081 - Der goldene Hades
auszuprobieren. Den ganzen Nachmittag arbeitete er so angestrengt, wie er es noch nie in seinem Leben getan hatte. Seine Arme und Beine schmerzten, als er um sieben Uhr in den Keller zurückkehrte und sich müde und vollkommen erschöpft aufs Bett legte.
Seine Hauptsorge war, daß er nicht einschlafen durfte. Trotzdem lag er bereits im Halbschlaf, als er ein Klopfen über seinem Kopf hörte - sofort wurde er hellwach. Er lauschte angestrengt. Es war das gleiche Geräusch wie am ersten Abend, als die beiden Männer auf Rosie warteten. Einen Augenblick zögerte er noch, dann zog er seine Schuhe aus, kletterte den Schacht hinauf, kroch durch die zertrümmerte Tür, legte sich auf den Boden und preßte das Ohr auf die Dielen.
Am Nachmittag hatte er gezögert, die Decke zum darunterliegenden Stockwerk zu zerstören, denn wenn der Putz von der Decke rieselte, während Leute sich unten im Zimmer aufhielten, dann würde er unweigerlich entdeckt werden.
Doch jetzt war seine Neugierde zu groß geworden. Er suchte in seinen Taschen und fand einen Bleistift. Vorsichtig entfernte er ein Brett, das er am Nachmittag schon freigelegt hatte, und bohrte mit der Bleistiftspitze ein Loch in die verhältnismäßig dünne Putzdecke, so daß er nach unten sehen konnte. Er entdeckte aber nichts als einen Teil des mit schwarzen und weißen Fliesen belegten Bodens. Nun vergrößerte er das Loch und gab sich alle Mühe, zu verhindern, daß der Putz nach unten fiel. Ab und zu hörte er auf zu arbeiten und lauschte, aber er konnte kein Geräusch vernehmen. Nach und nach erweiterte er das Loch in der Decke derartig, daß es so groß war wie seine Hand.
Dann hörte er plötzlich Schritte im unteren Stock und verhielt sich ganz ruhig. Jetzt konnte er alles deutlich erkennen. Da unten befand sich ein kleiner Saal. Die Decke wurde in der Längsrichtung durch zwei Reihen korinthischer Säulen gestützt. Vorn im Saal hing, in der ganzen Breite und Höhe, ein schwerer Samtvorhang. Davor stand auf einem Marmorunterbau eine kleine Statue, die mit einem weißen Seidentuch verdeckt war.
Während Frank noch alles genau betrachtete, wurde der dunkelblaue Samtvorhang an der einen Seite plötzlich zurückgeschlagen, und zwei Männer traten ein. Sie waren von Kopf bis Fuß in lange, braune Kutten gekleidet. Die Mönchskapuzen verbargen ihre Köpfe. Frank beobachtete die Erscheinungen erstaunt. Sie näherten sich dem Marmorunterbau mit allen Zeichen großer Verehrung, legten die Hände zusammen und neigten die Köpfe. Langsam gingen sie vorwärts, bis sie dicht vor dem Sockel standen. Der erste der beiden, der auch der größere war, ließ sich auf die Knie nieder, der zweite trat noch näher an den Marmorblock heran und zog das weißseidene Tuch von der Statue.
Frank Alwin erschrak nicht wenig, denn als das Tuch gelüftet wurde, zeigte sich eine goldene Plastik auf dem Altar. Er irrte sich nicht - es war der goldene Hades mit dem Dreizack in der Hand.
Gebannt verfolgte er die Bewegungen der beiden Männer, die vor dem Altar demütig ihre Verehrung darbrachten. Er strengte sich an, die merkwürdigen Worte zu verstehen, die gesprochen wurden. Die Stimme, die er vernahm, kannte er nicht, jedenfalls gehörte sie keinem der Männer, die ihn in den Keller gesperrt hatten. Die Stimme klang wohllautend und voll, und doch zitterte sie vor Erregung. Ja, der Mann schien von ekstatischer Begeisterung ergriffen zu sein.
»Hades, du großer Gott der Unterwelt, du Spender des Reichtums, höre deinen Diener! Du mächtiger Gott, durch dessen Einfluß und Segen der Mann, der sich hier vor dir erniedrigt und vor deinem Altar kniet, zu großem Reichtum gelangt ist, höre seine Bitte und sei ihm gnädig, denn er will seinen Reichtum mit den Armen teilen, auf daß dein Name immer mächtiger werde. O Pluto, gefürchteter Herr der Unterwelt, gib deinem Knecht ein Zeichen, daß du ihn erwählt hast!«
Der größere der beiden hob den Kopf und blickte auf die goldene Statue. Frank konnte von seinem Guckloch aus nur den Rücken des Mannes sehen. Das einzige Licht in diesem merkwürdigen Tempel kam von zwei elektrischen Leuchtern, die zu beiden Seiten des Altars standen. Außerdem mußten am Altar selbst für den Beschauer unsichtbare Lampen angebracht sein, die das Götzenbild erhellten, so daß es zu strahlen schien.
Einige Augenblicke herrschte tiefe Stille, dann hörte man eine Stimme, die aus weiter Ferne zu kommen schien und hohl und unnatürlich klang. Offenbar ertönte
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