0809 - Das Schlangenkreuz
Problemen gern. Damit war sie immer gut gefahren, und sie überlegte, dass die Furcht mit den Ereignissen zusammenhängen könnte, die noch auf sie zukommen würden. Pater Domingo hatte zwar nichts Konkretes gesagt, doch es lag etwas in der Luft, das man nicht erklären konnte.
Etwas kam.
Natürlich überlegte sie, und Marsha versuchte auch, es in Worte zu fassen. Sie schaffte es nicht. Es war einzig und allein das Böse, in das der Pater geraten war und das nun auch sie streifte. Das Böse, der Teufel, ein Herz, die besudelte Kirche, hier braute sich Schlimmes zusammen, und Domingo wusste in etwa Bescheid.
Aber auch sie.
Marsha setzte sich an den großen Küchentisch und schaute zum Fenster, dessen Umriss nicht mehr im Schein der Sonne lag. Die traf jetzt die Hauswand an einer anderen Stelle. Hinter dem Viereck sah sie einen kleinen Ausschnitt der Landschaft, wirklich nicht viel, mehr Licht als Schatten, und die Schatten wurden von den Bäumen auf den Boden gezeichnet, wo das Geäst als Vergrößerung liegen blieb.
Direkt am Stamm der Bäume war es schon dunkler geworden. Da reichte die Sonne nicht mehr hin. Mückenschwärme hatten mit ihren vorabendlichen Tänzen begonnen. Von den kleinen Kanälen und Flussläufen her hörte sie hin und wieder Stimmen oder Geräusche, ohne sie jedoch unterscheiden zu können.
Marsha Blanc hatte sich auf etwas konzentrieren wollen, was ihr leider entfallen war. Nun überlegte sie abermals, und plötzlich wusste sie wieder Bescheid.
Es war um das lauernde Böse gegangen, aber auch um den Pater, der darüber informiert war.
Sehr genau wusste er Bescheid, und er hatte sie so weit wie möglich eingeweiht.
Wenn er Bescheid wusste, waren dann auch seine Gegner informiert? Sie konnte es sich vorstellen, wobei nicht feststand, wer diese Gegner überhaupt waren. Eine schwammige Masse, die sich irgendwo im Hintergrund aufhielt, aberauch Gefahr verströmte, die den Peter wie einen Pesthauch erwischt hatte.
Sie wartete ab.
Minuten verstrichen, und Marsha saß noch immer am Küchentisch. Es war still in der Küche, abgesehen vom Summen der dicken Fliegen, die ihren Weg trotz des Fliegengitters am Fenster ins Innere des Hauses gefunden hatten.
Warten…
Worauf warten?
Marsha gehörte zu den Gefühlsmenschen, und sie hatte einfach das unbestimmte Gefühl, dass in der nächsten Zeit etwas passieren würde, das sie weiterbrachte. Die Welt drehte sich immer weiter, und auch der kleine Ausschnitt, den sie bewohnte, blieb nicht stehen.
Der Tag ging, die Nacht kam, und schon jetzt lauerte die Dunkelheit wie eine Wand aus Stahl. Nein, dies war kein normaler Tag gewesen, das wusste Marsha. Es hing nicht allein mit ihrem Pensionsgast, dem Pater, zusammen, es gab für sie noch einen anderen Grund. Sie hatte den Eindruck, als sollte sie von den übrigen Bewohnern gemieden werden, als wüssten diese, dass noch etwas Schreckliches passieren konnte.
Noch einmal von vorn.
Der Pater ahnte etwas. Er hatte ihr von seinen Ahnungen berichtet.
Wenn die andere Seite über den Pater Bescheid wusste, dann lag es durchaus im Bereich des Möglichen, dass sie auch über sie informiert worden war.
Demnach befand sie sich ebenfalls in Gefahr!
Das wiederum ließ ihr Herz schneller schlagen und sorgte für diese tiefe Furcht. Sie sah sich plötzlich als Gefangene ihrer eigenen kleinen Welt an, unddieser Ort, an dem sie sich so sicher gefühlt hatte, war zu einer Falle geworden.
Marsha wäre am liebsten in die Höhe gesprungen, doch sie blieb zunächst sitzen. An ihren Händen klebte jetzt der Schweiß wie dicker Leim, und sie spürte gleichzeitig, wie ein kalter Strom über ihren Rücken hinwegrieselte.
Ich bin hier nicht mehr sicher! , sagte sie sich. Es ist alles so verdammt anders geworden. Ich hänge hier fest. Mein eigenes Haus hat sich zu einer Falle entwickelt.
Als sie daran dachte, kam ihr zum ersten Mal der Gedanke an Flucht. Nicht einmal einen Koffer packen, sondern einfach so verschwinden. Kurz wegtauchen, sich in den nächsten Tagen nicht mehr blicken lassen und sich verstecken.
Aber wo sollte sie ein Versteck finden? Zudem stellte sie sich die Frage, ob es überhaupt möglich war, sich unbeobachtet aus dem Haus zu stehlen? Wenn die andere Seite sie wirklich im Visier hatte, war es durchaus möglich, dass sie auch das Haus unter Kontrolle hielt und nur darauf wartete, dass sie es verließ.
Bei denen musste sie mit allem rechnen.
Marsha Blanc stand auf. Sie schob sich einfach in die Höhe
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