080 - Am Tor zur Hölle
schon gefährlich, aber ich konnte mich einfach nicht überwinden, dem grausamen Seelenfänger zuzujubeln. Ich empfand und dachte nicht wie er. Mir taten alle, die ihr Leben lassen mußten, damit sich Cheetas an ihren Seelen bereichern konnte, leid.
»Glücklicherweise wachsen immer wieder neue Krieger heran!« rief Cheetas, und zum ersten Mal streifte uns sein durchdringender abgrundtief böser Blick.
Ich zuckte wie unter einem Peitschenhieb zusammen.
Jetzt kommt es, dachte ich. Nun wird er dir sein Schwert geben und von dir verlangen…
»Sie wachsen heran und warten voller Ungeduld auf den Moment, wo wir sie als vollwertig ansehen«, behauptete Cheetas. »Sie möchten endlich ganz zu uns gehören, ein eigenes Schwert besitzen, mitkämpfen dürfen… Ist es nicht so, Valerian?«
Wieder zuckte ich zusammen.
Ich wußte nicht, was ich antworten sollte. Ein einfaches »Ja« hätte genügt, aber das konnte ich mir nicht abringen. Es wäre gelogen gewesen.
Ich wollte kein Schwert haben, brannte nicht darauf, zu kämpfen und zu morden. Ich liebte den Frieden, und wenn es nach mir gegangen wäre, hätten die Wesen in anderen Dimensionen nie erfahren, daß es Seelenfänger gab.
Zum Glück wartete Cheetas meine Antwort nicht ab. »Asmodis ist sehr stolz auf uns und äußerst zufrieden!« rief er. »Ihr wißt, daß die Hölle nie genug Seelen haben kann, deshalb gibt es keine größere Aufgabe, als sie herbeizuschaffen.«
Cheetas hob die sehnigen Arme. »Auch diese drei Geschöpfe hier werden sterben. Doch sie sollen ihr Leben nicht durch die Hand eines erfahrenen Kämpfers verlieren. Ihre Schmach wird größer sein, wenn einer sie tötet, der darin noch keine Übung hat.«
Sie brüllten wieder Cheetas' Namen. Ein Freudentaumel erfaßte sie.
»Valerian!« schrie Cheetas, und mein Herz krampfte sich schmerzhaft zusammen. »Tritt vor!«
Nur ich?
Ich sah Gismina und Beato unglücklich an. Die Augen meiner Freundin sagten: Gestern hätten wir noch fliehen können. Du warst mit meinem Vorschlag nicht einverstanden.
Verzeih mir, Gismina, schrie es in mir. Ich hatte gehofft, mit Cheetas reden zu können, aber das ist nun nicht mehr möglich. Er läßt nicht mit sich reden, nicht hier vor allen. Wie hatte ich nur glauben können, ihm Verständnis abringen zu können?
Jetzt brüllten alle meinen Namen. »Valerian! Valerian! Valerian!«
Ich begriff nicht, warum sich Cheetas nur für mich entschieden hatte.
Wahrscheinlich dachte er, daß Gismina und Beato sich ihm ängstlich unterwerfen würden, wenn er mich in ihrer Anwesenheit in die Knie gezwungen hatte. Ich war der Stärkste von uns dreien. Das mußte der Grund sein, weshalb ich die Gefangenen töten sollte.
»Na komm schon, Valerian!« rief Cheetas grinsend. »Sei nicht so bescheiden. Du darfst die große Ehre, die dir heute zuteil wird, getrost annehmen.«
Ich will nicht! dachte ich verzweifelt. Ich kann nicht töten! Du weißt es! Du darfst es nicht von mir verlangen!
Hände legten sich auf meinen nackten, schweißbedeckten Rücken und stießen mich vor.
»Valerian! Valerian! Valerian!«
Cheetas trat auf mich zu. »Hörst du, wie sie deinen Namen schreien? Du weißt, was sie von dir erwarten. Du mußt heute über dich selbst hinauswachsen. Eines Tages wirst du ein großer Kämpfer sein. Du hast die Fähigkeit, einer der besten Seelenkämpfer zu werden. Sie schlummert in dir. Du mußt sie wecken. Eines Tages wirst vielleicht du die Horde anführen. Ja, Valerian, nun ist es soweit. Heute darfst du dich endlich selbst vom Jüngling zum Krieger erheben.«
Er tat so, als wäre es das Allerhöchste, aber ich fand es verabscheuungswürdig.
Es ekelte mich an, wie sie alle schrien und tobten. Sie beneideten mich um das, was ich tun durfte .
Jeder hätte es gern für mich getan.
Ich bin kein Schlächter, will nie einer werden! dachte ich, während mir Cheetas fest in die Augen blickte. Seine Hand lag dabei auf meiner Schulter. Sie war tonnenschwer. Eine Bürde, die ich nicht tragen wollte. Am liebsten hätte ich die Hand abgeschüttelt. Ich zwang mich, es nicht zu tun, und ich hielt dem Blick des Seelenfängers stand.
Ich wußte, daß er mich insgeheim für einen Feigling hielt, aber das war ich nicht.
»Vom Jüngling zum Krieger!« wiederholte Cheetas. »Das ist dein großer Tag, Valerian. Wenn wir das nächste mal losziehen, brauchst du nicht mehr zurückzubleiben. Du wirst an meiner Seite reiten, und du wirst wunderbare Welten sehen und das großartige
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