Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
08 - Old Surehand II

08 - Old Surehand II

Titel: 08 - Old Surehand II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
krachte; Old Shatterhand machte eine blitzschnelle Bewegung zur Seite; die Kugel ging vorüber, und fast in demselben Augenblick traf seine Faust den Kanada-Bill mit solcher Wucht auf den Kopf, daß er förmlich zu Boden krachte und mehrere Stühle mit sich niederriß.
    Werner saß vor Schreck lautlos; seine Frau aber schrie laut auf.
    „Still!“ gebot Old Shatterhand. „Er ist gefällt und wird keinem Menschen mehr schaden. Gebt einige Schnüre her, um ihn zu binden, und schickt dann nach der Polizei! Die wird sich freuen, einen solchen Fang ausgeliefert zu bekommen.“
    Er hob den Revolver auf, der dem Kanada-Bill entfallen war, und dann wurde der Bewußtlose gefesselt. Nun ging es ans Fragen; Antworten und Erklären, und als sich die Polizei einstellte, wurde die Wohnung des Verbrechers untersucht. Mit Hilfe der Schlüssel, welche er einstecken hatte, konnte man alles öffnen, und da fanden sich denn so viele Zeugen seiner Taten, daß er der Todesstrafe nicht entgehen konnte. Vor allen Dingen gab es viel Goldstaub und Nuggets, die er seinen kranken Diggers im ‚Hospital‘ abgenommen hatte, bevor sie von ihm aus dem Leben ‚gedoktert‘ worden waren. Auch die ganze Summe, welche er Mister Cleveland abgenommen hatte, war vorhanden und durch seine Notizen legimitiert. Gromann freute sich königlich darüber, seinem armen, einstigen Prinzipal dieses Geld wiederbringen zu können.
    Der Arrestant kam während der ganzen Durchsuchung seiner Wohnung nicht wieder zu sich und wurde in diesem bewußtlosen Zustand fortgeschafft. Als er dann später in der Haft erwachte, begann er zu schreien und zu wüten. Der Fausthieb Old Shatterhands hatte sein Gehirn in der Weise erschüttert, daß er nicht wieder richtig zur Besinnung, zum Bewußtsein kam. Er kämpfte Tag und Nacht mit den Gestalten derer, an denen er sich vergangen hatte, und wurde dabei so gefährlich, daß ihn nur die Zwangsjacke bändigen konnte. Die Tobsucht ließ nicht von ihm, bis sie ihn mit schäumendem Ringen tot niederwarf. Ein Ende durch den Strang wäre weniger schrecklich gewesen; aber er hatte diesen Tod verdient und war selber an ihm schuld, denn hätte er nicht auf Old Shatterhand geschossen, so wäre er nicht von diesem zu Boden geschlagen worden. So, ich bin mit meiner Erzählung fertig, und nun wißt ihr, Mesch'schurs, wo und wie der Kanada-Bill geendet hat. –
    Die letzte Hälfte der Erzählung hatte aller Augen an seine Lippen gefesselt, und auch ich selbst war ihr mit Spannung gefolgt. Er hatte sie zwar in seiner Weise ausgeschmückt, aber dennoch mit ihr die Wahrheit berichtet.
    Nun saßen die Zuhörer unter ihrem Eindruck längere Zeit still da, bis einer sagte:
    „Es ist eigentlich kaum glaublich, daß ein Mensch einen anderen durch einen einfachen Fausthieb in dieser Weise niederschlagen kann!“
    „Und dennoch ist es so“, behauptete der Erzähler. „Aber diesem Menschen muß die Hand doch wochenlang dann schmerzen!“
    „Ich habe gehört, daß ein Vorteil dabei sei, den nur Old Shatterhand kennt und keinem Menschen sagt. Es soll dabei sehr auf die Lage der Finger, welche die Faust bilden, und auch auf die Stelle des Kopfes ankommen, auf welche der Hieb zu richten ist!“
    „Ob Winnetou, sein Freund, das auch so fertigbringt?“
    „Das weiß ich nicht.“
    „Aber ich weiß es“, ließ sich eine andere Stimme vernehmen.
    „Kennt Ihr Winnetou persönlich?“
    „Habe ihn gesehen.“
    „Wo?“
    „Drüben am Arkansas, in der Nähe von Fort Gibson, wo ich, wenn er auch nicht grad jemand mit der Faust niederschlug, doch Gelegenheit hatte, seine Gewandtheit und Körperkraft zu bewundern.“
    „Ist es interessant?“
    „Sehr!“
    „So erzählt, Sir! Nicht wahr, Mesch'schurs, er soll es erzählen?“
    „Ja, ja erzählen!“ rief's im Kreis.
    Ich war nun neugierig, was nun kommen würde, und ob es mir eine bekannte oder unbekannte Episode aus dem Leben Winnetous sei. Der Mann, welcher aufgefordert wurde, seine Geschichte vorzutragen, hatte lebhafte, scharfblickende Augen, ein intelligentes Gesicht und war wohl gewöhnt, über Dinge nachzudenken, welche andere Leute gleichgültig lassen. Schon die Einleitung, welche er vorausschickte, nahm meine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch.
    „Ihr müßt wissen, Gent's“, begann er, „daß ich über den wilden Westen und die Indianer meine eigenen Ansichten habe, ganz andere, als sie hier landläufig sind. Ich bin, als ich noch mit der sogenannten ‚Existenz‘ zu kämpfen hatte, als

Weitere Kostenlose Bücher