0820 - Horror-Baby
Ausgang.
Jake Hamilton ließ ihn laufen. Er rutschte von der Haube und hob seinen Koffer an. Sein Gesicht bewegte sich dabei. Die Falten darin verschwanden, und es sah aus, als hätte jemand an einer Gummimaske gezerrt.
Als der Architekt die Wagenschlüssel in seiner rechten Hand hielt, war sein Gesicht wieder normal geworden. Nur die kalten, gelblichen und auch böse blickenden Augen zeugten davon, dass er vor Sekunden noch ein anderer gewesen war.
Er schloss die Wagentür auf. Dieser Räuber hatte seine zweite Gestalt gesehen, doch in diesem Fall war ihm die Enttarnung egal.
Ein Typ wie der Räuber würde sie schon nicht in die Welt hinausposaunen, weil ihm keiner glaubte und er sich damit lächerlich machte.
Jake Hamilton stieg ein und startete den Motor. Wenig später rollte er die Rampe hoch. Von nun an würde er sich um das andere Problem kümmern.
Und das war nicht eben klein…
***
Suko und ich saßen an den Schreibtischen in unserem gemeinsamen Büro. Mein Freund hatte mir von seinem Erlebnis mit dem Kinderwagen berichtet und auch gesehen, dass ich dabei ziemlich blass geworden war. Er hatte nachgefragt und von mir die entsprechenden Erklärungen bekommen.
Nun schwiegen wir beide.
Ich hob die Schultern. »Da hat uns der Zufall gemeinsam zusammengeführt. Es steckt mehr dahinter, als ich bisher annahm. Wenn ich ehrlich sein soll, habe ich das bisher nicht geglaubt.«
»Ist auch schwer.«
»Und wo sollen wir anfangen?« Ich klang wohl ziemlich ratlos.
»Ich habe keine Idee.«
»Bei den Zeugen.«
Ich machte eine abweisende Handbewegung. »Du bist ebenfalls ein Zeuge. Vielleicht sogar der beste, den man sich denken kann, nur kannst du uns auch nicht weiterhelfen.«
»Das Ding ist auf seinen vier Rädern einfach verschwunden, als hätte es sich in Luft aufgelöst«, murmelte Suko, dann schaute er mich wieder an. »Wie wäre es mit einer Fahndung?«
Ich unterdrückte nur mühsam ein Lachen. »Fahndung? Nach einem Kinderwagen?«
»Ja.«
»Die Kollegen halten uns für verrückt. Aber lassen wir mal den Wagen, wichtiger ist das, was sich darin befindet.« Ich beugte mich Suko entgegen. »Was hast du gesehen, Alter?«
»Willst du das wirklich wissen?«
»Immer.«
»Wenn ich darüber nachdenke, dann war es ein Monstrum, das sichdarin versteckt hält und sehr klein sein muss.«
»Ein Kind.«
Er hob die Schultern. »Wenn du Recht hast, dann höchstens ein Baby.«
»Ein Horror-Baby!« präzisierte ich.
»Ich wünsche es mir nicht, John, dass es so etwas gibt.« Ihm lief ein Schauer über den Rücken. »Die Vorstellung, dass in diesem Wagen ein killendes Baby stecken soll, gefällt mir ganz und gar nicht. Außerdem – woher kommt es? Wer zeugt oder produziert dann derartige Monster?«
»Das weiß ich nicht. Aber dazu fällt mir natürlich ein bestimmter Begriff ein.«
»Welcher?«
»Das Kind des Teufels.«
Sukos Gesicht verschloss sich, als hätte jemand ein Rollo davor gezogen. »Verdammt«, sagte er dann leise, »du könntest Recht haben, aber wenn ich daran denke, wird mir ganz anders.«
»Kann ich mir denken.«
»Wer wäre dann die Mutter, wenn wir davon ausgehen, dass der Teufel ein Kind gezeugt hat?«
»Eine Hexe vielleicht?«
Suko schaute mich an. »John, das ist finsterstes Mittelalter, denn wie oft hat man davon gelesen oder auch Zeichnungen gesehen, auf denen der Teufel sich mit den Hexen einlässt und sie schwängert.«
»Eine andere Theorie?«
»Im Moment nicht.«
»Bleibt einzig und allein die Tatsache, dass sich in dem verdammten Kinderwagen ein Wesen, ein Teufelskind, ein Horror-Baby oder was auchimmer gewesen ist. Stimmst du mir dahingehend zu, Herr Inspektor?«
»Ja, Herr Geisterjäger, und dieses Etwas muss auch über die Kraft verfügen, den Wagen in Bewegung zu setzen. Ich habe jedenfalls niemanden gesehen, der ihn geschoben hat.«
»Magische Kräfte.«
»Richtig.«
»Wobei wir wieder beim Thema wären.«
»Lassen wir das mal beiseite, John, denn mir ist da noch etwas eingefallen.«
»Ich höre.«
Suko senkte die Stimme. »Gehen wir mal davon aus, dass dieses Kind Eltern hat. Gehen wir weiter davon aus, dass diese Eltern möglicherweise nicht wollen, dass ihr Geheimnis an die Öffentlichkeit dringt. Dann kann ich mir vorstellen, dass diese Eltern, wer immer sie auch sein mögen, ihr Kind vermissen. Die müssen doch verrückt werden, dass ihr Kind nicht mehr bei ihnen ist. Da müssen sie durchdrehen und alles versuchen, um das Kind und auch den Wagen zu
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