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082 - Niemand hört dich schreien

082 - Niemand hört dich schreien

Titel: 082 - Niemand hört dich schreien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F.Morland
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Gefahr?« fragte ein feister, schwitzender Mann. Er sprach das aus, was sich einige ängstlich dachten.
    »Aber wo denken Sie denn hin«, antwortete Paul Irving. »Glauben Sie, ich würde diese Führungen machen, wenn es tatsächlich gefährlich wäre? Gänsehaut und kalte Schauer wurden Ihnen bei Betreten dieses Schlosses versprochen, mehr nicht. Niemand geht weiter! Alle warten auf meine Rückkehr! Ich hoffe, ich kann mich auf Sie verlassen!«
    Ein Mädchen und ein Mann hatten geschrien - und nun herrschte eine bedrückende Stille. Irving befürchtete Schlimmes, aber er gab sich den Besuchern gegenüber optimistisch, als wäre nach wie vor alles im Lot, als hätte er die Situation völlig unter Kontrolle.
    Aber so war es nicht.
    Er hatte Angst. Das Mädchen und der Mann hatten nicht grundlos geschrien. Den beiden mußte etwas Grauenvolles zugestoßen sein. Immer hartnäckiger redete sich Irving das ein.
    »Bin gleich wieder bei Ihnen«, sagte er und lächelte ermutigend.
    Er verließ den großen Raum, in den er die, Besucher geführt hatte, gelangte in einen schmalen Gang, den er entlanglief. Dann kamen einige wenige Stufen. Er eilte sie hinauf und wischte sich mit einem weißen Taschentuch die Schweißperlen von der Stirn.
    Ein dünnes, verzweifeltes Schluchzen drang an sein Ohr. Er blieb nervös stehen, vernahm schleppende Schritte und ein schleifendes Geräusch.
    Vier Meter von ihm entfernt knickte der Gang nach links. Jemand näherte sich der Ecke.
    Und da tauchte ein Mädchen auf. Verstört, verrückt vor Angst und Entsetzen, totenbleich, mit irrlichterndem Blick. Sie konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Kraftlos lehnte sie an der Wand, rutschte mit der Schulter daran entlang und auf Irving zu, ohne ihn zu sehen.
    Dicke Tränen rollten über ihre zuckenden Wangen. Sie war geistig völlig weggetreten und hatte… Blut an ihren Händen!
    ***
    Dem Schloßverwalter schnürte es die Kehle zu, und seine Augen weiteten sich. »Miss, was ist geschehen? Sind Sie? Sind Sie verletzt?« Sein Blick wieselte an ihr auf und ab. Er konnte keine Verletzung sehen. Folglich mußte dem Mann, der gleichfalls geschrien hatte, etwas zugestoßen sein.
    Lilly Kovacs löste sich von der Wand und wankte auf Irving zu. Sie schien ihn endlich durch den dichten Tränenschleier wahrgenommen zu haben.
    »Hilfe!« schluchzte sie verstört. »Helfen… Sie… mir!« Sie hob ihre blutigen Hände, griff nach Irving, doch der wollte sich seinen schwarzen Anzug nicht verschmutzen lassen, deshalb trat er schnell einen Schritt zur Seite und griff nach den Handgelenken des Mädchens.
    Er wollte endlich wissen, was passiert war. Sie war jedoch so durcheinander, daß sie keinen zusammenhängenden Satz herausbrachte. Was sie sagte, klang völlig wirr und ergab keinen Sinn.
    »Wie ist Ihr Name?« fragte Irving nervös. Er hatte nicht viel Zeit. Er konnte die anderen Besucher nicht so lange allein lassen.
    »Lilly Kovacs«, druckste das Mädchen heraus.
    »Und wie heißt Ihr… Freund?«
    »Nick. Nick Carpenter. Er ist…«
    »Was ist mit ihm?« fragte Irving ungeduldig.
    »Er liegt auf dem Boden und rührt sich nicht… Blut… Soviel Blut… Ich glaube, Nick ist… tot.«
    »Zeigen Sie mir, wo er liegt!« verlangte Irving.
    Das Mädchen schüttelte entsetzt den Kopf. »Nein, ich… Ich gehe da nicht mehr hin!«
    »Sie müssen, Miss Kovacs. Bitte nehmen Sie sich zusammen. Ich kann Sie hier nicht allein lassen.«
    Er zerrte sie mit sich. Obwohl sie nicht wollte, folgte sie ihm, denn sie hatte nicht die Kraft, sich von ihm loszureißen. Er ahnte, wo das Unglück passiert war, und seine Kopfhaut spannte sich schmerzhaft.
    Als sie den Raum erreichten, in dem sich die zugemauerte Tür befand, sträubte sich Lilly mit Erfolg. Keinen Schritt ging sie weiter, und sie starrte den Verwalter in höchster Panik an.
    »Ich kann da nicht hineingehen! Sie dürfen das nicht von mir verlangen!«
    »Na schön, bleiben Sie hier«, sagte Irving. »Aber gehen Sie auf gar keinen Fall weg.«
    Lilly Kovacs fiel gegen die Wand und zitterte wie Espenlaub. Irving raffte sich dazu auf, den unheimlichsten Raum des Schlosses zu betreten.
    Seine Nervenstränge waren jetzt bis zum Zerreißen angespannt, und er machte sich auf eine entsetzliche Entdeckung gefaßt. Hatte es einen Sinn, zu hoffen, daß das Mädchen sich irrte? Vielleicht war Carpenter nur verletzt.
    Es fiel Irving nicht leicht, das unheimliche Gewölbe zu betreten. Seine Schweißdrüsen arbeiteten auf Hochtouren,

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