0803 - Im Folter-Keller des Vampirs
dass Aron direkt vor ihr stand. Wie eine Keule lag die Krücke in seiner Hand, und in seinem Gesicht existierte keine menschliche Regung. Es war Aron Cassianus Körper, doch alles, was ihn als Individuum ausgemacht hatte, war daraus verschwunden.
»Ich sagte doch, dass es für dich nur einen Weg gibt…« Die Krücke in Arons Hand beschrieb einen Halbbogen, als sie auf Khiras Kopf niedersauste.
Und sie traf mit absoluter Präzision.
***
New York. Wieder einmal führte ihr Weg sie in die Metropole, die nach wie vor eine Einmaligkeit auf dieser Erde darstellte.
Mit gemischten Gefühlen erinnerte sich Nicole Duval an das New York der Spiegelwelt, in das es sie mit Zamorra und Asmodis vor nicht allzu langer Zeit verschlagen hatte. Dass sie dort um ein Haar ihr Leben gelassen hätte, war eine Erinnerung, die zwar einschneidenden Charakter hatte, die andererseits ja schon beinahe zu ihrem normalen Leben gehörte.
Automatisch ging Nicoles Blick zum Himmel. Natürlich war der Mond jetzt nicht zu sehen, doch diese Stadt und der Erdtrabant würden wahrscheinlich immer eine enge Verknüpfung für die Französin haben.
Sie lächelte, als sie sah, dass auch Zamorras Blick zum Firmament ging. Das Wissen um ein Geheimnis, eine in allerletzter Sekunde gebannte Gefahr für beide Welten, die dort oben schlummerte, ließ sich nicht so einfach verdrängen. [2]
Doch nun ging es um ganz andere Dinge. Es ging um das Leben von Khira Stolt, denn Nicole war sicher, dass die Finnin in eine geschickt gestellte Falle lief… die unter Umständen schon zugeschnappt hatte.
Robert Tendykes Privatjet hatte van Zant, Zamorra und sie in die Metropole gebracht. Das war schneller gegangen, als erst von Tendyke Industries zu Roberts Anwesen in Florida zu fahren, um dort die Regenbogenblumen als Transportmittel zu nutzen.
Dr. van Zant stieß einen nicht besonders akademisch wertvollen Fluch aus. Mit enttäuschtem Gesichtsausdruck stopfte er sein Handy zurück in die Innentasche seiner Lederjacke.
Nicole musste nicht erst fragen, was ihn so wütend machte. Er hatte den sicher dreißigsten erfolglosen Versuch hinter sich, Khira über ihr Mobiltelefon zu erreichen. Die Kleinwüchsige hatte das Gerät zwar mitgenommen, doch es bisher ausgeschaltet gelassen.
Am kleinen Privatflugplatz außerhalb des hektischen Treibens der Weltstadt wartete bereits ein schneller Wagen auf die drei. Robert Tendyke hatte an alles gedacht und seine Kontakte spielen lassen.
Der Name des Mannes, auf den der Pager zugelassen war, hatte Nicole in Erstaunen versetzt. Aron Cassianus war der Star der internationalen Kunstszene. Wenn Khira ihn kannte - und das offensichtlich sehr gut -, warum hatte sie dann nie ein Wort über ihren berühmten Freund verloren? Andererseits passte das zu der kleinwüchsigen Biologin.
Ihr habt mich ja nie gefragt… wäre wohl ihre schnippisch-ironische Erklärung gewesen.
»Ein blinder Bildhauer also.« Zamorra ließ sich von dem Navigationssystem des Wagens durch Manhattan lotsen. Ungläubig schüttelte er den Kopf. »Wenn das eine Falle ist, dann hat Sarkana sie perfekt ausgeklügelt. Offensichtlich hat Khira in diesen Cassianus so großes Vertrauen, dass sie von seiner Seite absolut keine Gefahr erwartet. Hoffentlich irren wir uns und alles löst sich in Wohlgefallen auf.«
Der Klang seiner Stimme verriet, dass er nicht an solche Wunder glauben wollte.
Direkt neben der Toreinfahrt zu der Hausnummer, die sie suchten, gab es einen kleinen Besucherparkplatz. Wer sich leisten konnte, hier zu wohnen, der wollte es seinen Gästen natürlich so bequem wie nur möglich machen. Zamorra parkte den Wagen. Ob sie willkommene Besucher waren, würde sich allerdings erst noch zeigen.
Nicole pfiff durch die Zähne, als sie durch einen Torbogen hindurch den Innenhof der Nobelbehausungen erreichten. »Ich glaube, ich wäre jetzt auch gerne einmal reich…«
»Bist du doch.« Zamorra schob seine in unzähligen Kämpfen erprobte Gefährtin sanft weiter. »Reich an Feinden zumindest. Und an arg gequälten Kreditkarten, meine Liebste.«
Nicole sparte sich die Entgegnung, denn sie sah in van Zants Gesicht ein Feuer der Ungeduld brennen, das dringend gelöscht werden musste.
Gemeinsam enterten sie das Haus mit dem sonnengelben Fassadenanstrich, in dem der offensichtlich hoch dotierte Künstler sein Domizil hatte. Wenn sie richtig informiert waren, dann hatte er die gesamte obere Etage angemietet.
Der Südstaatler war jetzt nicht mehr zu halten. Mit weiten
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