0819 - Der Tod des Heiligen
Grabmals stehen. »Das ist eigentlich gleich, ob ich hier im Innern bleibe oder mit dir in die Vergangenheit springe, falls dem dann so ist und du wirklich in einer anderen Zeit landest. Du wirst dort ebenso wenig auf Freunde treffen wie hier am Grabmal. Aber hier bist du in unserer Zeit. Was dich dort erwartet, weißt du nicht. Außerdem stehst du nicht unter dem Schutz der Pyramide, denn damit ist der Heilige doch gekommen. Sie hat ihn hochgetragen und nicht die Kraft dieser anderen Welt. Du bist schutzlos, John, du stehst im Regen ohne einen Schirm.«
»Getroffen. Großes Bingo. Das ist auch das Problem, über das ich nachdenke.«
»Dann laß es lieber bleiben, wenn du vernünftig bist.«
Der Reporter kriegte von mir keine Antwort. Mit seinen Warnungen hatte er völlig recht, das Risiko war gewaltig. Um aber einen Erfolg zu erreichen, mußte ich es eingehen, und ich vertraute auch darauf, daß ich, sollte mich denn der Weg in die Tiefe des Kontinents Atlantis führen, dort auch meine Verbündete hatte.
Zumindest eine Person. Kara, die Schöne aus dem Totenreich.
Aber das war die reine Spekulation. Ich hatte inzwischen mein Kreuz vor die Brust gehängt. Eine Reaktion erlebte ich nicht, und so konnte ich mich auf die Tiefe konzentrieren, die direkt vor mir lag.
Ich mußte hinunter. Es lockte mich. Ich hatte das Gefühl, leise Stimmen zu hören, ohne allerdings verstehen zu können, was sie mir mitteilen wollten. Nur in meinen Ohren hörte ich das dumpfe Brausen, das gefährliche Locken einer anderen Zeit.
»Du willst springen, nicht?«
»Ja.«
»Laß es uns auf dem normalen Weg versuchen. Das Glas muß doch zu zerschießen sein.«
Ich schaute Bill an. »Mit einer Kugel aus der Beretta?«
»Nein, so nicht.«
»Sondern?«
Mein Freund stöhnte auf und schob dabei sein Jackett zur Seite. Er ließ mich auch nicht aus dem Blick, als er seine Arme so bewegte, daß die Hände etwas hervorholen konnten, das sich an seinem Rücken befand. Es war eine Waffe, eine besondere Pistole, die Bill nur dann einsetzte, wenn die Gefahr sich verdichtete und es keine andere Möglichkeit gab. Ich schaute auf die goldene Pistole in seiner Hand, die so harmlos aussah, aber mit einer Flüssigkeit gefüllt war, die alles zerstörte, was sich ihr in den Weg stellte. Ein Tropfen schon reichte aus, um die Killerblase zu bilden, die sich um den Körper des Opfers legte und ihn auflöste. Der Inhalt stammte vom Planet der Magier, und Bill setzte die Pistole wirklich nur in Notfällen ein.
»Nimm sie mit, John«, sagte er mit bedrückend klingender Stimme.
Ich zögerte noch. »Das kann ich nicht annehmen. Was ist, wenn ich nicht zurückkehre?«
Bill hob die Schultern. »Dann ist sowieso alles egal, alter Junge. Auch für mich. Wer der Schlange den Kopf abschlägt, kann mit ihrem Körper nichts mehr anfangen.«
»O danke, daß du mich mit einer Schlange vergleichst.«
»Nur mit dem Kopf«, erwiderte er grinsend.
Mein Zögern war nicht gespielt. Ich wußte selbst, welche Überwindung es Bill kostete, die Waffe aus der Hand zu geben. Damit würde er sich seiner ultimativen Chance berauben, sein Leben zu verteidigen, denn er mußte damit rechnen, daß der Heilige zurückkehrte und ihn, den Feind, tötete.
Deshalb schüttelte ich den Kopf. »Nein, Bill, ich werde die Waffe nicht mitnehmen.«
»Warum nicht, verdammt?«
»Sie ist für dich.«
»Ich brauche sie…«
»Und ob du sie brauchst.« Ich ließ ihn nicht mehr zu Wort kommen und erklärte ihm meinen Gedankengang.
Bill nickte. »Gut, wenn du es so siehst, hast du recht. Aber das ist spekulativ.«
»Deine Angst um mich auch.«
Er verdrehte die Augen. Ich wollte auch nicht mehr länger diskutieren, drehte mich und stand wieder mit der Frontseite vor dem viereckigen Tunneleingang.
Noch einmal starrte ich hinein.
Tief war er, sehr tief. Auch dunkel, aber nicht pechschwarz, zumindest weiter unten nicht. Ich hatte das Gefühl, als würde sich dort etwas tun, als läge dort eine andere Welt hinter dem Schleier, die nur darauf wartete, daß ich zu ihr kam.
»John, ich…«
Da ging ich den ersten Schritt.
Mit dem rechten Fuß bewegte ich mich nach vorn – und trat hinein ins Leere.
Ich fiel nach vorn!
Himmel, war das ein Gefühl, plötzlich zu fallen. So ähnlich muß es den Fallschirmspringern ergehen, nur bremste kein Fallschirm meinen Fall. Ich raste hinein in das Dunkel, und ich hatte Mühe, meine schreckliche Angst zu kontrollieren und nicht laut loszuschreien.
Ja, zum
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