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0819 - Der Tod des Heiligen

0819 - Der Tod des Heiligen

Titel: 0819 - Der Tod des Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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unsicheren Schritten verließ er den Rand der Luke und ging dabei, ohne es zu wollen, auf die Tür zu.
    Der Weg führte ihn einfach dorthin, und er sah dicht hinter der Tür den bärtigen Hartwig stehen.
    Er wartete auf Bill.
    Der Mann lächelte. Er fühlte sich wie ein König, wo sein großes Vorbild erwacht war und allen klargemacht hatte, daß noch mit ihm zu rechnen war.
    Auch Bill kam nicht mehr weiter. Die geschlossene Tür versperrte ihm den Weg, aber Hartwig lächelte noch stärker, als er seine Arme ausstreckte und die beiden Flügel umfasste.
    Dann zog er die Tür auf.
    Unwillkürlich trat Bill einen Schritt zurück, denn damit hatte er nicht gerechnet. Er spürte die kühle Tagesluft, die ihn umwehte. Der frühe Herbst brachte den Geruch von reifem Gras und den ersten fauligen Blättern mit. Wolken zogen über den Himmel als dicke, graue Gebilde, die völlig normale Welt tat sich vor ihm auf, und der Reporter mußte sich eingestehen, daß er etwas benommen war.
    »Du bist noch immer da, Freund!« begrüßte Hartwig ihn. »Man hat dich leben lassen.«
    »Warum auch nicht?«
    »Du hast es seiner Gnade zu verdanken.«
    »Der Heilige interessiert mich nicht. Ich weiß inzwischen, daß er nicht tot ist.«
    »So…?« dehnte Hartwig.
    »Ja, ich habe ihn gesehen. Er flog in seiner Pyramide weg. Ein eindrucksvolles Schauspiel.«
    »Das stimmt. Und er wird auch wieder zurückkehren, um uns, seinen Dienern, zu berichten, wie wir die Zeiten überwinden können. Wie wir zu Menschen werden, die nicht mehr unter Gebrechen zu leiden haben, sondern die neue Generation bilden können.«
    »Wer ist er?« fragte Bill.
    Der Bärtige breitete die Arme aus. »Einer, der kam, sah, wieder ging und zurückkehrte.«
    Der Reporter schüttelte den Kopf. »Mit dieser Philosophie kann ich nicht viel anfangen. Kannst du dich nicht genauer ausdrücken, Mann?«
    »Er hat die Quellen des Lebens gesucht und sie auch gefunden. Der Heilige ist ein Ausgewählter. Er hat die Kraft der Quellen nutzen können und das Wissen der alten Zeit für sich behalten, indem er in die Zeit zurückkehrte.«
    »Dann ist er nicht gestorben, euer Heiliger?«
    »Ja und nein«, erwiderte Hartwig.
    Bill schüttelte den Kopf. »Es tut mir schrecklich leid, aber das verstehe ich nicht. Wieso ist er gestorben und dann doch wieder nicht? Was soll das?«
    »Er ist nicht im menschlichen Sinne gestorben. Er ist nur von uns gegangen.«
    »Aha.«
    »Er ist zurückgekehrt. Er hat gewußt, daß es Zeit für ihn war, das Erbe anzutreten. Er fand die Quellen des Lebens, er hat in ihnen gebadet und ist gestärkt zurückgekehrt. Mehr kann ich dir nicht sagen. Aber du wirst sehen, daß er seine Gunst auch an uns verteilt. Er hat uns gerufen, und wir wußten, daß wir etwas Besonderes erleben würden. Wir glaubten nicht, daß er endgültig tot ist, und wir haben richtig getippt. Seine Vorhersagen sind eingetroffen.«
    »Nicht alle haben es geglaubt. Es hat leider genügend Selbstmorde gegeben.«
    »Zweifler sind immer vorhanden.«
    »Und Mörder!«
    »Was meinst du damit?«
    »Ich habe den Toten gesehen, der von euch aufgehängt wurde. Ihr habt nicht nur den Vogel umgebracht, sondern, was viel mehr wiegt, auch einen Menschen.«
    »Es mußte sein.«
    »Warum?«
    Hartwig lächelte. »Er wollte sich uns in den Weg stellen. Er wollte Hilfe holen, die Polizei informieren, sogar das Militär. Er konnte nicht vertragen, daß wir die kleine Stadt besetzt hielten. Dabei ist das nun gelaufen. Wir werden hier auf dem Hügel auf ihn warten, und der Heilige wird zurückkehren, um seine neuen Kräfte zu verteilen. Er wird sie uns mitgeben. Jeder wird etwas davon bekommen, und wir werden allesamt glücklich und zufrieden sein.«
    Bill ließ sich durch die weich gewordene Stimme des Mannes nicht täuschen. Und ebenfalls nicht durch die glücklichen Gesichter der anderen. Für diese Fanatiker zählte nur eines. Wer nicht für sie war, der war gegen sie.
    Der Reporter kannte sich damit aus. Zu viele Satanszirkel hatte er schon erlebt. Menschen ließen sich immer wieder in die Irre leiten, ob durch Versprechungen oder durch Befehle. Es fanden sich genügend, die einem Guru, was immer er auch predigen würde, nachliefen. Bill konnte sich zudem nicht vorstellen, daß der Heilige etwas von seinen neuen Kräften abgab. Diese Anführer waren egoistisch wie Diktatoren, sie teilten nicht, denn sie behielten die Macht und das Wissen zumeist für sich. Aber das würde Bill einem Menschen wie Hartwig nicht

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