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08 - Old Surehand II

08 - Old Surehand II

Titel: 08 - Old Surehand II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Verwunderung sah er, daß es dabei den Kopf nicht gegen, sondern in die Richtung des Windes, also nach dem Lager hin hielt. Er hatte trotz seines beispiellos scharfen Gehörs von dorther nicht das geringste Geräusch vernommen. Er lauschte.
    Da ertönte dort plötzlich ein wüstes Geschrei von vielen Stimmen, nicht das Geheul von Roten, sondern das Gebrüll von Weißen, in englischer Sprache. Er rannte hin, doch nicht ganz. Bei dem Gebüsch angekommen, legte er sich nieder und kroch zwischen zwei Sträucher hinein. Er sah die Gestalten von fast zwanzig Weißen, welche die Schläfer überfallen hatten und nun im Begriff standen, sie zu binden.
    „Winnetou haben wir noch nicht!“ rief einer. „Der darf uns nicht entschlüpfen! Wo ist er? Sucht ihn, sucht!“
    Das war die Stimme Sanders'; Winnetou erkannte sie und wußte sofort, woran er war.
    „Uff!“ sagte er zu sich selbst. „Ich kann jetzt keinen Beistand leisten, sonst bin ich mit ihnen verloren. Ich muß mich erhalten, um diesen Bleichgesichtern folgen zu können. Howgh!“
    Er kehrte eiligst zu seinem Pferd zurück, stieg auf und ritt im Galopp davon, das Beste, was er unter den gegenwärtigen Umständen tun konnte. – – –
    Der einstige Indianeragent unterbrach hier seine Erzählung, welcher alle Zuhörer mit großer Spannung gefolgt waren. Ich selbst war Zeuge von einigen Eisenbahnüberfällen durch Indianer gewesen, und obgleich sie dem jetzt erzählten alle ähnlich waren, hatte ich der Geschichte nicht weniger Aufmerksamkeit gewidmet als die andern Gäste der Mutter Thick. Sam Fire-gun, Dick Hammerdull und Pitt Holbers waren mir sehr wohlbekannte Persönlichkeiten, und ich wußte, daß sie dieses Ereignis ähnlich so, wie es erzählt wurde, erlebt hatten.
    Die Anwesenden ließen Ausrufe der Befriedigung, der Anerkennung hören und baten den Erzähler, ihre Neugierde nicht auf die Folter zu spannen, sondern schnell fortzufahren.
    „Nicht wahr, so etwas hört sich leicht an?“ fragte er. „Aber dem, der es mitmacht, fällt es nicht so leicht!“
    „Wart Ihr denn dabei?“ fragte einer der mit an seinem Tisch Sitzenden.
    „Bisher nicht. Was ich bis jetzt erzählt habe, das habe ich so gebracht, wie es mir später erzählt worden ist. Das aber, was nun kommt, habe ich selbst miterlebt. Und dabei kommt genau ebenso ein Detektiv vor wie in der Geschichte, die wir vorhin gehört haben. Das ging nämlich folgendermaßen zu.“
    Ich ging damals mit einigen tüchtigen Leuten, die mich schon oft begleitet hatten, den Arkansas hinauf, weil ich als Indianeragent zu den Cheyennes mußte. Dabei kam ich auch nach Fort Gibson und in den Laden des Irländers Winklay, der mich sehr gut kannte. Wir waren die einzigen Gäste im Haus und saßen eben beim Essen, als wir draußen Pferdegetrappel und eine laut räsonierende Stimme hörten. Wir gingen an die Fenster und sahen hinaus. Es gab da drei Reiter, welche soeben angekommen waren.
    Der eine von ihnen war von schmächtiger Gestalt und fein gekleidet. Sein Gewehr, sein Revolver und sein Bowiemesser paßten wohl besser in den Westen als er selbst, der jedenfalls ein Gentlemen war. Der zweite war ein hübscher, kräftiger, blonder Boy, dem ich sofort den Deutschen vom Gesicht ablas. Der dritte war derjenige, welcher so laut räsonierte. Er saß auf einem widerspenstigen Dacota-Traber, der ihm viel zu schaffen zu machen schien.
    Von hoher, breiter und außergewöhnlich muskulöser Figur, trug er einen Hut auf dem glattgeschorenen Kopf, dessen ungeheure Krempe hinten weit über den Nacken herunterschlappte, während ihr vorderer Teil über dem Gesicht einfach weggeschnitten war. Den Leib bedeckte ein kurzer, weiter Sackrock, dessen Ärmel kaum bis über die Ellbogen reichten und erst die Ärmelteile eines sauber gewaschenen Hemdes, dann die braungebrannten Vorderarme und endlich zwei Hände sehen ließen, die einem vorsündflutlichen Riesentier anzugehören schienen. Die Beine staken in einem Paar ebenso weiter Hosen von leichtem Zeug, unter denen zwei Stiefel sichtbar wurden, deren Leder aus dem Rücken eines Elefanten herausgeschnitten sein mußte.
    Der Mann sah in dem alten Hut, dem moosgrünen Rock und den gelben Hosen einer Maskenballfigur ähnlich.
    Er wollte aus dem Sattel steigen, aber sein Pferd schien damit nicht einverstanden zu sein; es ging mit allen Vieren in die Luft.
    „Have care – Achtung – attention – hopp, du falscher Racker!“ schrie er es zornig an, indem er ihm mit der gewaltigen

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