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08 - Old Surehand II

08 - Old Surehand II

Titel: 08 - Old Surehand II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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die Annäherung an die Indianer erschwert hätte, so war es ihnen ganz recht, daß der nächtliche Beleuchter der Erde sich eben in einer dunklen Phase befand und keine Spur seines magischen Schimmers bemerken ließ.
    Bei dem durchdringenden Licht, welches die amerikanischen Maschinen bei sich führen, war das Nahen des Zuges bei der Ebenheit des Terrains auf eine Entfernung von mehreren Meilen bemerklich; es mußte also eine Strecke zurückgelegt werden, welche diese Tragweite des Lichtes überstieg; darum ließ Dick Hammerdull seine Stute weit ausgreifen, und die andern folgten wortlos seiner Führung.
    Endlich hielt er an und sprang vom Pferd, und die drei Begleiter taten dasselbe.
    „So!“ meinte er; „ich denke, daß der Vorsprung nun groß genug ist. Fesselt die Tiere, und sucht ein wenig trockenes Gras zu finden, damit wir ein Zeichen geben können!“
    Dem Gebot wurde Folge geleistet, und bald war ein Haufen dürrer Halme beisammen, welche sich mit Hilfe von einigem aufgestreuten Pulver leicht in Brand stecken ließen.
    Auf ihre Decken gelagert, lauschten nun die Männer in die stille Nacht hinein und verwandten fast kein Auge von der Richtung, aus welcher der Zug zu erwarten war. Die beiden Deutschen konnten sich zwar alles wohl denken, was geschehen sollte, waren aber in dem Leben des wilden Westens zu unerfahren, als daß sie an eine Unterbrechung der herrschenden Schweigsamkeit hätten denken wollen, und ließen daher die zwei Jäger ruhig gewähren. Außer dem Geräusch, welches die grasenden Pferde verursachten, war rings kein Laut zu hören, als höchstens das leise Knispern eine auf Raub ausgehenden Deckflüglers, und die Minuten dehnten sich zu einer immer peinlicher werdenden Länge.
    Da, nach einer kleinen Ewigkeit, blitzte in weiter, weiter Ferne ein Licht auf, erst klein und kaum wahrnehmbar, nach und nach aber immer größer werdend und an Intensität gewinnend.
    „Pitt Holbers, was sagst du zu dem Johanniswurm da vorn, he?“ fragte Hammerdull.
    „Hm, dasselbe, was du schon gesagt hast, Dick Hammerdull!“
    „Wohl die klügste Ansicht, die du in deinem ganzen Leben gehabt hast, altes Coon! Ob es die Lokomotive ist oder nicht, das bleibt sich gleich, aber so viel ist sicher, daß der Augenblick des Handelns bald gekommen ist; Heinrich Sander, wenn der Zug naht, so schreit Ihr, so laut Ihr könnt, und auch Ihr, Peter Wolf – verdammt miserabler Name, er reißt einem ja den Mund entzwei! – Ihr macht Lärm und Hallo nach Herzenslust. Das übrige werden wir schon selbst besorgen!“
    Er nahm das Gras zur Hand, welches er zu einer langen, starken Lunte zusammengedreht hatte, und schüttete das Pulver auf. Dann zog er seinen Revolver aus dem Gürtel.
    Jetzt machte sich das Nahen der Wagen durch ein immer vernehmlicher werdendes Rollen bemerklich, welches nach und nach zu einem Geräusch anwuchs, das dem Grollen eines entfernten Donners glich.
    „Streck' deine ewigen Arme aus, Pitt Holbers, tue die Meilenlippen auseinander und brülle, so laut es geht, altes Coon. Der Zug ist da!“ rief Hammerdull, indem er zugleich besorgt nach den Pferden blickte, welche bei dem ungewohnten Phänomen schnaubend und stampfend an den Riemen zerrten, mit denen sie an die Erde befestigt waren.
    „Peter Wolf – der Teufel hole diesen holprigen Namen! – paßt auf, daß uns die Tiere nicht fortgehen. Schreien könnt Ihr dabei ja auch!“
    Der Augenblick war gekommen. Einen blendenden Lichtkeil vor sich herwerfend, brauste der Zug heran. Hammerdull hielt den Revolver an die Lunte und drückte los. Im Nu flammte das Pulver auf und brachte das dürre, ausgetrocknete Gras in glimmenden Brand. Die Lunte kräftig schwingend, versetzte er sie in helle Flamme und rannte, von ihrem flackernden Licht hell beleuchtet, dem Zug entgegen.
    Der Maschinist mußte das Zeichen durch die Glastafel des Wetterschutzes sofort bemerkt haben, denn schon nach den ersten Schwingungen des hochlodernden Brandes ertönte ein sich rasch und scharf wiederholender Pfiff, fast in demselben Augenblick wurden die Bremsen angezogen, die Räder knirschten und schrien in der Hemmung, und mit donnerndem Dröhnen flog die lange Wagenreihe an den vier Männern vorüber, die dem seine Geschwindigkeit nun zusehends verringernden Zug nachsprangen.
    Endlich hielt er. Ohne zunächst die sich von ihren erhöhten Plätzen herabbeugenden Beamten zu beachten, eilte Hammerdull trotz seiner Dicke an den Wagen vorbei bis vor die Lokomotive, warf seine

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