0812 - Der Howalgonier
erhob er sich hastig und ging einige Schritte zur Seite.
Er überlegte angestrengt. Bisher hatte er sich noch nicht mit der Frage beschäftigt, wie er sich unbemerkt vom Hauptgebäude des Laren-Stützpunkts entfernen konnte. Jetzt erst wurde ihm bewußt, daß er nicht einfach durch die Gegend laufen konnte, da die Laren ihn dann durch die Fenster des Gebäudes beobachten konnten.
Er blickte zu den tief hängenden roten Wolken hinauf. Es war noch hell, und die Tage auf diesem Planeten waren ungewöhnlich lang. Splink wußte nicht, wie lange es noch hell bleiben würde, aber er war sich darüber klar, daß er nicht an dieser Stelle bleiben konnte, sondern seine Flucht fortsetzen mußte.
Goorn II: Jaan Wegenrat versteckte sich hinter einem Baum, als er die beiden Raubvögel bemerkte, die plötzlich aus den Wolken herabkamen. Sie strichen nur wenige Meter über ihn hinweg.
Er blickte ihnen nach.
Hatten sie ihn bemerkt? Dann mußte er damit rechnen, daß sie zurückkehrten und ihn angriffen. Er zog den Kombistrahler unter seiner Jacke hervor und wartete. Er wollte nicht schießen. Die Laren hatten den Besitz von Waffen verboten. Wegenrat erinnerte sich an einen Freund, der seinen Kombistrahler nicht abgeliefert hatte.
Die Laren hatten ihn gefaßt, nachdem er den Paralyseteil einmal ausgelöst hatte. Wegenrat schloß daraus, daß es vollautomatische Ortungsanlagen gab, die sofort einen Alarm auslösten, wenn irgendwo in der Nähe des Stützpunks eine Waffe abgefeuert wurde.
Auf diese Weise aber wollte der Ingenieur nicht Kontakt mit den Laren aufnehmen.
Er hoffte, daß die Raubvögel ihn nicht angreifen würden. Doch er wurde enttäuscht. Eines der beiden Tiere hatte ihn im Deckungsschutz der Bäume umkreist und stieß plötzlich auf ihn herab. Wegenrat riß den Kombistrahler hoch, den er in seinem Haus versteckt gehabt hatte.
In diesem Moment flog sirrend etwas an ihm vorbei. Der Ingenieur sah, daß ein Pfeil den Vogel durchbohrte. Kreischend stürzte das Tier ins Gras, wo es noch einige Male wild mit den Flügeln schlug und dann verendete.
Wegenrat drehte sich langsam um. Eine schlanke Gestalt kam unter den Bäumen hervor.
„Daya", sagte er. „Du bist mir gefolgt?"
„Es war wohl notwendig", erwiderte sie und wies auf den toten Raubvogel. Das Tier war zwar klein, aber diese Vogelart hatte Giftdrüsen unter den Krallen. Die Kleinste Verletzung hatte tödliche Folgen.
Wegenrats Tochter hängte sich den Bogen über die Schulter. Sie musterte ihren Vater.
„Du hast einen Kombistrahler? Woher?"
„Das geht dich nichts an."
„Wie du meinst", entgegnete sie gleichmütig. Wegenrat wurde unruhig. Er wartete darauf, daß Daya nach Howalara zurückkehren würde, aber sie blieb vor ihm stehen.
„Was willst du?" fragte er endlich.
„Ich gehe mit dir." Sie deutete zum Stützpunkt der Laren hinüber. „Ich glaube, ich verstehe dich jetzt. Und ich bin dir ähnlich. Deshalb halte ich es hier auch nicht mehr aus.
Ich will weg. Ebenso wie du. Ich gehe mit dir."
„Das kommt überhaupt nicht in Frage", sagte er abweisend. „Du bleibst hier. Du bist jung und kannst warten. Vielleicht dauert es nur noch ein paar Jahre, dann sind die Laren aus der Milchstraße verschwunden. Rhodan kehrt mit der Erde zurück, und alles ist wieder so wie früher."
„Das glaubst du doch selber nicht. Dein Rhodan, wer auch immer er sein mag, wird nie wiederkommen. Nie, verstehst du?-"
„Vielleicht", sagte er ruhig. „Vielleicht auch nicht. Das spielt keine Rolle. Dennoch nehme ich dich nicht mit."
Er drehte sich um und ging auf den Stützpunkt zu, der noch etwa anderthalb Kilometer von ihm entfernt war. Daya folgte ihm, bis er nach einigen Schritten stehenblieb.
„Wenn du nicht vernünftig bist, werde ich dich paralysieren", erklärte er drohend.
Sie blickte ihn forschend an.
„Was willst du den Laren bieten?" fragte sie. „Du weißt doch genau, daß sie dich 'rauswerfen, wenn du mit leeren Händen kommst. Also, was ist es?"
Jaan Wegenrat griff zum Kombistrahler und richtete ihn auf seine Tochter.
„Nimm den Energiestrahler", bat sie, während ihr Tränen in die Augen stiegen. „Erschieß mich. Das geht schneller."
„Wieso?" fragte er verwirrt. Dann biß er sich auf die Lippen.
Ihm fiel ein, daß er sie nicht schutzlos in dieser Wildnis liegenlassen durfte. Raubinsekten würden über sie herfallen, bevor sie die Paralyse überwunden hatte. Sie würden sie töten. Der Tod war grausam und qualvoll, da er erst nach
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