnell, nachgesehen, wo er ist!“
Wir eilten hinaus. Die eisernen Riegel vor der festen Tür des Gewölbes, in welchem man den Gefangenen untergebracht hatte, waren vorgeschoben. Es wurde geöffnet; er war fort.
„Der Kanada-Bill ist zurückgekehrt und hat ihn befreit!“ rief
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