0803 - Im Folter-Keller des Vampirs
gut sie konnte torkelte sie von der Statue weg, die in ihrem Rücken stand. Sie wollte es nicht tun, doch irgendetwas in ihr zwang sie dazu: Khira Stolt drehte sich herum… und stieß einen entsetzten Schrei aus!
Nun konnte sie das Bildnis in seiner ganzen Größe sehen. Mehr als doppelt so groß wie sie stand Aron Cassianus letztes und größtes Meisterwerk vor ihr.
Es war so realistisch, so perfekt gelungen. Der nachtschwarze Stein wirkte wie eine böse Prophezeiung auf sie ein.
Die Klauenfüße, der gedrungene, massig und plump wirkende Körper. Dann die Schwingen, die drohend ausgebreitet waren wie die Flügel einer Windmühle, bereit, den entscheidenden Schlag zu führen. Und schließlich der hässliche Kopf, der wie die schlimmste Sünde wider die Natur wirkte. Das riesige Maul war geöffnet und ließ den Blick auf die Zahnreihen zu, die wie zwei Zäune aus Lanzen waren. Die bösartig blinzelnden Augen des Monstrums waren so lebendig… und leuchteten plötzlich in tiefem Rot auf!
Er war da!
Rückwärts stolperte Khira weiter in den Raum hinein. Weg… weit weg von der Manifestation des Bösen - von Sarkana, dem Herrn über alle Vampire! Weg von ihrem Mörder.
Erneut füllten sich ihre Augen mit Tränen. Doch jetzt waren sie aus reinem Blut.
Irgendetwas lag mit einem Mal hinter ihr, Khira stolperte und fiel zu Boden. Ihre Tränen benetzten alles um sie herum, sprenkelten den Fäustel der sie zu Fall gebracht hatte und anderes Werkzeug des Bildhauers.
Wie konnte das alles sein? Diese Skulptur war Sarkana und wieder doch nicht. Er war hier, aber ihre Tränen verjagten den Vampirdämon nicht. Etwas war anders als bei ihren bisherigen Begegnungen.
Das Leuchten der Statuenaugen wurde heller und zog sich nun bereits bin zu ihrem Maul. Dann strahlte die ganze Statue für Sekunden auf und Khira wurde von einem Sog erfasst, der sie mühelos vom Boden hob. Panisch versuchte die Biologin sich irgendwo festzuklammern, doch es war vergeblich. Stück für Stück, Zentimeter um Zentimeter kam sie der Höllenkreatur näher.
Als sie in die Statue hinein gerissen wurde, war ihre letzte Wahrnehmung von ihrer Umgebung, dass dort alles Licht zu sterben schien.
Doch das spielte für die Kleinwüchsige keine Rolle mehr, denn sie hatte diese Welt einen Wimpernschlag später verlassen.
***
Merlins Stern spie Licht!
Zamorra versuchte erst überhaupt nicht, lenkend auf das Amulett einzuwirken, das an der Kette vor seiner Brust hing. Er wusste, dass es gegen diese lichttötende Welle nur diese eine Chance gab.
Der Kontrast der aufeinanderprallenden Extreme von Dunkelheit und Lichtflut erzeugte eine ausgeprägte Kampflinie. Für Momente schien es, als würde selbst Merlins Stern gegen die finstere Woge auf verlorenem Posten stehen, doch dann drängte das Licht Zentimeter für Zentimeter die Finsternis zurück.
Dort, wo sie aufeinander trafen, wölbten die Wellen sich in die Höhe und füllten den Raum bis zur Decke aus, wie zwei Wesen aus der Urzeit, die sich im Kampf um ihr Territorium trafen. Keine Seite wollte weichen, bis dann endlich deutlich wurde, dass das Licht die Überhand behalten musste.
»Bedeckt eure Augen, schnell!« Zamorras Warnung war überflüssig, denn van Zant und Nicole hatten längst erkannt, was nun folgen würde.
Eine mächtige Illumination aus reinweißem Licht tauchte das gesamte Treppenhaus in ein Meer von Helligkeit, die das menschliche Auge kaum unbeschadet überstanden hätte.
Dann war alles vorbei, ganz so, als wäre absolut nicht geschehen.
Jetzt reagierte Zamorra schneller als seine Gefährten. Mit langen Schritten stürmte er die Stufen hinauf und rammte mit der Schulter die Tür zu Aron Cassianus Domizil auf. Merlins Stern leuchtete erneut hell auf, doch das Amulett startete keine neue Attacke.
»Khira! Khira, bist du hier?« Artimus van Zant drängte an Zamorra vorbei und raste wie ein Irrwisch durch die Räume. Wieder einmal konnte sich Zamorra nur wundern, wie schnell und gewandt der Südstaatler sich trotz seiner Körperfülle bewegen konnte. Eine Antwort auf seine Rufe bekam er jedoch nicht.
Nicole bewegte sich zielstrebig durch den breiten Flur auf den hintersten der Räume zu. Der Instinkt aus unzähligen Kämpfen leitete sie. Auf der Schwelle der weit offen stehenden Tür blieb sie wie angewachsen stehen. Sekunden später kannte Zamorra den Grund für ihr Stoppen.
In ihrer unbeschreiblichen Hässlichkeit war die Statue sicherlich perfekt. Der Künstler hatte das Vorbild,
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