081 - Schatten der Vergangenheit
wollten.«
»Hm… und warum versuchen sie uns umzubringen?«
»Woher soll ich das wissen…?«
Jed setzte sich auf und stieß mit dem Kopf gegen einen Vorsprung. Er schien es kaum zu bemerken. »Aber wir sollten das wissen« , sagte er mit plötzlichem Enthusiasmus. »Sie hassen uns so sehr, dass sie uns stundenlang durch die Nacht verfolgen, ohne Rast. Was haben wir ihnen getan, dass wir so viel Hartnäckigkeit verdienen? Haben wir versehentlich eine Kultstätte zerstört? Ich habe keine gesehen. Ist der ganze Berg eine Kultstätte? Unwahrscheinlich, das hätte sich bis zu den Rriba'low herumgesprochen.« Jed sah kurz zu Black hinüber.
»Niemand hasst ohne Grund. Wenn wir den unserer Angreifer herausfinden wollen, müssen wir sie fragen.«
»Und wenn sie einfach nur gemeingefährliche Irre sind?« , warf Dave McKenzie ein. »Hier draußen ist alles möglich, Jed. Du bist nicht mehr im Bunker.«
»Ich bin schon seit langer Zeit nicht mehr im Bunker.« Er stand auf und ging geduckt auf den Eingang zu. Mr. Black trat ohne ein Wort zur Seite.
Dave folgte mit gezogenem Driller.
»Nur damit es keine Zweifel über meine Meinung gibt« , sagte er. »Ich halte das für keine gute Idee.«
Jed spielte nervös mit den Knöpfen seiner Uniformjacke. »Es ist… äh … zumindest…. na ja, einen Versuch wert.« Die Ruhe, die er eben noch ausgestrahlt hatte, war dahin. Er stand im Eingang der Höhle, als könne er sich nicht entscheiden, den Schritt ins Tageslicht zu tun. Die Geröllhalde, die der letzte Angriff hinterlassen hatte, gab keinen Grund zu Optimismus.
Doch dann machte er den Schritt und ließ die Höhle hinter sich. Mit ausgebreiteten Armen blieb er zwischen den Steinen stehen, drehte sich langsam um die eigene Achse und begann zu reden.
Er sieht aus, als wolle er die Götter beschwören , dachte Dave, während die gutturalen Laute ihr Echo in den Felsen fanden. Es war die Sprache der Rriba'low, so viel erkannte er, auch wenn er nicht wusste, was Jed sagte.
Die letzten Worte verhallten. Schweigen legte sich über die Landschaft. Nur weit entfernt zwitscherten Vögel, als wäre es ein ganz normaler Morgen.
Jed wechselte in ein anderes Idiom, das Dave nicht kannte, dann in ein weiteres, das beinahe wie Russisch klang.
Fünf oder sechs Sprachen folgten, doch die Antwort aus den Felsen blieb jedes Mal aus.
»Kommt schon!« , rief er schließlich auf Englisch. »Ihr müsst doch irgendwas davon verstehen!«
»Vielleicht wollen sie nicht antworten« , sagte Black leise.
Dave neigte den Kopf. »Oder sie sind längst abgezogen.«
Draußen ließ Jed die Arme sinken und sah zum Höhleneingang zurück.
»Ich glaube, sie sind weg. Wir sollten…«
Tack- Tack. Tack- Tack.
»Zurück!« Daves gebrüllte Warnung mischte sich in Jeds überraschten Schrei. Der Linguist warf sich mit einem Sprung der Höhle entgegen. Lavafelsen zerplatzten neben ihm, dann schlug er auch schon schwer zu Boden.
Dave griff nach seiner Uniform und zog ihn tiefer in die Höhle hinein. Black schoss einige Male auf die Felsen und wich ebenfalls zurück.
Das Hämmern der Steine schien nicht enden zu wollen. Eine Ewigkeit lang prallten die Geschosse gegen den Höhleneingang, als hofften die Angreifer den Berg selbst zum Einsturz zu bringen.
Irgendwann kehrte die Stille zurück.
Jed zog Steinsplitter aus seiner Jacke und räusperte sich. »Gut, damit wäre meine Theorie widerlegt. Was jetzt?«
Dave grinste und kämpfte vergeblich gegen den plötzlichen Drang zu lachen.
Es platzte aus ihm heraus, zuerst unterdrückt, dann, als Jed mit einfiel, laut und befreit. Die Angst, die Schmerzen, die Erschöpfung, alles fiel von ihm ab, war vergessen für diesen einen Moment, in dem er über die Absurdität der Situation lachen konnte.
»Was wir jetzt machen?« Er war atemlos und seine Bauchmuskeln stachen.
»Ich habe keine Ahnung.«
***
Es herrschte bedrückendes Schweigen ringsum, als Matt und Rulfan das Grab vor dem weißen Monolith mit Steinen bedeckten - sanft und vorsichtig, als würde jede raue Bewegung den Schlaf der Ewigkeit stören. Aruula hatte sich ein Stück entfernt, um Gebete zu sprechen für die Seele des Kindes. Aber trotz aufrichtiger Bemühungen blieben ihre Gedanken nicht nur bei Ellik.
Was wird aus meinem Kind ?, dachte sie. Werden wir es auch begraben müssen?
Wird es überhaupt je geboren?
Traurig hob sie die blühenden Ranken an, die sie für Ellik gepflückt hatte, und ihre Hände zitterten dabei. Was mit dem Kind
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